Stirb, mein Prinz
Ende.
»Glass hat mich vorhin in die Mangel genommen«, sagte er.
»Wie reizend. Was wollte er?«
»Unter anderem bin ich ihm nicht gut genug angezogen. Ich soll mich mehr wie ein Detective kleiden.«
»Wie schrecklich.«
»Das habe ich auch gedacht. Deswegen wühle ich mich jetzt gerade durch meinen Kleiderschrank. Vielleicht finde ich ja was, das …« Erneut verstummte er.
»Phil? Bist du noch dran? Phil?«
»Ah ja«, sagte er. »Ja, das ist perfekt.«
»Was denn?«
Er lachte kurz auf. »Glass sollte aufpassen, was er sich wünscht. Es könnte in Erfüllung gehen. Oder zumindest meine Version davon.«
Marina schmunzelte. Das klang schon eher nach dem alten Phil.
»Ich bin sehr gespannt.«
Wieder Schweigen. Dann, nach einer langen Pause: »Ich glaube, ich …« Seine Stimme wurde mit jedem Wort kläglicher. »Ich … drehe durch …«
Marina spürte, wie ihr das Herz brach. »Ach, Phil …«
»Es ist nur … ich … ich werde langsam wahnsinnig …«
Sie wollte etwas sagen, aber er ließ sie nicht zu Wort kommen. »Ich fahre jetzt ins Krankenhaus, um nach dem Jungen zu sehen und mit Anni zu sprechen. Hauptsache, ich kann Glass aus dem Weg gehen. Ich … Wir sehen uns später.«
Er legte auf.
Marina steckte ihr Handy zurück in die Tasche und stand wie versteinert. Im Einsatzraum herrschte nach wie vor rege Betriebsamkeit, aber sie selbst vermochte sich nicht zu rühren. War starr wie eine Statue.
Dann riss sie sich zusammen. Nein. Sie konnte nicht länger tatenlos zusehen.
Sie musste Don finden, mit ihm sprechen. Vielleicht konnte er ihr helfen. Ihr erklären, was mit Phil los war.
Sie trat aus dem Einsatzraum auf den Flur hinaus.
Und machte sich auf die Suche.
58 Rose Martin war die Straße dreimal rauf und runter gefahren. Nicht etwa, weil sie jemanden observierte. Sondern aus dem ganz banalen Grund, dass es nirgendwo einen freien Parkplatz gab. Und jetzt, als sie endlich einen gefunden hatte – am anderen Ende der Straße, fast um die nächste Ecke und daher völlig nutzlos, falls sie tatsächlich jemanden hätte observieren wollen –, jetzt war sie wütend.
Unheimlich wütend.
Bevor sie hergekommen war, hatte sie ein paar Sachen überprüft. Das eine oder andere über Faith Luscombe ausgegraben. Sie war in die Stadt gefahren, zur Zentralstelle für die Videoüberwachung, und hatte darum gebeten, sich das Material der vorgestrigen Nacht aus New Town ansehen zu dürfen. Insbesondere die Ecke, von der aus Faith Luscombe ihrem Geschäft nachgegangen war.
Fehlanzeige. An diesem Straßenabschnitt gab es keine Kameras. Wahrscheinlich war das genau der Grund, weshalb Faith ihn sich ausgesucht hatte. Anhand von Donna Warrens Angaben hatte Rose errechnet, um wie viel Uhr Faith dort gewesen sein musste, und da sie ja wusste, wo Faith letzten Endes gelandet war, war es nicht weiter schwer gewesen, den Weg des Fahrzeugs aus der Stadt bis dorthin zu rekonstruieren. Eine Anfrage in der Größenordnung werde dauern, hatte man ihr mitgeteilt. Sie hatte ihr schönstes Lächeln aufgesetzt, ein bisschen Busen gezeigt und betont, wie außerordentlich dankbar sie wäre, wenn das Ganze so schnell wie möglich erledigt werden könnte. Man werde sehen, was sich machen ließe.
Ihr nächstes Ziel war Nick Lines in der Rechtsmedizin gewesen. Er hatte nicht so gewirkt, als würde er sich freuen, sie zu treffen. Allerdings sah er mit seinem kahlen Schädel und seinem ausgezehrten Gesicht nie nach Freude aus, ganz egal, mit wem er es zu tun hatte. Sie hatte ihn gefragt, ob es möglich sei, einen Blick auf Faith Luscombes Leiche zu werfen.
»Wenn Sie meinen«, hatte er geantwortet. »Es ist aber kein schöner Anblick.«
»Damit komme ich schon klar«, hatte sie entgegnet, auch wenn sie sich nicht sicher gewesen war.
Er hatte nicht übertrieben. Es war in der Tat kein schöner Anblick gewesen. Rose hatte sich zwingen müssen hinzusehen.
»Ist Ihnen … irgendetwas Besonderes aufgefallen?«
»Wir haben keine Autopsie gemacht, falls Ihre Frage darauf abzielt. Es wurde keine angeordnet. Todesursache war Kollision mit zwei Personenkraftwagen. Glasklarer Fall.«
»Das heißt, es gibt keinerlei Auffälligkeiten?« Enttäuschung hatte sich in ihr breitgemacht. Sie hatte so fest daran geglaubt, dass es irgendetwas geben würde. Hatte es so sehr gehofft.
»Nur das da.« Er hatte auf ihre rechte Fußsohle gezeigt. »Das Zeichen dort. Sieht aus wie ein Brandzeichen.«
»Ein Brandzeichen? Wie bei einer
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