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Stirb mit mir: Roman (German Edition)

Stirb mit mir: Roman (German Edition)

Titel: Stirb mit mir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Dugdall
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wenn die Krankheit in ihr steckte? Wenn es ihre Schuld war, dass sie zu hübsch war. Zu hinreißend. Sie hasste es, hinreißend zu sein, aber schwangere Frauen waren es ja auch nicht. Womöglich würde das Kind sie dick und hässlich machen. Vielleicht würde es sie schützen. Sie wusste nicht, was sie tun sollte, und es gab niemanden, dem sie sich anvertrauen konnte. Die Blutungen setzten nicht mehr ein, und sie widmete sich ihren Büchern. Sie war zu hinreißend und deshalb zu früh erweckt worden. Als sie auf den Rücken gezwungen worden war, hatte sie immerzu an den Milchwagen auf der Straße gedacht, an das Klirren der Glasflaschen, die jemand in die Hauseingänge stellte, und hatte ihren Körper verlassen, um in die Höhe zu steigen. Sie hatte versucht, nicht nach unten zu schauen, und sich gewünscht, sie wäre dick und hässlich und überhaupt nicht da.
     
            
     
    Matty war so zierlich, dass ihre Kleider ihr weiterhin passten, selbst in der Zeit, über die in den Büchern stand, dass einem nichts mehr passe. Ihre zunehmend rundlichen Brüste wertete jedermann, dem es auffiel, als Zeichen ihrer Geschlechtsreife, so auch Mr   Ferris, dem sonst ohnehin nichts auffiel. Matty blieb für sich, und die anderen Mädchen stempelten sie als komisch oder eingebildet ab. Abgesehen davon wussten sie nicht, was sie von ihr halten sollten, und versuchten es auch nicht herauszufinden.
    Nur ihr Vater hatte erfasst, dass ihr keineswegs der Fisch den Magen verdorben hatte. Er erkannte ihre körperliche Veränderung, so gering sie auch war.
    Er brachte sie zu einem Arzt. »Ich möchte nicht, dass ihre Mutter es erfährt. Die Schande würde sie umbringen.«
    Der Arzt nickte verständnisvoll und bat Matty, sich auf die Couch zu legen. Es war eine schmale Couch in einem trübe beleuchteten Raum. In dieser Praxis war Matty noch nie gewesen, denn sonst ging sie immer zu einem anderen Arzt. Ihr Vater war mit ihr weit weg von zu Hause gefahren, in eine Stadt, die möglicherweise nicht einmal mehr in Norfolk lag.
    Beim Anblick der fleckigen Wände und des gebleichten Haars der Empfangsdame war Matty der Verdacht gekommen, dass sie nicht in der besten Praxis der Gegend gelandet war. Ihr Vater hatte den Arzt bereits bezahlt; sie hatte mitbekommen, wie er seine Brieftasche zückte und Scheine abzählte. Einen falschen Namen hatte er auch genannt, sicherlich vor Scham. Ein billiger Doktor für eine billige Hure.
    Der Arzt schob ihre Bluse hoch – ihre Schulbluse – und zog ihren Rock herunter. Matty drehte das Gesicht zur Wand, von der die Farbe blätterte wie bei einer Schlange, die sich häutete. Am Fuß der Couch stand ihr Vater und sah zu.
    »Du bist schon ganz schön weit.« Fest drückte der Arzt auf ihren Bauch, zwei Finger stachen ihr ins Fleisch, bis sie sich ihm entwinden wollte. Doch sie blieb still liegen und ließ die Untersuchung über sich ergehen. Zu guter Letzt ließ er sie los und sagte zu ihrem Vater: »Sie ist zu weit fortgeschritten.«
    »Das kann nicht sein«, antwortete ihr Vater beinahe flehend. Sein Gesicht war rot, und die Käfer waren schwärzer als jemals zuvor. Er konnte im Nu wütend werden, weshalb sie betete, der Arzt möge ihn nicht provozieren. »Falls es nur eine Frage des Geldes ist …«
    Der Arzt zog Mattys Rock herunter und wandte sich zu ihrem Vater um. »Geld ist hier nicht das Problem, Sir. Sondern das Gesetz. Es jetzt noch zu tun, wäre gefährlich. Es könnte zu Komplikationen führen. Ihre Tochter könnte dabei sterben.«
    Die flehende Miene ihres Vaters wurde wütend. Er packte Matty am Handgelenk und riss sie von der Couch herunter, als wollte er das Baby aus ihr herausschütteln. »Du dummes Ding. Warum hast du nicht schon früher etwas gesagt? Dann hätten wir es abtreiben lassen können.«
    Bei dem Wort »abtreiben« schauderte sie. Abzutreiben war eine Sünde. Aber hatte Pater Michael nicht gesagt, dass eine Sünde zur nächsten führe?
    Sie hatte ohnehin keine Wahl mehr. Dazu war es zu spät.
    Das Schicksal meiner Mutter war besiegelt und damit auch das meine.

Drei
    Cate Austin schob den Kopf aus dem warmen Kokon ihrer Daunendecke hervor und blinzelte in dem grellweißen Licht ihres Schlafzimmers. In der Kälte stieg ihr Atem wie Rauch in die Luft. Vor dem Fenster fiel Schnee, schwerfällig tanzende Flocken, die auf die Glasscheibe trafen, daran herunterrutschten und auf dem Sims landeten. Als sie die Augen schloss, konnte sie die Helligkeit noch unter den Lidern

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