Stirb, Schätzchen, Stirb
meinem Kaffee auf meinen Mantel verschüttet, wir haben die Grünphase verpasst und konnten noch nicht gehen. Also haben wir auf die nächste Grünphase gewartet, und da ist er einfach gefallen. Oder vielleicht auch ausgerutscht. Ich weiß es nicht. Ich habe noch versucht, ihn an seinem Mantel festzuhalten. Ich habe ihn sogar noch berührt. Ich glaube, ich habe ihn sogar noch berührt.«
Sie starrte auf ihre Hand, und Eve bemerkte den leichten Verband. »Was ist mit Ihrer Hand passiert?«
»Als ich ihn packen wollte, habe ich meinen Kaffee noch mal verschüttet. Er ist über den Rand geschwappt, als ich ihn festhalten wollte. Dabei habe ich mir die Hand leicht verbrannt. Ich geriet ins Stolpern. Glaube ich. Jemand hat mich zurückgezogen. Aber Bobby -«
Zana schlang sich die Arme um den Bauch und wiegte sich vor und zurück. »Das Taxi hat ihn erwischt. Ich habe noch versucht, es anzuhalten, aber es war zu schnell, hat ihn erwischt, dann ist er durch die Luft geflogen und auf der Straße aufgeschlagen. Es hat fürchterlich geknallt.«
»Wo ist er?« Eve sah Trueheart an.
»Sie haben ihn in Behandlungsraum zwei gebracht. Baxter steht vor der Tür.«
»Zana, Sie bleiben hier. Trueheart, passen Sie weiter auf sie auf.«
Sie marschierte durch den Wartebereich, an einer Krankenschwester vorbei, die ihr hinterherrief, dass sie stehen bleiben sollte, und bog nach rechts ab, als sie Baxter vor einer doppelten Schwingtür stehen sah.
»Verdammt, Dallas. Wir waren höchstens vier Meter entfernt. Jeder von uns auf einer Seite.«
»Die Frau glaubt, er wäre ausgerutscht.«
»Ja, ja, vielleicht. Wie groß stehen die Chancen, dass es so war? Er wird gerade behandelt. Der Arm ist gebrochen, das steht fest. Vielleicht auch die Hüfte. Und der Schädel hat was abgekriegt. Ich weiß nicht, wie viel, die Sanitäter haben es mir nicht gesagt.«
Eve fuhr sich mit der Hand durch das Gesicht. »Hatten Sie den Eindruck, dass ihn jemand vor das Taxi gestoßen hat?«
»Ich bin mir nicht ganz sicher. Wir hatten sie wirklich gut im Blick und vor allem im Ohr. Aber da draußen herrscht dass vollkommene Chaos, Dallas. Sie wissen, wie es um diese Jahreszeit ist. Horden von Menschen drängen sich auf den Bürgersteigen, alle sind entweder fürchterlich in Eile oder haben Kameras vor den Gesichtern und sehen sich mit großen Augen um. In dieser Woche verdienen die Taschendiebe mehr also sonst in einem halben Jahr. Wenn ich schwören müsste, dass uns niemand durch die Lappen gegangen ist, könnte ich das nicht. Die Sache ist die -«
»Was?«
»Einen Moment vorher hatte sie sich mit Kaffee bekleckert. Meinte, sie wäre angerempelt worden. Das hat mich irgendwie nervös gemacht, aber noch während ich mich näher an sie rangeschoben habe, flog der Kerl schon durch die Luft.«
»Verdammt.«
15
Eve schickte Baxter zu Trueheart in den Warteraum und lief, während ihr beißende Gerüche in die Nase stiegen und gequälte Laute an die Ohren drangen, vor dem Behandlungszimmer auf und ab.
Sie hatte Gesundheitszentren, Ambulanzen, Hospitäler immer schon gehasst. Es waren Orte der Krankheit und der Schmerzen, dachte sie. Des Todes und des Leids.
Der stundenlangen Warterei.
Lag Bobby ihretwegen hier? Hatte ihr Bedürfnis, die Dinge voranzubringen, ihn hierher gebracht? Ein persönliches Bedürfnis, merkte sie. Sie wollte die Tür zu diesem Teil ihrer Vergangenheit zuwerfen und wieder verschließen. Nicht nur um ihres Seelenfriedens willen, gestand sie sich widerstrebend ein, sondern um sich zu beweisen, dass sie dazu in der Lage war. Deshalb war sie bewusst ein Wagnis eingegangen, ein - wenn auch kalkuliertes - Risiko.
Und Bobby Lombard zahlte dafür den Preis. Oder war es wirklich nur ein lächerlicher Unfall? Hatte es vielleicht nur daran gelegen, dass die Straße rutschig, übervölkert und alle Welt in Eile war? Unfälle gab es schließlich jeden Tag, nein, jede Stunde, dachte sie. Es war also nicht ausgeschlossen, dass es so simpel war.
Nur glaubte sie es einfach nicht. Selbst wenn der Computer eine hundertprozentige Wahrscheinlichkeit dafür errechnen würde, würde sie das nicht glauben.
Er war bewusstlos, blutig und verletzt, und sie hatte ihn losgeschickt, damit sie einen Mörder wittern konnte.
Vielleicht war er es selbst gewesen, vielleicht hatte Bobby seine Mutter umgebracht. Menschen brachten ihre Mütter um. Lebenslange Spannungen, Streitereien und möglicherweise Schlimmeres, vielleicht hatte es plötzlich einfach
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