Stirb, Schätzchen, Stirb
»Klick« gemacht. Manchmal reichte bereits ein gebrochener Knochen, und man brachte einen anderen Menschen um.
Sie hatte deshalb einen anderen Menschen umgebracht. Als er ihr den Arm in dem grauenhaften Zimmer in Dallas gebrochen hatte, hatte es bei ihr »Klick« gemacht. Ihr Verstand hatte sich abgemeldet, und sie hatte ihm das Messer in den Bauch gerammt. Ein ums andere Mal. Sie konnte sich daran erinnern, an das Blut, an den Geruch - ätzend und gleichzeitig süß -, daran, wie es ihr nass und warm über die Hände und das Gesicht gelaufen war.
Selbst nach all den Jahren konnte sie sich noch daran erinnern, wie schlimm der Schmerz in ihrem Arm gewesen war, und wie sie beide geheult hatten, als er von ihr getötet wurde.
Die Leute hatten unrecht, wenn sie sagten, dieses Heulen wäre unmenschlich. Es war durch und durch menschlich. Menschlicher als beinahe jedes andere Geräusch.
Sie presste sich die Hände vor die Augen. Gott, sie hasste Krankenhäuser. Hasste es, sich daran zu erinnern, dass sie selbst in einem wach geworden war und nicht mal hatte sagen können, wer sie war. Ein Großteil ihres Wesens hatte sich ganz einfach aufgelöst.
Hasste den Geruch von ihrer eigenen Angst. Hasste all die Fremden, die auf sie herabgesehen und von ihr hatten wissen wollen: Wie heißt du? Wo wohnst du? Was ist mit dir passiert?
Woher hätte sie das wissen sollen? Und selbst wenn sie sich daran erinnert hätte, wenn ihr Hirn nicht einfach abgeschaltet hätte, wie hätte sie jemals erzählen sollen, was geschehen war?
Sie hatten ihr wehgetan, um sie gesund zu machen. Auch daran erinnerte sie sich. Hatten den Knochen gerichtet und die Risse und die inneren Verletzungen von den wiederholten Vergewaltigungen letztendlich geheilt. Aber die Geheimnisse hinter der dicken Mauer, die ihr Hirn errichtet hatte, hatten sie ihr nie entlockt.
Sie hatten nie erfahren, dass das kleine Kind, das sie in ihrem Krankenhaus versorgten, trotz des menschlichen Heulens, das es dabei ausgestoßen hatte, wie eine Bestie über seinen eigenen Vater hergefallen war.
»Dallas.«
Sie riss sich zusammen, drehte sich aber nicht um. »Ich weiß noch nichts.«
Peabody trat schweigend neben sie. Durch die Glaswand konnte Eve verfolgen, wie das Team von Notärzten um Bobbys Leben rang. Warum, fragte sie sich, hatten solche Räume Wände aus Glas? Warum sollten Leute sehen, was sich in diesen Räumen abspielte?
Dass man darin Menschen wehtat, um sie gesund zu machen.
War es nicht schon schlimm genug, sich diese Dinge vorzustellen, ohne dass man all das Blut und all die piepsenden Geräte auch noch sah?
»Gehen Sie, und sprechen Sie mit Baxter«, bat sie ihre Partnerin. »Ich will alle Zeugenaussagen haben, die er bekommen hat. Außerdem brauche ich die Namen aller Zeugen. Lassen Sie die Lizenz des Taxifahrers überprüfen. Dann schicken Sie ihn und Trueheart auf das Revier zurück und sagen, dass er die Audio-Aufnahme im Labor abgeben soll. Bleiben Sie selbst bei Zana und versuchen ihr alles zu entlocken, woran sie sich erinnern kann.«
»Sollten wir nicht ein paar Beamte herbestellen, die vor seinem Zimmer Position beziehen? Wenn sie hier drinnen mit ihm fertig sind?«
»Ja.« Denk positiv, sagte sich Eve. Er würde sicher in ein anderes Zimmer kommen und nicht in die Pathologie.
Als sie wieder allein war, zwang sie sich, noch einmal durch die Glasscheibe zu sehen. Sie überlegte, was das Mädchen, das sie einst gewesen und das ebenfalls in einem Raum mit Glaswänden behandelt worden war, mit dem zu tun hatte, was hier geschah.
Endlich kam eine Schwester in den Flur, und Eve packte sie am Arm. »Wie geht es ihm?«
»Er ist halbwegs stabil. Der Arzt wird Ihnen genauere Informationen geben. Angehörige setzen sich bitte nach draußen in den Wartebereich.«
»Ich bin keine Angehörige.« Eve zog ihre Dienstmarke hervor. »Ihr Patient ist Hauptzeuge in einem Mordfall. Ich muss also wissen, ob er es schafft.«
»Sieht gut aus. Er hatte wirklich Glück. Wenn man es als Glück bezeichnen kann, zwei Tage vor Weihnachten von einem Taxi angefahren zu werden. Er hat ein paar gebrochene Knochen, Prellungen und Schürfwunden. Außerdem ein paar innere Blutungen, aber die haben wir gestoppt. Sein Zustand ist halbwegs stabil, aber die Kopfverletzung macht uns Sorgen. Wie gesagt, sprechen Sie am besten mit dem behandelnden Arzt.«
»Seine Frau sitzt draußen mit meiner Partnerin. Sie muss erfahren, wie es ihm geht.«
»Gehen Sie ruhig zu ihr.«
»Wie
Weitere Kostenlose Bücher