Stirb schön
einem Seil abgesperrt, alle Tische waren besetzt.
Grace folgte Nicholas hinein. In den letzten Jahren hatten ihn wohlmeinende Freunde mehrfach hergeschleppt, weil es angeblich der beste Ort in Brighton war, um eine Frau kennen zu lernen. Das exotische Interieur mit seinen indischen, marokkanischen und fernöstlichen Einflüssen war einzigartig in der Stadt: geräumig, mit langer Theke, alles von warm glühenden orientalischen Laternen erleuchtet, Nischen mit Sitzbänken, auf denen weiche Kissen verstreut lagen.
Nicholas trat zu dem hübschen Mädchen hinter der Theke. »Hi, ich möchte zu Ricky.«
Sie schaute sich um und sagte freundlich: »Ich glaube, er ist im Büro. Sind Sie verabredet?«
»Ja. Detective Constable Nicholas und Detective Superintendent Grace, wir haben vor einer halben Stunde telefoniert.«
Sie eilte davon.
»Sie haben den Termin mit diesem DI Dickinson, der den Wimbledon-Fall leitet, doch auf morgen Mittag verschoben, oder?«, fragte Grace.
»Ja.«
»Gut, dass er heute nicht mehr mit uns reden wollte, das hätten wir wohl kaum geschafft.«
Sie lehnten sich an die Theke. Es lief ein Lied von Joss Stone. »Die mag ich gern«, sagte Grace.
Nicholas zuckte die Achseln. »Ich stehe eher auf Country und Western.«
»Wen hören Sie am liebsten?«
»Johnny Cash ist der Größte. Rachel und ich haben früher Line Dance gemacht, aber wir mussten aufhören, weil das Kleine unterwegs ist.«
»Kinder verändern das ganze Leben, habe ich gehört.« Grace schaute auf einen Stapel Hefte von Absolute Brighton, die neben einem Aschenbecher lagen.
»Die Geburtsvorbereitung ist nicht gerade spaßig«, gestand Nicholas düster.
In diesem Augenblick kam auch schon die Bedienung wieder zurück und führte sie eine Treppe hinauf in ein komfortables Büro, das im Gegensatz zur Bar ziemlich funktionell eingerichtet war. Hinter dem Schreibtisch saß ein junger Mann mit Stachelfrisur, der Jeans und T-Shirt trug. Es gab ein Sofa und mehrere Sessel, eine aufwändige HiFi-Anlage und eine Reihe von Schwarz-Weiß-Bildschirmen, die die Aufnahmen der Überwachungskameras innerhalb und außerhalb der Bar zeigten.
Der junge Mann stand auf und begrüßte sie herzlich. »Freut mich, Sie kennen zu lernen, Mr Nicholas«, sagte er und schüttelte ihm die Hand. Mit einem Blick zu Grace fügte er hinzu: »Ich bin Ricky, der Manager. Hab im Argus über Sie gelesen, gestern, glaube ich.«
»Kann sein.«
»Fand den Artikel übertrieben hart. Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«
»Stilles Mineralwasser, wenn’s geht.«
»Eine Cola light«, bat Nicholas.
Der Manager bestellte telefonisch die Getränke und bot ihnen Plätze auf dem Sofa an. Er selbst zog sich einen Stuhl heran. »Also«, sagte er an den Detective Constable gewandt und tippte sich an den Kopf, »ich habe ein gutes Gedächtnis für Gesichter, muss ich auch, um die Störenfriede auszusortieren. Wie ich schon am Telefon sagte, war das Mädchen, das Sie suchen, vor kurzem mit einem Typen hier. Letzte Woche Freitag muss das gewesen sein. Ihr Glück, normalerweise löschen wir die Bänder nach einer Woche, aber wir hatten ein paar Probleme. Sie lassen uns doch nicht hochgehen, oder?«
Grace grinste. »Daran bin ich nicht interessiert, ich will nur den Mörder von Janie Stretton finden.«
»Das wäre also klar.« Ricky runzelte die Stirn. »Was habe ich da über einen Käfer gelesen, einen Skarabäus?«
»Das tut nichts zur Sache«, entgegnete Grace schroffer als beabsichtigt.
»Interessierte mich nur, weil wir auch einen im VIP-Raum haben – einen kleinen aus Bronze, gehört zur Dekoration. Der rollt sogar eine Mistkugel aus Bronze vor sich her.«
»Woher haben Sie den?«
»Keine Ahnung, hat alles der Innenarchitekt besorgt.« Ricky griff nach einer Fernbedienung und drückte einen Knopf. »Achten Sie auf den Monitor in der Mitte.«
Ein Flackern, dann verschwommene Bilder und wacklige Aufnahmen, bis sich das Bild stabilisierte und die überfüllte Bar aus einer Weitwinkel-Perspektive zeigte. Rechts unten waren Datum und Uhrzeit zu lesen.
»Sehen Sie auf die Tür zur Straße«, sagte Ricky aufgeregt.
Grace entdeckte einen muskulösen Mann Mitte dreißig mit schmalem, hartem Gesicht, der ein Mädchen mit langem blondem Haar im Schlepptau hatte. Keine Frage, es war Janie Stretton.
Er betrachtete eingehend ihren Begleiter, der vor Kraft kaum laufen konnte und sich wie der König des Dschungels gebärdete. Er hatte seine Haare mit Gel zu Stacheln
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