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Stirb

Stirb

Titel: Stirb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Winter
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laut wurden. Lara rannte weiter und riss sämtliche Türen auf, bevor sie sie im Badezimmer fand. » EMMA ! Nein! NEEEEIIIIN !!!« Beim Anblick ihrer sechsjährigen Tochter, die im zerrissenen Schlafanzug auf den blutverschmierten Badezimmerfliesen lag, entfuhr ihrer Kehle ein gellender Schrei, der im ganzen Haus zu hören war. Es war jener Moment, in dem Lara meist schweißgebadet aus ihren Alpträumen erwachte.
    Wie so oft lag sie danach noch eine ganze Weile erschöpft wach. Damals hatte es kaum jemand für möglich gehalten, dass irgendein menschliches Wesen dieses Blutbad hatte überleben können.
    Aber Emma hatte überlebt. Sie war inzwischen zwölf Jahre alt, dennoch war sie weit davon entfernt, ein normaler Teenager zu sein. Laras Tochter war seither verstummt. Sie mied Gleichaltrige, hatte Angst vor der Dunkelheit und war manchmal tagelang vollkommen unzugänglich, als lebe sie in ihrer ganz eigenen Welt, in der niemand außer ihrem Pferd, das Frank ihr geschenkt hatte, Platz zu haben schien.
    Nur selten gelang es Lara, zu ihrer Tochter durchzudringen. Die Psychologen waren zuversichtlich gewesen, dass Emma mit der Zeit wieder sprechen und ihr Trauma mit Hilfe von intensiver therapeutischer Betreuung aufarbeiten würde.
    Sie hatten sich getäuscht.
    Keine der Therapien hatte den gewünschten Erfolg gebracht, und Emma hatte seit jener Nacht vor sechs Jahren nie wieder ein Wort mit einem Menschen gewechselt. Dennoch wollte Lara den Glauben nicht verlieren, dass sie irgendwann wieder sprechen würde.
    Während Laras Tränen langsam verebbten, ließen sich Schmerz und Traurigkeit nur schwer abschütteln. Sie tastete nach Franks Lippen und küsste ihn auf den Mund, um die schrecklichen Bilder der Vergangenheit zu vergessen. Sie streifte ihm hastig sein Pyjamaoberteil über den Kopf und fuhr über seine nackte, schlafwarme Brust, um zu vergessen. Zerrte ihm seine Pyjamahose über die Hüften herunter und massierte sein Glied, bis es in ihrer Hand langsam hart wurde, um zu vergessen. Schob mit der anderen Hand ihr Nachthemd hoch, riss ihren Slip zu den Kniekehlen herunter und streifte ihn mit dem Fuß ab, um zu vergessen. Spreizte ihre Beine, um zu vergessen. Frank knetete ihre Brüste, als Lara ihn mit sanftem Nachdruck auf sich zog. Sie ließ ihn eindringen. Spürte seine Erektion in ihr pochen, während sie ihn mit den Beinen umschlang und ihre Fingernägel tiefer in Franks Rücken bohrte. Franks Stöße wurden ruckartiger, sein Atem ging schneller und schwerer, und noch bevor Lara ein leises Stöhnen entwich, stieß er mit einem letzten Zucken ganz tief in sie hinein und ließ sich schweißgebadet auf sie herabsinken. So verharrten sie eine ganze Weile, und erst jetzt wagte Lara es, die Nachttischlampe wieder auszuknipsen, sich der Dunkelheit auszuliefern und in einen leichten Schlaf zu sinken.
    Doch in dieser Nacht half auch das nicht. Ihre Augen starrten durch die Dunkelheit, während Frank bereits ein wohliges Schnarchen von sich gab.
    Frank an ihrer Seite, Frank, der seit fast einem Jahr immer da war. Lara betrachtete ihn eine Zeitlang im hereinfallenden Mondlicht. Mehr als einmal hatte er sie nach ihrem Leben vor ihrer Zeit auf Rügen befragt, und mehr als einmal war Lara kurz davor gewesen, seine Neugier zu befriedigen und ihn in ihre dunklen Geheimnisse einzuweihen.
    Doch nach den strikten Vorschriften des Zeugenschutzprogramms war es ihr untersagt, auch nur ein Sterbenswort darüber zu verlieren. Und während die Konturen ihres alten Lebens über die Jahre verblasst waren, erzählte Lara jedem, der sie nach ihrer Herkunft fragte, die immer gleiche Geschichte der Diplomatentochter aus Köln, deren Eltern bei einem tragischen Autounfall früh verstorben waren. Mit der Zeit kamen ihr die Worte wie von selbst über die Lippen, als glaubte sie allmählich selbst, was sie da sagte. An anderen Tagen ließ sie wiederum das Gefühl nicht los, die Leute stierten sie an, als stünde ihr LÜGNERIN in Großbuchstaben auf die Stirn tätowiert. Wenn sie heute vor dem Spiegel stand, sah sie darin nicht mehr die Endzwanzigerin aus Berlin, die die Hände in ihren engen, ausgewaschenen Jeans vergrub und die schulterlangen braunen Haare lässig ins Gesicht fallen ließ, sondern eine Mittdreißigerin mit blondgefärbtem Pagenkopf und dunklem Hosenanzug.
    Es hatte einige Zeit gedauert, ehe Lara ihr altes Ich vollständig abgelegt und sich mit ihrer neuen Rolle als Karoline Wöhler angefreundet hatte. In schwachen Momenten

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