Stirb
holte kräftig Luft, bevor er in den unbeleuchteten Flur hinaustrat. »Was dagegen, wenn wir beide uns noch ’nen Drink genehmigen?«, fragte er Richtung Wohnzimmer.
»Na schön – aber dass du mir ja schnell wiederkommst!«
Andreas machte Licht in der Küche und blickte sich rasch um. Auf der Anrichte fand er, wonach er suchte. Er zog eines der Messer aus dem Block. Doch irgendetwas ließ ihn plötzlich zögern. Was er da in seiner Hand hatte, war bloß ein x-beliebiges Küchenmesser. Es war einfach nicht dasselbe wie mit seinem gewohnten Tranchiermesser, mit dem er zuletzt der Nachbarskatze bei lebendigem Leib das Fell abgezogen hatte.
Alles fühlte sich heute, an diesem Abend, falsch an. Er kam sich vor wie ein elender Stümper!
Angewidert ließ er das Messer zurück in den Block gleiten. Rein gar nichts von dem, was er hier tat, entsprach seiner üblichen Vorgehensweise, und das machte ihn noch viel wütender, als Maries Annäherungsversuche es getan hatten.
Komm schon, stell dich nicht so an und bring es zu Ende! Tu es, verdammt noch mal, tu es doch endlich!
»Wo bleibst du denn?«, hörte er Marie aus dem Wohnzimmer fragen.
»Bin gleich da«, rief er über den Flur, während ihm unzählige Gedanken durch den Kopf schwirrten. Es würde nur eine Frage der Zeit sein, bis Marie anfinge, sich über ihn lustig zu machen. Schwuchtel! Schwuchtel! Schwuchtel!, riefen die Stimmen in seinem Kopf.
Andreas raufte sich die Haare und ging in der Küche auf und ab. Möglicherweise sollte er jetzt einfach da rausgehen, seine Sachen nehmen und verschwinden – in der Schule konnte er sich dann allerdings nie wieder blicken lassen.
»Suchst du was Bestimmtes?«, fragte Marie, die vollkommen unerwartet splitternackt hinter ihm in der Küche aufgetaucht war.
Andreas fuhr zusammen. »Einen … Korkenzieher … ich habe keinen gefunden.«
Sie nahm die Flasche Sherry von der Anrichte und lachte auf.
»Du suchst einen Korkenzieher für einen Schraubverschluss?«
Er spürte, wie ihm das Blut in den Kopf schoss.
Grinsend den Kopf schüttelnd, nahm Marie die Flasche und zerrte Andreas zurück auf die Wohnzimmercouch. Er leistete keinen Widerstand, ließ sie wie erstarrt gewähren. Marie knöpfte ihm die Hose auf und zog ihm die Unterhose bis zu den Knien herunter.
Andreas spürte, wie er sich verkrampfte, als Marie vor ihm kniete und sich mit feuchtnassen Lippen an seinem schlaffen Glied zu schaffen machte.
Ein schriller Ton pfiff durch Andreas’ Ohren und flaute wieder ab. Seine Augen verzogen sich zu schmalen Schlitzen, während er unwillkürlich auf die Bronzegöttin neben der Couch starrte. Sie war nicht halb so anmutig wie sein Tranchiermesser – doch zum Teufel mit seinen gottverdammten Prinzipien!
Und während Marie so richtig in Fahrt kam, vergewisserte Andreas sich mit einem schnellen Blick zum Fenster, dass die Vorhänge zugezogen waren. Dann griff er blitzschnell nach der Bronzestatue und schlug damit auf Marie ein. Immer und immer wieder, bis sie reglos zu seinen Füßen lag. Maries Lippen bewegten sich, als wollte sie noch etwas sagen, doch ihre Stimmbänder versagten ihren Dienst. Sie zuckte noch einige Male zusammen, während aus ihrem Hinterkopf das Blut in gleichmäßigen Schüben in den hellen Flokatiteppich sickerte.
Dann rührte sie sich nicht mehr.
Andreas tastete nach ihrem Puls, um sich zu vergewissern, dass sie tot war. Der Puls blieb aus. Tief ausatmend ließ Andreas sich zurück auf die Couch fallen.
Und jetzt? Was jetzt? Er betrachtete die Tote, die wie eine Puppe vor ihm lag, als im Flur ein Telefon läutete. Aufgeschreckt fuhr Andreas hoch. Es klingelte noch zweimal, dann sprang ein Anrufbeantworter an.
»Dies ist der Anschluss der Familie Strittmeier. Leider können wir Ihren Anruf derzeit nicht persönlich entgegennehmen. Hinterlassen Sie eine Nachricht, und wir rufen umgehend zurück.«
Nach dem Piepton meldete sich eine sonore Stimme, die zu einem Mann Ende zwanzig passte. »Hallo, Schwesterchen – Überraschung! Ich hab die Vorlesung in München sausenlassen und komme schon heute zurück nach Berlin. Wenn du da bist, können wir noch einen draufmachen, solange die Eltern noch im Urlaub sind … Hallo …? Marie? Hm … na ja, egal, ich habe ja meinen Schlüssel dabei und bin in ungefähr zwanzig Minuten da!«
Andreas überlief ein eiskalter Schauer. Die Jungs wussten, dass er an diesem Abend mit Marie zusammen war – und man musste kein Kriminalist sein, um zu
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