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Stoer die feinen Leute nicht

Titel: Stoer die feinen Leute nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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war sie glücklich, daß sie an diesem sanften Sommerabend mit Lemmermann durch die alte Gasse schlendern konnte; Kuschka und Frau Haas nahm sie kaum noch wahr. Es war alles überstanden. Sie hatte es hinter sich.
    Und plötzlich hatte sie, vage und unbestimmt, das Gefühl, als habe ihre Existenz eine neue Dimension gewonnen. Sie konnte es nicht definieren, aber… Irgendwie fand sie sich interessanter als vorher. Da war ein Hauch des Außergewöhnlichen. Wer war schon wie sie gezeugt worden und hatte nach 22 Jahren seinen Vater entdeckt… Einen Vater, von dem sie zeitlebens geträumt hatte. War es nicht auch ein Wunder, daß sie ohne psychische Defekte aufgewachsen, daß sie hübsch, intelligent und durch und durch gesund war? Und sie verstand sich prächtig mit diesem Lemmermann.
    Ob er heute noch eine Art Geständnis ablegen würde? Wie sag ich’s meinem Kinde? Sie war gespannt darauf. Vielleicht konnte sie morgen früh schon aus der Pension aus- und bei ihm einziehen. Er hatte ja vorhin erzählt, daß er allein lebe. Vor drei Jahren geschieden. Ob das auch mit damals zusammenhing?
    Später verärgerten sie Lemmermann etwas, als sie lieber in den historischen Ratskeller gehen wollten (Hauff und so), anstatt in den Nightclub eines seiner Freunde. Aber er hatte es bald überwunden.
    Kurz nach halb zwölf saßen sie dann in seinem Wagen und fuhren durch die Nacht nach Bramme zurück. Katja neben ihm auf dem Vordersitz, Kuschka und Frau Haas äußerst beengt auf den Notsitzen im Fond. Sie fühlten sich etwas diskriminiert.
    Am Morgen hatte es großes Hallo gegeben, als sich herausstellte, daß Lemmermann gleichfalls einen roten Karman Ghia fuhr. Katja hatte vorgeschlagen, in zwei Wagen zu fahren, damit alle bequem Platz hätten, zugleich aber Bedenken geäußert wegen der Wahrscheinlichkeit, sich in der fremden Stadt zu verlieren.
    „Ach was – das geht schon!“ hatte Lemmermann entschieden und auch gleich die Platzverteilung vorgenommen.
    Ist das Zufall, daß er mich neben sich haben wollte? dachte Katja, als ihr nun auf der Rückfahrt die Szene durch den Kopf ging. Sie waren alle müde, und das Gespräch plätscherte etwas mühsam, von Pausen unterbrochen. Lemmermann war am schweigsamsten.
    Plötzlich kamen Katja wieder Zweifel. Er war doch sympathisch und gutmütig – warum hatte er sich in all den Jahren nicht um sie gekümmert? Er mußte doch mitgekriegt haben, daß da irgendwo ein Kind… Das schloß geradezu aus, daß er ihr Vater war! Und überhaupt, dieser Mann war unfähig, einer Frau Gewalt anzutun; soviel Menschenkenntnis hatte sie.
    Aber…
    Aber da war ihr Gefühl, daß sie irgendwie zusammengehörten. Da war die Aussage von Bernharda. Da war sein Interesse an ihr und dieser Fahrt nach Bremen. Da waren Fakten wie sein Alter, seine damalige Anwesenheit in Bramme.
    Es machte sie krank. Es war eine essentielle Frage für sie. Sie mußte es wissen. Sie mußte es herauskriegen…
    Aber wie?
    Ihn einfach zu fragen war sinnlos. Und ob er jemals von sich aus…? Aber sie konnte einfach nicht länger warten!
    Da kam ihr eine Idee…
    Wenn ich nun versuche, ihn zu verführen? Ziert er sich, macht er Ausflüchte, kann ich ihn in die Ecke treiben und ihm ein Geständnis entlocken. Will er aber mit mir schlafen, dann kann er nicht mein Vater sein… Beweis ist es noch keiner; so was gibt’s schließlich. Aber es gibt auch eine ziemlich starke psychische Bremse… Ihr Herz klopfte so laut, daß sie schon fürchtete, Lemmermann könnte es bemerken.
    Aber der zog nur an seiner Zigarette und konzentrierte sich auf die kurvenreiche Straße. Hin und wieder warf er einen schnellen Blick zu ihr herüber, betrachtete im flatternden Licht der Ortsdurchfahrten ihre Knie. Sie registrierte es und drehte sich noch öfter zu Kuschka und Frau Haas um, was ihren knappen Rock jedesmal ein wenig höher rutschen ließ.
    Der Aschenbecher klemmte, und Lemmermann bat sie, seine Zigarette auszudrücken. Sie tat es, nicht ohne dabei über seine Hand zu streichen. Er zuckte leicht zusammen. Sie nutzte die leichte Rechtskurve, um mit ihrem Kopf seine Schulter zu berühren.
    „Oh, Pardon, hoffentlich sind nicht zu viele Haare haftengeblieben…“
    „Macht nichts“, brummte er.
    Flirten war nicht seine Stärke; insofern täuschte wohl sein Typ. Oder… Hatte er gute Gründe, es diesmal nicht zu tun? Vielleicht fand er sie auch ganz einfach aufdringlich.
    Sie war sich nicht sicher, inwieweit er ihre Signale verstanden hatte. Wie konnte

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