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Stoer die feinen Leute nicht

Titel: Stoer die feinen Leute nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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dem Pissoir am Wall auf Homosexuelle gewartet hatten, um sie zusammenzuschlagen. Von ihrem Standort hatten sie beobachtet, wie der Sittenapostel versucht hatte, den gelben Schutzmittelautomaten mit einer Brechstange von der Wand zu lösen. Sie hatten ihn kurzerhand eingesperrt, hatten „Polizei! Polizei!“ gebrüllt und waren abgehauen… Der Herr Saubermann, wie Stoffregen ihn nannte, hatte sich zwar befreien und in die Büsche schlagen können, war aber heute früh an Hand seines zurückgelassenen Wagens identifiziert und von Stoffregen am Arbeitsplatz festgenommen worden.
    Kämena fand das alles nicht unflott.
    Nun saß der Mann vor seinem Schreibtisch. Sah ganz normal aus, nicht im geringsten ein Fanatiker. Ein bißchen ausgemergelt und asketisch, ja, so ‘n galliger Typ, aber da gab es Hunderte in Bramme, die so ähnlich aussahen und an all dem Spaß hatten, was der da verdammte. Und Frau und Kinder hatte er auch, ganz geregeltes Geschlechtsleben also. Da sollten sie mal einen Psychiater aus Hannover herüberschicken. Der war doch gerade Mitte Dreißig, der konnte doch noch.
    „Daß wir uns unter diesen Umständen wiedersehen, Herr Magerkort…“ Kämena ließ den Satz in der Luft hängen und erkundigte sich abrupt: „Sagen Sie mal, mußte das denn sein?“
    „Ja!“ Magerkort, noch immer in seiner Postuniform, war alles andere als niedergeschlagen – im Gegenteil; er fühlte sich als Märtyrer und Prophet und freute sich über die Publicity, die er nun für seine Sache nutzen konnte. Seine Geständnisfreudigkeit war dementsprechend groß. „Ich habe den Dirnen den Sündenlohn abgenommen und das Geld der Aktion Sorgenkind überwiesen“, erklärte er voller Stolz auf die entsprechende Frage des Kommissars. „Und natürlich bin ich einigen unserer… eh, unserer prominenten Herren nach Bremen und Hannover gefolgt und habe sie beobachtet, wie sie Unzucht getrieben haben.“
    „Beobachtet?“ Kämena runzelte die Stirn. „Direkt beobachtet?“
    „Ich habe beobachtet, wie sie in den Kontakthöfen und am Straßenrand mit den Dirnen…“
    Kämena war wenig erfreut. Mensch, wenn der im Gerichtssaal Namen nennt!
    „Die Briefe an die Ehefrauen sollten nur dazu dienen, daß die Männer zum Pfad der Tugend zurückfanden.“
    Diese Ausdrucksweise! Kämena blätterte in seinen Notizen und sah, daß Magerkort einer Sekte angehörte, als Laienprediger sogar. Er mißbilligte das. Man hatte, verdammt noch mal, in der Landeskirche zu sein, wie alle anderen… Kämena war nur froh, daß er nicht zu Bordellbesuchen neigte. Lust hatte er schon mal, aber die Ansteckungsgefahr…
    Magerkort brüstete sich weiter mit seinen Taten. „Schreiben Sie ruhig auf, daß ich acht Schutzmittelautomaten unbrauchbar gemacht habe. Was in diesen Apparaten verkauft wird, fördert nur die Unzucht. Man kann ja seine Kinder nicht mehr in den öffentlichen Grünanlagen spielen lassen – überall liegen die Dinger rum.“
    Stoffregen feixte, und Kämena sah ihn böse an.
    „Und Lemmermanns Sex-Shop?“ fragte er.
    „Da mußte mal jemand ein Fanal setzen, um die Bürger aufzurütteln!“ Magerkort trat mit dem Fuß auf. „So geht das nicht mehr weiter mit der Verpornung unserer Sitten! Unsere Kultur und unsere Sittenordnung sind bedroht. Meine Kinder sollen sich ihr natürliches Schamgefühl bewahren.“
    Kämena sagte nicht viel dazu, so unrecht hatte der Mann weiß Gott nicht. Aber wo kamen wir hin, wenn jeder auf diese Art und Weise für eine saubere Welt kämpfte. Wozu hatten wir einen Rechtsstaat!
    „Die Auslagen bei Herrn Lemmermann verletzen das sittliche Empfinden jedes aufrechten Bürgers“, sagte Magerkort mit Überzeugung. „Der Mann muß aus Bramme verschwinden!“
    „Und deswegen haben Sie heute nacht seinen Wagen in die Luft gesprengt?“ hakte Stoffregen nach.
    „Nein. Aber ich gratuliere dem, der es getan hat. Das ist ja die einzige Möglichkeit, um…“
    „Wir haben Chemiebücher bei Ihnen gefunden.“
    „Die gehören meinem Sohn.“
    „Wir haben Schwarzpulver bei Ihnen gefunden.“
    „Das hat sich mein Sohn angefertigt.“
    Stoffregen lächelte. „Wie alt ist denn Ihr Sohn?“
    „Fast siebzehn…“
    „Dann hat er Sie wohl auch in den Central-Lichtspielen überfallen, was?“
    „Wieso? Das war doch…“
    „Ich will Ihnen mal was sagen, Herr Magerkort: Das haben Sie vorgetäuscht, weil Pornos in der Post waren, die Sie austragen sollten.“
    „Da waren keine bei!“ Magerkort schien zu bedauern, nicht

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