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Stoerfall in Reaktor 1

Stoerfall in Reaktor 1

Titel: Stoerfall in Reaktor 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Hänel
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hoch.
    »In einer Viertelstunde am Hochsitz, okay?«, sagt er leise und setzt laut hinzu: »Tut mir leid, ich hab mich in der Zeit vertan. Ich stell die zweite Tüte einfach hier hin und komme später noch mal wieder, um die Flaschen einzuwerfen. Hau rein, man sieht sich!« Und während er die Tüte absetzt, fügt er noch schnell flüsternd hinzu: »Wir haben die Klebestreifen auf dem Nummernschild vergessen!«
    »Schon erledigt«, flüstert Jannik zurück und hält kurz den Daumen hoch, bevor er sich umdreht und wieder in der Scheune verschwindet.
    Lukas steigt auf sein Rad und biegt wie zufällig in die Straße zum Friedhof ein. Im Schatten hinter der Kapelle wartet er einen Moment, aber es folgt ihm niemand. Er kommt sich ein bisschen lächerlich vor bei der ganzen Nummer, als würde er maßlos übertreiben und sich wichtiger nehmen, als er wahrscheinlich ist. Aber wenigstens ist die Sache mit den gefälschten Kennzeichen erst mal vom Tisch – gut, dass Jannik offensichtlich selbst daran gedacht hat. Und es scheint auch nicht so, als ob die beiden Typen schon bei ihm gewesen wären, sonst hätte er eben am Container sicher irgendeine Andeutung gemacht. Oder wäre nervöser gewesen. Aber er war ganz cool. Ich bin gespannt, wie lange noch, denkt Lukas. Wenn ich ihm gleich meine Geschichte erzähle, wird er nicht mehr so ruhig bleiben.
    Er schiebt sein Fahrrad über den Friedhof, bis er an der eisernen Pforte am hinteren Ende ankommt, wo der Weg zwischen den Kuhweiden zum Wald hinaufführt. Als sie noch kleiner waren, haben Jannik und er auf dem Komposthaufen auch mal Knochen aus einer stillgelegten Grabstelle gefunden. Leider keinen Totenschädel, obwohl sie lange danach gesucht haben. Und Lukas hat ziemlichen Ärger zu Hause bekommen, als er einen der Knochen mitgebracht und beim Abendessen stolz vorgezeigt hat. Aber das ist lange her, es kommt ihm vor, als wäre es in einem anderen Leben passiert.
    Als er dann am Hochsitz auf Jannik wartet, geht ihm durch den Kopf, wie bescheuert es eigentlich ist, dass Leute wie Janniks Vater sich über den Lärm vom Flaschencontainer aufregen, aber das AKW sie kaum zu stören scheint. Unglaublich eigentlich, denkt er, dass Greenpeace oder Robin Wood oder irgendwelche Wissenschaftler und Ärzte alle Fakten benennen können, ohne dass irgendetwas in den Köpfen der Leute passiert. Aber wenn jemand ihre Mittagsruhe stört, dann drehen sie durch!
    Als kurze Zeit später ein Hubschrauber über den Wald knattert, hat Lukas wieder das Bild der letzten Nacht vor Augen. Der Hubschrauber über dem Ort, die Rettungsfahrzeuge, die wie aus dem Nichts aufgetaucht sind, die Kolonne von schweren Lastwagen, die zum AKW fuhren. »Und es war doch die Bundeswehr«, murmelt er halblaut vor sich hin. »Es passt alles!«
    Diesmal ist es ein Rettungshubschrauber, der kurz vor Wendburgs Stadtkern nach links abschwenkt, in Richtung Autobahn. Wahrscheinlich hat es mal wieder einen Unfall gegeben, denkt Lukas noch, als er Jannik ganz außer Atem mit seinem Fahrrad den Forstweg entlangkommen sieht.
    Sie klettern hintereinander auf den Hochsitz. Unten läuten die Kirchenglocken. Ein Trecker rattert in der Ferne über die Felder. Noch weiter weg glänzt die Reaktorkuppel in der Sonne, darüber ballt sich die übliche Dampfwolke. Reglos, wie festgewachsen. Es sind mindestens dreißig Grad, selbst hier oben am Waldrand ist nicht der kleinste Luftzug zu spüren.
    Lukas’ T-Shirt klebt an seinem Oberkörper, auch unter Janniks Achselhöhlen zeichnen sich dunkle Schweißflecke ab. Die Luft über den Feldern scheint in der Hitze zu flimmern.
    Als sie oben sind, beginnt Lukas ohne Umschweife von den beiden Typen zu erzählen, die heute Vormittag bei ihm zu Hause aufgetaucht sind. Und von der Frage, die er erst hinterher wirklich begriffen hat.
    »Bist du dir sicher, dass du den Typen nicht vielleicht falsch verstanden hast?«
    Lukas nickt. »Ganz sicher. Er hat gefragt, woher wir von dem Störfall gewusst haben. ›Du und wer auch immer von deinen Kumpels‹, so hat er es gesagt.«
    Jannik starrt seinen Freund einen Moment wortlos an. Dann sagt er leise: »Das kann nur eins bedeuten …«
    »… sie haben wirklich einen Störfall gehabt«, nickt Lukas.
    »Ich fasse es nicht! Während wir unseren Fake gemacht haben, ist ein echter Unfall im AKW passiert! Aber ohne dass sie Alarm gegeben haben, das kapiere ich nicht. Müssen sie nicht Alarm geben, wenn so was ist?«
    »Habe ich auch schon überlegt, während ich auf

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