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Stoerfall in Reaktor 1

Stoerfall in Reaktor 1

Titel: Stoerfall in Reaktor 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Hänel
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heimzuzahlen, dass sie ihn im ersten Moment voll geleimt hat.
    »Was?«, fragt jetzt Hannah. »Wie meinst du das?«
    »Ich mach’s nicht umsonst«, wiederholt Lukas. »Lass dir was einfallen, wie du das wiedergutmachst. Ich meine, das ist meine Freizeit, die dafür draufgeht. Ich wollte heute Abend eigentlich nur abhängen, Tatort gucken oder so. Aber wenn ich dir jetzt echt helfe, dann will ich auch irgendwas dafür haben. Eine kleine Gegenleistung muss schon drin sein.«
    Wenn wirklich jemand mithört, denkt er, dann hält er mich jetzt wahrscheinlich für ein ausgemachtes Arschloch. Das es voll ausnutzt, dass ihn ein Mädchen aus seiner Klasse um Hilfe bittet. Und es ist nicht so schwierig, sich vorzustellen, worin die kleine Gegenleistung bestehen soll …
    »Aber natürlich, Lukas, das weiß ich doch«, flötet Hannah im selben Moment, »aber du wirst es bestimmt nicht bereuen, das verspreche ich dir. Wenn du mir erst ein bisschen hilfst, machen wir es uns danach richtig schön!«
    »Das hoffe ich«, sagt Lukas nur ganz cool.
    »Bye, Luki!«, flötet Hannah weiter. »Und schon mal einen dicken Kuss als Vorschuss! Bis nachher. Ich freu mich!«
    Und weg ist sie.
    Lukas schiebt das Handy zurück in seine Tasche. Das mit dem ›Luki‹ kriegt sie noch mal zurück, so viel ist sicher. Aber wenn er wirklich abgehört wird, dann hat das Gespräch eben garantiert die Fantasie von jedem Staatsschützer so angekurbelt, dass er nur noch denken wird: Echt versaut, diese Jugend heutzutage!
    »Wer war das?«, will Karlotta wissen.
    »So ein Typ aus meiner Schule«, sagt Lukas. »Nicht weiter wichtig.«
    Aber so leicht lässt sich seine Schwester nicht abspeisen. »Du weißt schon, dass man so was nicht macht, oder?«, sagt sie ganz ernsthaft. »Das ist voll fies!«
    »Was?«, fragt Lukas verblüfft. »Wovon redest du?«
    »Du sollst ihm bei irgendwas helfen, hab ich doch gehört. Aber wenn man jemandem hilft, dann darf man nichts dafür haben wollen, sonst ist das nämlich erpressen!«
    »Na, du weißt ja Sachen«, meint Lukas und tippt ihr mit dem Zeigefinger auf die Nasenspitze. »Okay, ich werd’s mir merken. Und jetzt gehen wir zu den Pferden, in Ordnung? Bist du noch fit?«
    »Ich will nicht mehr zu den Pferden. Ich will dahin.« Sie zeigt ein Stück die Straße hinunter. Lukas hat keine Ahnung, was seine Schwester meint. Aber sie redet schon weiter. »Das mit den Pferden habe ich nur gesagt, damit Papa sich nicht aufregt. Das war nur ein Trick, kapierst du?«
    »Aha. Und was soll da sein, wo du jetzt hinwillst?«
    »Bist du blind?« Karlotta zieht die Nase kraus, als könnte sie es nicht glauben. »Da fahren doch gerade alle hin. Kriegst du eigentlich gar nichts mit?«
    Tatsächlich fahren gerade zwei Jungen auf ihren Fahrrädern in die Richtung, in die Karlotta gezeigt hat. Und Lukas erinnert sich jetzt auch, dass während seines Telefonats noch andere vorbeigekommen sind. Ein alter Mann mit seinem Rollator. Irgendjemand mit einem Hund. Eine Familie, die ihm gerade noch zugewunken hat. Aber er hat gedacht, dass sie wahrscheinlich einen Sonntagsspaziergang machen. Klar, es ist ja auch Sonntag!
    »Noch mal ganz langsam«, sagt er zu Karlotta. »Was weißt du, was ich nicht weiß?«
    »Mama ist auch da.«
    »Moment, ich denke, Mama ist bei … Leonies Mama, hast du das nicht vorhin gesagt?«
    Karlotta zuckt mit der Schulter. »War sie ja auch. Aber nur, um sie abzuholen. Ich hab nämlich alles gehört, was sie am Telefon gesagt hat. Alle Mamas aus der Gruppe sind jetzt da!« Sie zeigt wieder in die Richtung, in der die Hauptstraße aus dem Dorf heraus führt.
    »Du meinst, alle Mamas aus der Selbsthilfegruppe?«, fragt Lukas, um endlich zu verstehen.
    »Sag ich doch! Sie machen nämlich eine Blockierung oder so was. Weil Leonie gestorben ist. Und weil das blöde Werk da schuld ist.«
    »Du meinst …« Lukas fällt es plötzlich wie Schuppen von den Augen. Am Ende der Straße, gleich hinter dem Ort, ist die Abzweigung zum AKW . »Sie machen eine Blockade an der Straße zum AKW ?«
    »Eine Demo… Demonsdingsda«, nickt Karlotta. »Und da will ich hin!«
    »Eine Demonstration?«, fragt Lukas noch mal. »Sie blockieren die Straße und …«
    Karlotta nickt, fasst eifrig nach seiner Hand und zieht ihn mit sich.

Acht
    Sie sehen die kleine Gruppe von Leuten schon, als sie um die Kurve am Ortsende kommen. Vielleicht fünfzehn oder zwanzig Menschen, die mitten auf der Zufahrt zum AKW stehen. Am Straßenrand parken ein paar

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