Stoerfall in Reaktor 1
stellen. Aber zumindest in der Schule hatte sich die Geschichte schnell rumgesprochen und Jannik musste für ein paar Monate den Spitznamen »Kameradenschwein« über sich ergehen lassen. Deshalb ist auch klar, worauf Hannah jetzt anspielt – dass nicht sicher ist, ob sie sich wirklich auf Jannik verlassen können!
»Ich kann auch wieder gehen, wenn es dir nicht passt«, sagt Jannik.
»Und?«, fragt Hannah, setzt sich auf ihren Schreibtischstuhl und zuckt mit den Schultern, als sei es ihr egal. Oder als würde sie erwarten, dass er tatsächlich geht.
»O Mann«, stöhnt Jannik und wirft Lukas einen hilflosen Blick zu.
»Jannik hat was, was dich interessieren wird«, sagt Lukas einlenkend. »Und er weiß, worauf er sich einlässt. Wir haben auf dem Weg hierher darüber geredet.«
»Hoffentlich laut genug, damit euch alle gut hören konnten«, stichelt Hannah noch mal, aber als Lukas Jannik mit einer Kopfbewegung auffordert, ihr die Zeitung zu geben, fragt sie: »Wie jetzt? Soll ich raten, worum es geht, oder kriege ich ein paar Informationen dazu?«
»Okay«, sagt Lukas, »ich fasse mal eben zusammen. Das Blatt ist vom letzten Jahr, ein paar Wochen vor der Wahl zum Bürgermeister …« Er berichtet in groben Zügen, was sie vorhin mit Alex’ Hilfe zusammengetragen haben.
»Alles klar?«, fragt er abschließend. »Das passt doch zu dem, was du mit den Telefonverbindungen rausgekriegt hast, da läuft schon lange irgendein Deal zwischen dem Bürgermeister und dem AKW , so viel ist sicher.«
»Wo habt ihr die Zeitung her?«, fragt Hannah. Sie klingt jetzt hellwach und konzentriert, als würde sie gerade die einzelnen Puzzleteile in ihrem Kopf zusammensetzen.
»Alex«, antwortet Jannik. »Aber er ist draußen. Er hat Schiss, dass sein Vater irgendwie zu sehr in der ganzen Sache mit drinhängt.«
»Das geht mir mit meinem Vater genauso«, sagt Hannah achselzuckend, als wäre das Thema damit erledigt. Sie klickt den Computer an. »Ich habe mal drei verschiedene Dateien angelegt mit den Sachen, die ich inzwischen habe. War ein bisschen kompliziert, viel technischer Kram, bei dem ich auch nicht durchblicke. Und ein paar kleine Schweinereien, die sie sich so während der Arbeitszeit hin und her schieben, vor allem in der Verwaltung, bei deinem Vater …« Sie boxt Lukas mit dem Ellbogen in die Seite und kichert. »Kennst du die Personalleiterin, die sie da haben? Echt hart drauf, die Frau, was die so rausschickt! Vor allem an zwei Typen, mit denen sie was hat, glaube ich, ein Ingenieur und … nein, nicht dein Vater, keine Panik, Lukas. Dein Vater macht zwischendurch nur ein bisschen Online-Poker, sonst nichts. Der andere Typ ist der Leiter der Kantine oder so was. Sie treffen sich regelmäßig in der Mittagspause in seinem Büro für einen Quickie, ziemlich eindeutig, und danach schreibt sie dann dem Ingenieur, dass sie es kaum erwarten kann, ihm mal wieder den Brennstab zu polieren. Echt, ungelogen, und was der dann zurückschreibt, erzähl ich euch gar nicht erst, aber hier, das ist es …« Sie zeigt auf den Monitor. Lukas sieht, dass sie eine Reihe von E-Mails kopiert hat. Jede Menge re: und re:re: und jeweils mit pdf-Anhängen. »Also passt auf, hier geht’s um Kostenvoranschläge für ein neues Rohrleitungssystem, über das sie ihr verbrauchtes Kühlwasser in den Fluss leiten. Anscheinend haben sie da irgendwelche Materialrisse gehabt, die bei einer Überprüfung vom TÜV beanstandet worden sind, deshalb sollte das System ausgetauscht werden. Drei Kostenvoranschläge von verschiedenen Firmen mit ziemlich großen Unterschieden, die vor allem mit dem Material zu tun haben. Das ist in den Anhängen von der einen Firma genau aufgelistet, sogar mit TÜV -Gutachten dazu, aber den Zuschlag hat die Firma gekriegt …«
»… die am günstigsten war, logisch«, vollendet Lukas den Satz.
»Und die keine Angaben zum Material gemacht hat«, redet Hannah unbeirrt weiter, »einfach nur einen Pauschalpreis. Aber es kommt noch besser: Bei ihrem ersten Kostenvoranschlag war genau diese Firma nämlich noch teurer, und dann haben sie ein zweites Angebot nachgereicht, aber erst nachdem die Frist für die Angebote eigentlich schon abgelaufen war – das heißt, sie haben eindeutig getrickst!«
»Jemand aus dem Werk hat ihnen die Information zugespielt, wie hoch die anderen Firmen lagen«, sagt Jannik. »Hammer!«
»Genau, und damit konnten sie die günstigste Firma einfach noch mal unterbieten! Ach so«, setzt Hannah dann
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