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Stolen Mortality

Stolen Mortality

Titel: Stolen Mortality Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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er den Kopf und ließ sich auf die Fersen nieder. „Ta… Tante Holly?“
    „Höchstpersönlich, mein Bester.“ Seine Tante schien sogleich zufrieden. „Endlich bist du wieder da.“ Sie zerzauste ihm erleichtert die Haare und strich sich ihre eigenen aus der verschwitzen Stirn. Er hätte schwören können, dass die silbergrauen Strähnchen mehr geworden waren.
    „Jesses, das war aufregend. Ich fürchte, ich werde zu alt für solche Aktionen. Junias, hast du eine Ahnung, was für eine Kraft du hast?“
    Er zuckte schlapp mit den Schultern, weil jede Antwort blöd geklungen hätte. Er hatte nicht wirklich gegen seine Tante Holly gekämpft, oder? Wurde er jetzt toll? Sein Blick fiel auf den Bewusstlosen, der von dem zweiten Mann – Onkel Mike, wie er endlich erkannte – über den Boden geschleift wurde. „Ist er okay? Hab ich ihm was getan?“
    Onkel Mike winkte ab. „Nur das Übliche, wir haben aufgepasst. Dem geht es bald wieder gut. Hast uns einen ganz schönen Schrecken eingejagt, June.“
    „Aye, das kann man wohl sagen.“ Tante Holly stand auf und trat zu ihrem Mann. Mühelos hob die ältere Dame den bewusstlosen Menschen auf ihre Arme und trug ihn hinaus. Eine Aktion, die Onkel Mike, der kein Kienshi war, ungleich schwerergefallen wäre. Aber es hätte nicht ganz so albern ausgesehen. Er konnte nicht anders , als ihr nachzustarren, wie sie schwer beladen in ihrem Alte-Damen-Watschelgang hinausging .
    „Holly kommt gleich zu dir“, sagte Mike mit beruhigender Stimme. „Ich bringe den Mann an einen sicheren Ort.“
    Junias blieb in dem altmodisch eingerichteten Wohnzimmer vor der mit blank gescheuertem Samt bezogenen Couch auf dem Fußboden zurück. Er rieb sich mit den Händen übers Gesicht. Seine Haut war taub und kribbelte zugleich, als wäre sein kompletter Körper eingeschlafen. Er fühlte sich alles andere als gestärkt. Die Rippen taten ihm weh, der Kiefer noch mehr und überall pochte es. Das Gefühl warf in seinen Knochen Echos, so, als wären sie hohl. Neben ihm auf dem Boden lag ein rotbraun verschmierter Waschlappen, der aussah, als hätte man ihm damit das Blut aus dem Gesicht gewaschen.
    Mit einem schwerfälligen Seufzen ließ er sich auf den Rücken sinken und starrte den Kronleuchter an der Decke an. Onkel Mike hatte recht gehabt, sie hatten ihn wirklich nicht viel Prana nehmen lassen. Er brannte nach mehr und er war unendlich froh, dass sein Onkel ihm nicht zu nahe gekommen war.
    Was war denn überhaupt geschehen? Nur langsam und bruchstückhaft kamen die Erinnerungen zurück.
    Die Entführung. Er hatte Magnus angegriffen. War übel verdroschen worden. Amy!
    „Scheiße, die haben Amy!“ Keuchend kam er auf die Füße. Seine Tante betrat das Wohnzimmer, drückte ihn sanft aufs Sofa und setzte sich neben ihn.
    „Ganz ruhig, Junias.“ Tröstend streichelte sie seinen Rücken. „Ich weiß noch nicht recht , was passiert ist, aber ich soll dir sagen, dass dein Mädchen wohlauf ist und“, sie warf einen Blick auf die Uhr, „inzwischen auch schon längst daheim.“ Sie schmunzelte über Junias verunsicherten Blick. „Ein Angestellter des Obersten Senators höchstpersönlich hat dich hergebracht und alles erzählt. Die besten Genesungswünsche soll ich ausrichten.“
    „Alles?“ Junias Kopf wollte noch nicht mitdenken, aber dass alles gelogen sein musste, war klar. Ansonsten hätte seine warmherzige, liebe Tante mit den gemütlich wirkenden breiten Hüften, dem Angestellten ohne mit der Wimper zu zucken den Kopf abgerissen und die sterblichen Überreste zu Fleischsalat verarbeitet.
    „Dass ihr einen Unfall hattet“, erklärte Tante Holly geduldig. „Mit deiner Maschine. Ich hab dir immer gesagt, dass diese Motorräder nicht ungefährlich sind. Aber dem Mädchen ist zum Glück nichts passiert und deine Blessuren werden sehr schnell heilen.“ Sie zwinkerte, dann wurde ihr Gesicht kritisch. „Du bist also ohne Sturzhelm gefahren, soso.“
    Junias zog missmutig den Mund schief, unsicher, was er Tante Holly sagen durfte, ohne weitere Probleme zu verursachen. Vielleicht lieber erst mal gar nichts. Holly galt nicht umsonst als unberechenbar, wenn es um das Wohl ihrer beiden Neffen ging. Und Wahrheit wurde ohnehin überbewertet.
    „Ach ja, der Unfall“, gab er schwach als Antwort. „Den Helm hab ich wohl vergessen.“
    Tante Holly schnalzte mit der Zunge. „Lass es dir eine Lehre sein.“ Schnell wurde ihre Miene wieder weich und fürsorglich. Tadel war bei ihr meist nur Show.

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