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Stolen Mortality

Stolen Mortality

Titel: Stolen Mortality Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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ganze Nacht WoW zocken würde, und das steckte ihm spätestens am nächsten Morgen in allen Knochen. Daher warf er sich auf sein Bett und griff darunter, zog aus dem Chaos von Wäsche, leeren und halb vollen Getränkeflaschen und jeder Menge sonstigem Mist sein Tagebuch heraus. Der Abend war so gut gewesen, dass er eine Erwähnung verdiente.
    Ohne Licht zu benötigen, schlug er das Deckblatt des Buchs auf und las die erste Eintragung: die Notiz seines Bruders.
    15.Dezember 2007
    Alles Gute zum Geburtstag, June!
    Sechzehn! – Sag mal, warst du nicht gestern noch acht?
    Ich wünschte, ich könnte dein blödes Gesicht jetzt sehen. Vermutlich bist du stinksauer, ein Tagebuch zum Geburtstag zu bekommen, was?
    Ich möchte trotzdem, dass du es nutzt und hin und wieder die Dinge einträgst, die dich beschäftigen. Tu mir einfach den Gefallen, tu es für mich. In wenigen Jahren wirst du verstehen, warum es mir so wichtig war, dass du jetzt ein paar Erinnerungen an diese Zeit festhältst. Glaub mir, deinem alten, weisen Bruder.
    J.
    PS: Dein Geschenk steht im Schuppen, Schlüssel steckt.

    Jamian hatte recht behalten. Junias verstand inzwischen sehr gut. Nur mit der Zeitspanne hatte er sich geirrt, aber wie hätte Jamian auch ahnen sollen, dass man die hohen Gesetze für Junias außer Kraft setzen, und ihn schon mit sechzehn zu einem Kienshi machen würde ? Solange man nicht medikamentös nachhalf – was vor der Volljährigkeit normalerweise nicht rechtens war -, setzte die Wandlung erst mit frühestens zwanzig Jahren ein. Als Jamie die Worte geschrieben hatte, musste er annehmen, Junias würde noch mindestens zwei Jahre lang ein stinknormaler Teenager bleiben. Zwei Jahre, an die er sich erinnern sollte, wenn er erst ein Wächter war.
    Junias kannte den Grund. Er hatte Jamians Veränderungen miterlebt, auch wenn er damals noch nicht ahnte, was seinen Bruder so aus der Bahn geworfen hatte. Mit dem Tod des Vaters war aus dem unbekümmerten Sonnyboy der Schule, der sich die Nächte mit Partys und schönen Mädchen um die Ohren geschlagen hatte, nicht nur eine Waise, sondern in erster Linie ein Wächter geworden. Verantwortlich für die nächtliche Sicherheit einer Stadt, in der es von Vampiren nur so wimmelte. Und verantwortlich für seinen damals nicht einmal fünfzehn Jahre alten Bruder, der von alldem keinen Schimmer hatte. Natürlich hatte Junias jede Veränderung an Jamian damals auf den Mord an ihrem Vater geschoben. Inzwischen wusste er, dass dies nur die halbe Wahrheit war.
    Gedankenverloren blätterte er zu seinem ersten Eintrag, bei dem er versucht hatte, Jamies scharfe, weit ausholende Handschrift zu imitieren. Das Resultat war erbärmlich.
    15.12.07 – Unglaublich! Jetzt soll ich Tagebuch schreiben wie ein Mädchen. Mein Bruder hat wirklich einen Knall! Ich tu ihm den Gefallen, aber nur, weil sein Geschenk mich umgehauen hat. Eine 125er DT, nicht mal drei Jahre alt. Topzustand. Bin nur eine kleine Runde gefahren, hab schließlich erst nächste Woche Fahrprüfung. So was Geiles! Frag mich, wie wir uns das leisten können. Jamian muss heimlich gespart haben. Aber er wird schon wissen, was im Rahmen liegt.

    Junias musste lächeln, als er sich an seinen letzten Geburtstag erinnerte. Er überflog ein paar Einträge, die alle weit weniger euphorisch waren. Überwiegend bedeutungsloses Gejammer, wer ihn nervte, dass Heather Kalms ihn mal wieder verspottet, oder – noch schlimmer – ignoriert hatte. Bei einem Eintrag aus dem Frühjahr verharrte er.

    0 2.03.08 – Hab was Abgefahrenes geträumt. Abgefahren, weil es so real war. Jamie ist gestern wie fast jeden Abend zu seiner komischen Freundin gefahren. Ich würde die Braut gern mal sehen, muss so was sein wie Quasimodos Schwester. Oder warum bekommt man sie nie zu Gesicht? Jamie hat sie noch nicht mit nach Hause gebracht, er fährt immer erst abends zu ihr und kommt spät nachts völlig erledigt wieder. Ob er sie nur im Dunkeln erträgt? Aber hätte Jamie dann Sinead für sie sitzen gelassen? Kaum fuhr er nicht mehr jede Nacht zu Sinead, fuhr er zu der Neuen. Ich weiß nicht mal, wie sie heißt.
    Letzte Nacht wurde es spät, ich hab schon geschlafen. Im Traum bin ich aufgewacht und sah Jamian im Flur – aber wie! Er hatte das ganze Gesicht aufgerissen, wie von der Pranke einer Raubkatze. War wie in ’ nem Horrorfilm, man konnte am Kinn bis auf den Knochen sehen. Jamie hat mich am Arm gepackt, und plötzlich glühten seine Augen im Dunkeln wie diese

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