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Stolen Mortality

Stolen Mortality

Titel: Stolen Mortality Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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wenn man schon weitestgehend unsterblich sein musste, brauchte man sich darum wohl keine Sorgen zu machen. Nur um den Mini hätte es ihm leidgetan.
    Das Haus lag still vor ihm, Junias schlief vermutlich. Jamian mühte sich ab, die Tür leise aufzuschließen und schlich in sein Zimmer. Das Bad würde bis morgen warten müssen, er wollte Junias nicht durch das Rauschen der Wasserrohre wecken. Dies war nur einer der Nachteile der überempfindlichen Sinne: D er Schlaf war enorm störanfällig und das, obwohl man als schulpflichtiger Wächter ohnehin zu wenig davon bekam. Jamian konnte sich noch gut erinnern, wie oft er sich völlig übernächtigt zur Schule geschleppt hatte. Er war heilfroh gewesen, als er seinen Abschluss hatte und sich danach – unter dem Deckmäntelchen eines fiktiven Buchhalterjobs in einer Scheinfirma der Kienshi – ganz seiner Aufgabe als Wächter hatte widmen können. Keiner seiner alten Kumpels kaufte ihm die Buchhaltersache ab. In ihren Augen machte er sich ein laues Leben und verprasste das Erbe seines Vaters. Blöd nur, dass es da nichts zu verprassen gab. Dad war kein Unsterblicher gewesen, aber er hatte sich zweifelsohne für einen gehalten und ernste Gefahren sein Leben lang nicht für voll genommen. Vielleicht war ihm sein möglicher Tod egal gewesen – im Jenseits hatte seine Frau schon fast fünfzehn Jahre auf ihn warten müssen.
    Jamian zog sich aus, warf seine Kleider in eine Zimmerecke und ließ sich in Shorts aufs Bett sinken. Konzentriert lauschte er auf die ihm so vertrauten Geräusche der Nacht. In seinem Kopf dröhnten die Gedanken dagegen an. Er griff nach seinem MP3-Player und wählte einen Song aus. Die Musik machte es nur schlimmer und ließ seine Arme brennen vom unstillbaren Bedürfnis, sein Schlagzeug zu verdreschen. Seufzend schaltete er den Player wieder aus und gestand sich ein, dass er sein Inneres vor jedem verbergen konnte, aber wohl kaum vor sich selbst.
    Leugnen war zwecklos, in seinem Kopf war kein Platz für etwas anderes als dieses verfluchte Vampirmädchen und ihren gefährlichen Kuss, der so harmlos nach Kirschkaugummi geschmeckt hatte. Was wollte sie von ihm? Sein Blut wollte sie. Das ergab keinen Sinn. Einen Wächter zu beißen war das Dümmste, was ein Vampir tun konnte. Jeder andere hätte ihr ein Dutzend Jäger hinterhergeschickt . Ach, jeder andere hätte seine Chance genutzt und sie augenblicklich selbst vernichtet. Die Kraft eines mächtigen Vampirs ließ man sich nicht entgehen, wenn man ihn einmal zwischen den Fingern hatte. Er hatte gespürt, wie stark ihre Energie in ihn hineingeschossen war. Ein kurzes, heftiges Feuerwerk in den Farben ihrer Augen. Doch statt mehr davon zu wollen, war er vor ihrer Furcht zurückgeschreckt. Ihre Angst hatte ihn berührt, ihn beschämt und dazu geführt, dass sich der stolzeste Teil von ihm tief in seinem Inneren zusammenkrümmte. Am liebsten hätte er sie an sich gedrückt und …
    Wütend hieb er mit der Faust auf die Matratze, die den Schlag fast lautlos schluckte. Wie konnte er schon wieder so blöd sein? Ihm war klar, was passiert wäre, wenn er sie wirklich getröstet hätte. Sie hätte ihn um einige Liter Blut erleichtert. Die Vorstellung, von einer humanoiden Mücke ausgesaugt zu werden, war entgegen aller fantastischen Romantik nicht sehr erregend, da mochte Laine noch so schöne Augen haben.
    Stärker als Wut oder Abscheu piesackte ihn die Enttäuschung. Fast konnte er noch ihre Berührungen aus der letzten Nacht auf seinem Gesicht spüren. Es hatte sich gut angefühlt. Gefährlich – aber auf eine Art, die keine Bedrohung versprach, sondern angenehmen Nervenkitzel. Gleichzeitig beunruhigend und beschützend, auch wenn das im Widerstand zueinander stehen mochte. Ich bin gefährlich – aber dir tue ich nicht weh, hatten ihre Berührungen gesagt.
    Das Gefühl, das ihre Finger diese Nacht verursacht hatten, war ein anderes gewesen. Reines Kalkül. Die Berechnung hatte ihr in den Augen gestanden, in diesen außergewöhnlichen Augen. Die Farbe hätte er zuvor kaum erraten können, eine solche Farbe hatte er noch nie gesehen, weder bei einem Vampir noch Kienshi oder Menschen. Der innere Ring ihrer Iris war ein sattes Gelb, fast golden; weiter nach außen hin schillerten sie in gezackten Übergängen über ein helles, bis hin zu einem sehr dunklen Grün.
    Er musste es sich als persönliches Glück eingestehen, dass diese seltsamen großen Augen ihm – im Gegensatz zum Rest der Frau – die Wahrheit gesagt

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