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Stolen Mortality

Stolen Mortality

Titel: Stolen Mortality Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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zu ärgern.
    Was machte sie überhaupt noch hier, außer sich selbst zum Narren?
    Erschöpft von ihren Zweifeln ließ sie sich aufs Bett fallen. Der Geruch von etlichen Menschen wurde von ihrem Gewicht aus der Matratze gepresst. Sie schluckte schwer gegen einen Würgereiz an. Der überkam sie immer, wenn sie ungepflegte Menschen riechen musste, auch wenn ihr Magen natürlich nichts hergab. Sie war vermutlich der einzige Vampir der Welt, der einen empfindlichen Magen hatte. Nervosität machte es besonders schlimm. Und nervös war sie, daran gab es nichts zu rütteln, so sehr sie auch zu rütteln versuchte.
    Es war ihr nicht mehr möglich, in die Staaten oder sonst wo hinzufliegen , bevor sie Jamian nicht wenigstens gewarnt hatte. Wie hatte sie sich einbilden können, dass es damit getan war, ihn nicht zur Strecke zu bringen? Würde sie sich besser fühlen, wenn sie das Messer, an das sie ihn geliefert hatte, nicht selbst führte? Nein. Sie mochte sich vieles vormachen können, aber das nicht länger. Wenn Jonathan ihn fand, war es ihre Schuld; eine Schuld, die viel zu kalt, zu schwer und zu ewig war, als dass sie sie hätte tragen können.
    Etliche Male hatte sie Jamians Nummer eingetippt, die Verbindung dann aber gar nicht erst entstehen lassen. Was sollte sie ihm am Telefon schon sagen? Ach, Herzchen, pass auf dich auf, denn ein Vampir wird dich töten? Sie hasste es , zu telefonieren – vor allem mit Mobiltelefonen – , wie sie so vieles hasste, was sich nicht umgehen ließ. Nein, sie würde persönlich mit ihm sprechen müssen. Sie wollte es ihm ins Gesicht sagen, ihm dabei in die Augen sehen. Das war sie ihm schuldig. Sie wollte … Zut alors, sie wollte ihn sehen.
    Und dann? Sie fragte sich, was die logische Konsequenz ihrer Anwesenheit sein würde. Jamian zu helfen? Gegen Jonathan?
    Das war lächerlich. Zum Scheitern verurteilt. Dumm! Und doch alles, was ihr Instinkt von ihr verlangte. Wenn sie erst bei ihm war, gab es keine Alternative mehr, egal , wie hoch der Preis sein würde.
    Zum sicher hundertsten Mal zog sie den Vorhang ein winziges Stückchen zurück und lugte in den Himmel, der wie ein graues Stück Wäsche im Wind über den Häusern der Stadt hing. Die Wolkendecke schien inzwischen samtig und dicht; sie bildete einen sicheren Schutz vor den Strahlen der Sonne. Und dennoch – das Auge war da und suchte nach ihr. Laine nahm ihren Muschelanhänger zur Beruhigung zwischen die Lippen und warf einen Blick auf die Armbanduhr. Vier Uhr nachmittags. Sie könnte sich jetzt auf den Weg machen. Wenn sie sich beeilte und den kürzesten Weg durch die Wälder nahm – wo sie vor möglichen Sonnenstrahlen Schutz fand, sollte der Himmel aufreißen –, wäre sie zur Abenddämmerung in Glen Mertha. Sich so unvorsichtig der Sonne auszuliefern, war nicht ihre Art. Für gewöhnlich verhielt sie sich achtsamer, und das aus gutem Grund. In diesem Land, in dem das Wetter so schnell umschlagen konnte wie die Stimmung eines gewissen Wächters, war besondere Vorsicht angebracht.
    D ieser schreckliche Tag hatte sie genug Nerven gekostet. Sie wollte los, musste jetzt Risiken eingehen und Vorsicht aufgeben, wenn sie ihren Verstand behalten wollte.
    Einen Moment später steckte sie in ihrer Windjacke, deren große Kapuze zusätzlichen Schutz vor der Sonne bieten würde. Der Rucksack mit ihren wichtigen Habseligkeiten war geschultert und die Sonnenbrille auf der Nase. Perfektes Touristenoutfit , selbst die unangemessenen Stiefel passten dazu. Als sie aus dem Hotel trat und der Wind ihr in die Haare fuhr, fühlte sie sich von Zuversicht gestreift.
    Sie hatte sich getäuscht. Sie hatte geglaubt, Jamian hätte Jonathan nichts entgegenzusetzen. Aber dem war nicht so. Er hatte ihm sehr wohl etwas entgegenzusetzen . Jamian hatte immerhin, und ohne es zu wissen, Jonathans schärfste Waffe an seiner Seite. Laine.
    *
    Junias schlug drei Kreuze, als gegen Abend Zeit war, das Haus zu verlassen. Jamian war ein nervliches Wrack und ging ihm schon den ganzen Tag lang auf den Keks. Das Schlimmste war, dass er ihm nicht sagen wollte, was er eigentlich für ein Problem hatte. Sinead musste ihn fürchterlich geärgert haben, aber Jamian weigerte sich beharrlich, ihm zu sagen, worum es ging.
    „Ach, dann behalt es doch für dich“, hatte Junias irgendwann gebrüllt. „Aber dann reiß dich auch zusammen und hör das Rumblöken auf. Geh doch und popp ein Schaf, wenn du solchen Druck hast, aber nerv mich nicht mit deiner Frustfresse! Du benimmst

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