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Stolen Mortality

Stolen Mortality

Titel: Stolen Mortality Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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Über Amys Gesicht glitt ein Schatten aus Schwermut. „Nun ja, ist vielleicht besser so. Irgendwann hätte man den ganzen See nach ihr durchkämmt. Stell dir vor, sie hätten sie gefunden und in ein Aquarium gesperrt. Nein, von manchen Dingen sollten wir Menschen lieber nicht zu viel erfahren.“ Sie schloss die Augen und flüsterte: „Deagh dhùrachd, Nessie!“
    Ohne ein Wort zu verstehen , wusste Junias, dass es eine Art Abschiedsgruß war. Er schauderte. Wie er darauf kam, war ihm unklar, aber er ahnte, dass er gekommen war – der Moment.
    „Wenn sie Nessie erwischt hätten, läge sie jetzt sicher in Formaldehyd.“ Jetzt, du Trottel! Sag ’s ihr jetzt. Einen besseren Augenblick würde er nicht bekommen. „Es gibt so einiges, das lieber niemand wissen sollte.“
    Amy warf ihm einen Blick zu und registrierte seine ernste Miene sofort. „Was meinst du?“
    „Amy, ich …“ Junias musste sich räuspern, ehe er weiterstammeln konnte. „Es gibt da etwas, das du wissen solltest. Wissen musst . Leider.“ Er war froh, dass er den Helm hatte. Fest krallte er seine Finger um den Kinnriemen, um das Zittern seiner Hände zu verbergen. Amy wirkte neugierig gespannt, aber auch ein wenig unsicher.
    „Was neulich bei Brian passiert ist …“
    „Erfährt niemand!“, stellte sie sofort klar. „Glaubst du, ich würde dich verraten? Was denkst du denn von mir?“
    Er spürte ihren Blick, fühlte sich unfähig, ihn zu erwidern und betrachtete das Gras zu seinen Füßen. „Du hast meine Augen gesehen, richtig? Das Glühen.“
    „Ich … Oh, mein Gott. Ich dachte …“
    „Nein“, sagte er , so fest er konnte. „Es war keine Einbildung und auch keine Lichtreflexion. Wenn Gibbs manchmal sagt, ich wäre ein Freak, dann trifft er damit voll ins Schwarze.“ Junias lächelte bemüht und Amy erwiderte es unstet.
    „Und was bedeutet das? Was war mit deinen Augen? Hast du ihn hypnotisiert oder so was ?“
    „Nah dran. Aber nicht nur.“ Die Luft wurde ihm zu dünn, er atmete zischend durch die Zähne ein und sprach weiter, ohne seinen Kiefer entspannen zu können. „Ich habe gewisse körperliche Kräfte. Anormale Kräfte. Nicht mit physikalischen Gesetzen zu erklären.“
    „Wusste ich ’s doch“, rief Amy, es klang fast anklagend, aber nicht halb so verwirrt, wie er gedacht hätte. „Ich hab es mir denken können, so, wie du Brian an die Wand getackert hast.“
    „Du glaubst mir das einfach so?“ Das wiederum glaubte er nicht.
    „Ich hab ’s gesehen, oder? Ich wusste es schon.“
    „Es macht dir keine Angst?“
    „Du hast mir doch geholfen.“
    „Aber … irritiert dich das nicht? Kein bisschen?“
    „Schon“, gab sie zu, rupfte ein Blatt von einem Haselstrauch und zerpflückte es langsam in kleine Teilchen. „Aber so sehr dann auch wieder nicht.“
    „Auch nicht, wenn es keine logische Erklärung dafür gibt? Wenn es nach den Naturgesetzen eigentlich nicht möglich wäre?“
    „Junias, nach den Gesetzen der Natur, dürften Hummeln nicht in der Lage sein, zu fliegen. Aber soll ich dir was sagen? Sie tun es trotzdem. Ich hab es hundertmal gesehen.“
    Junias schüttelte den Kopf. Sie tat doch jetzt nur so, oder? Sie würde es nicht wirklich so locker sehen, wenn er ihr jetzt erzählte, was er war.
    „Ich komme aus der Nähe von Kinbrace, weißt du?“ Amy pflückte ein Gänseblümchen und strich sich damit gedankenverloren über die Wange. „Das ist schottischstes Hochland, wo sie dem kleinen Volk heute noch gezuckerte Milch und Brot vor die Haustür stellen. Du glaubst nicht, was man da alles für real verkauft bekommt, zumal ich meine Kindheit fast ausschließlich bei meinen Großeltern verbracht habe, die sehr abergläubisch sind. Hexen, Feen, Nymphen, Sluags, Selkies.“ Sie deutete über den See. „Seeungeheuer natürlich auch. Das war jahrelang mein Alltag. Für meine Nan, meine Oma, waren die alten Bücher über Fabelwesen so echt wie die Zeitung am Morgen. Nein.“ Sie verbesserte sich. „Sogar noch realer. Was in der Zeitung stand, hat sie oft mit ‚ So was kann es doch gar nicht geben ‘ kommentiert. Aber sie hätte nicht mal mit der Wimper gezuckt, wenn vor ihren Augen ein schönes Pferd aus dem nächsten Gewässer gekommen wäre und sich in einen Mann verwandelt hätte.“ Ein versonnenes Lächeln schlich sich in ihr Gesicht. „Sie hat immer behauptet, irgendwann würde ein Wasserpferd kommen , und mich mit in seine Behausung auf dem Grund eines Sees holen. Im Gegensatz zu den meisten

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