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Stollengefuester

Stollengefuester

Titel: Stollengefuester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marijke Schnyder
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trat hinzu, riss die Schiebetür auf und stieg ein.
    Nino hatte ein Schinkenbrot in der Hand und kaute heftig.
    »Unsere Nachbarin hat sich beschwert, diese Schnepfe! Sie findet die Tür zu lärmig. Sie war schon beim Platzwart.«
    Er schluckte den großen Bissen herunter. »Wir wollen keine Probleme, oder? Es ist besser, über die Beifahrerseite einzusteigen. Da kann man die Türe leise zuziehen. Ich habe geübt.«
    »Und wie komme ich dann nach hinten?«
    »Bauch einziehen und zwischen den Sitzen durch. Ganz einfach.«
    Nino hatte das Dach gehoben. Der kleine Ofen lief auf Hochtouren. Es war wunderbar warm.
    »Ich mag’s nicht, wenn man nicht durch die Fenster hinausschauen kann, weil alles angelaufen ist.«
    »Dann ziehen wir die Vorhänge.«
    Nore Brand setzte sich und schaute sich ratlos um. Nino grinste.
    »Das ist nicht so dein Ding, oder?«
    »Es könnte schlimmer sein. Bekomme ich auch ein Sandwich?«
    »Sicher. Du bekommst zum Trost drei Scheiben Schinken.«
    »Und Senf, bitte.«
    »Kaffee?«
    »Gern. Ja. So stark wie möglich.« Nore Brand holte Luft.
    »Nino, ich erzähle dir jetzt das Ende der Geschichte. Für den Fall, dass ich morgen früh nicht erwache, weil ich zu Tode gefroren bin.«
    Nino schnitt die Baguette auseinander, schmierte eine Ladung Senf drauf und klatschte drei dicke Scheiben Vorderschinken hinein.
    »Da! Ein bisschen Energie für die Nacht. So eine wie du stirbt nicht wegen ein wenig Kälte.«
    Er schraubte die Espressomaschine auf, schüttete Wasser hinein und drückte Kaffeepulver in den kleinen Behälter. »So, das sollte genügen. Und mit dem Gas geht das flott.« Er lehnte sich zurück. »Ich liebe diesen Gasgeruch! Ferienduft! Abenteuer und Freiheit!«
    Nore Brand schüttelte sich.
    Nino lachte. »Ich weiß, das ist nichts für dich.«
    »Für mich ist das hier Höchststrafe.«
    »Du wirst es überleben. Aber zurück zu unserem Fall. Wie viele Enden gibt es denn zu dieser Geschichte?«
    »Zwei. Ein offizielles und ein geheimes.«
    »Hat dir der See die Erlaubnis gegeben zu reden?«
    »Mach keine dummen Witze.«
    »Om.« Nino Zoppa zuckte die Schultern. »Es hat sich eben so angefühlt. Man weiß ja nie.«
     
    Als sie mit ihrem Bericht zu Ende war, begann die Espressomaschine zu fauchen. Er drehte das Gas zu und füllte ihre Becher.
    »Scheibenkleister! Warum erstaunt mich das nicht wirklich? Die rote Klara hat also alle an der Nase herumgeführt. Und du hast geschwiegen.«
    »Ich war mir sicher, dass es keine Rolle mehr spielt. Hoffte es jedenfalls. Dann habe ich es verdrängt. Aber es fiel mir nie schwer zu schweigen.«
    Nino schaute sie von der Seite an.
    »So ein Shit. Aber ich hätte das vielleicht auch getan«, sagte er. »Es war doch eine schöne Geschichte, oder? Wie ein Märchen. Es hätte ja sein können.«
    Er begann, mit dem Zeigefinger Tännchen auf die angelaufenen Fensterscheiben zu malen. »Ein Märchen aus dem dunklen Tannenwald. Aber wo ist der böse Wolf? Es gibt doch immer einen bösen Wolf.«
    »Ja, den hatte ich für eine Weile vergessen.«
    Nino Zoppa malte eine kartoffelartige Figur, die auf vier krummen Strichen stand. »So, das ist er. Der böse Wolf. Aber bevor wir unseren Freund vom Flugplatz besuchen, gibt’s noch eine letzte Tasse Kaffee.«
    »Die letzte Tasse Kaffee. So dramatisch?«
    Nore Brand lachte wieder.
    »Jetzt wird die Sache noch ein bisschen happiger, oder?«
    Sie nickte widerwillig. »Was wir letztes Jahr hier gemacht haben, war Routine. Jetzt habe ich nicht die geringste Ahnung, wie es weitergeht, aber ich habe ein verdammt unangenehmes Gefühl.«
    »Es geht also weder um den schweizerischen noch um den russischen Nachrichtendienst?«
    Nore Brand schaute ihn zweifelnd an. »Ich vermute, dass jemand das Projekt unterlaufen hat. Da hat sich einer hinter der Geheimdienstmaske versteckt und einige Stellen lahmgelegt.«
    Nino hielt ein brennendes Streichholz vor seine Augen.
    »Unseren Chef zum Beispiel. Der sich für eine große Leuchte hält«, sagte er sehr ernst.
    »Zum Beispiel.«
    Die Flamme schlug ihren blauen Kreis.
    »Da hockt irgendwo jemand und schaut uns zu.«
    »Vielleicht, ja.«
    »Und wo ist er?«
    »Schon bald immer dort, wo wir sind.«
    »Musstest du das sagen? Jetzt, wo es so dunkel ist draußen?«
    Nino Zoppa versuchte, durch das Fenster hinauszuschauen. Aber er sah nur sein Spiegelbild.
    Er drehte sich wieder zu Nore Brand. »Wir beginnen also wieder von vorne?«
    »Von vorne?«, wiederholte sie langsam. »Nein, nicht

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