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Stollengefuester

Stollengefuester

Titel: Stollengefuester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marijke Schnyder
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herumkroch!
    Sie bückte sich und suchte den Boden nach frischen Spuren ab. Nichts. Nichts, was irgendwie anders war. Sie ging weiter. Nichts. Sie tastete den Boden ab und wusste nicht, wonach sie suchte.
    Diese Kisten würden bis in alle Ewigkeit hier herumstehen. In irgendeiner späteren Phase der Erdzeit, wenn die Alpen flach waren, nur Geröll und Sand, wie die zerkrümelten Wüsten in Westaustralien, dann würde irgendein aufmerksamer Wanderer und Forscher sich wundern. Er würde das, was dann noch übrig geblieben war vom Kochgeschirr der Schweizerarmee, aufheben, es betrachten, mit dem Zeigefinger überrascht und erfreut über das eingeprägte Kreuzchen fahren und …
    Sie hielt inne.
    Da, das war kein Mäusedreck! Das waren frische Erdklümpchen! Spuren von Gras! Sie richtete sich auf. Auf der Kiste vor ihr lagen alte Armeedecken. Sie zog sie weg. Sie waren schwer und nass und rochen nach Pferdestall. Die waren nicht absichtslos hingeworfen worden. Diese Decken hatte jemand sorgfältig über die Kiste gelegt.
    »Hene«, rief sie leise, »komm! Wir beginnen hier!«
    Sie hörte die schweren Schritte von Hene Hari hinter sich. Er schnaubte erfreut.
    »Dieses Schatzkästchen also!«
    Er montierte eine Stirnlampe und untersuchte die Verschlüsse der Metallkiste. Dazu pfiff er leise vor sich hin.
    Mit einem lauten Ächzen ließ er sich auf die Knie fallen, öffnete seinen Werkzeugkasten und suchte nach dem geeigneten Material.
    »Auf die Knie und immer schön demütig. Das liebt die Schutzgöttin der Schlosserei. Und dann haben wir das schon bald«, murmelte er zufrieden.
    Nach einer Weile hob er seinen schweren Kopf. »Und jetzt bitte wegschauen. Macht eure Ohren groß und weit für alle Geräusche von außen. Die Taschenlampen braucht ihr nicht dafür. Wenn ihr mir bei meiner Arbeit zuschaut, werdet ihr mit Blindheit geschlagen«, lachte er leise. »Ein freier Schweizer mag es nicht, wenn man ihm auf die Finger schaut, wenn er ungemütlichen Militärgeheimnissen auf die Spur kommt.«
    Nore Brand schaute auf ihn hinunter.
    Hene Hari schien bereits an einigen Schlössern geübt zu haben. Mit oder ohne Erfolg.
    Sie hoffte, mit sehr viel Erfolg.
    Das war genau, was sie jetzt brauchte.
    Sie deutete Nino zu gehorchen und wandte sich ebenfalls ab.
    Sie hörte, wie Hene wieder vor sich hin summte und bastelte. Klirrende, unterschiedlichste metallene Geräusche drangen an ihre Ohren. Hene Hari war dabei, in den Grauzonen der Legalität zu basteln – unter den abgewandten Augen der Polizei.
    Abgesehen von Henes schwerem Atem und den Geräuschen, die seine Werkzeuge verursachten, war es unheimlich still in der Felsenkaverne.
    Schlosserkünstler Hene Hari machte Feinstarbeit. Er war an seinem Meisterstück.
    Mit höchster Konzentration. Nur einmal entwich ihm ein entsetzlicher Fluch.
    Nino lachte leise in der Dunkelheit. Diese Worte waren sofort und für immer auf seiner Festplatte.
    »So!«, sagte Hene plötzlich. Größte Zärtlichkeit lag in seiner Stimme. »Das hätten wir also! Ich liebe diese Schlösser. Eine Herausforderung für den Fachmann. Aber meistens machbar. Jetzt seid ihr dran.«
    Nore Brand machte ihre Taschenlampe an. Die Kiste lag offen vor ihren Augen.
    Hene lehnte sich aufatmend zurück. Er hatte das Schloss geknackt. Der Rest schien ihn nicht zu interessieren.
    Zuoberst lag eine schwarze Decke und darunter ein Durcheinander von größeren und kleineren Metallkästchen, Köfferchen, Schachteln und Täschchen aus Leder und Stoff.
    Sie packte eine Schachtel.
    »Halt mal meine Taschenlampe!«
    Nino ergriff sie rasch und leuchtete eines der Kästchen an. Sie drehte es vorsichtig und untersuchte es genauer.
    Eine Beschriftung an den Seiten. Kyrillische Buchstaben!
    »Hene? Kannst du das öffnen?«
    Hene Hari beugte sich über das Kästchen. »Etwas Neues. Bisschen exotisch, aber gib mal her.«
    Er wühlte in seinem Lederkoffer. »So. Damit sollte das zu machen sein. Diese altmodischen Schmuckkästchen kenne ich doch auch. Nicht, dass ihr jetzt das Falsche denkt. Ich habe nie …«
    »Das ist jetzt egal«, drängte Nore Brand. »Mach einfach.«
    »Egal? Das möchte ich am liebsten schriftlich haben, Frau Kommissarin.«
    Er lachte zufrieden.
    Er riegelte das Schlösschen auf und gab ihr das Kästchen wieder. »Das sind die einfachsten, wenn man weiß, wie«, flüsterte er.
    Sie öffnete das Kästchen. Fünf kleine Blechschachteln lagen drin. Sie griff hinein und öffnete eine davon.
    »Nino, nicht an die Decke

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