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Stollengefuester

Stollengefuester

Titel: Stollengefuester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marijke Schnyder
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geringste Lust, mit diesem Kerl Kontakt aufzunehmen. Telefonieren bringt nichts. Ich müsste ihn schon vor mir haben, aber ich habe jetzt keine Zeit, nach Amsterdam zu reisen. Ich muss hier zum Rechten schauen. Und es gibt einiges aufzuräumen.«
    Sie kniff ihre Augen zusammen und schaute Nore Brand prüfend an.
    »Ich traue ihm einfach nicht, ganz im Unterschied zu Heinrich und zu Klara Ehrsam. Ob er etwa jemanden hergeschickt hat …? Aber nein, der tötet doch seinen Geldgeber nicht! Dieser Kerl erhält immer noch unverschämt viel Geld aus dem Erbe von Klara. Diese Sache will ich endlich vom Tisch haben.«
    Sie machte eine heftige Wischbewegung über den Tisch.
    »Fahren Sie hin, schauen Sie, was dieser Plodowski für ein Kerl ist. Ich wünsche mir nur, dass ich nie mehr Geld auf sein Konto überweisen muss. Ich halte ihn für einen Gauner. Und ich weiß nicht, warum. Leider habe ich mich nicht oft getäuscht in meinem Leben. Ich hatte enorm viel Zeit zum Beobachten und Hinhören. Für Heinrich und Frau Ehrsam hoffe ich, dass er tatsächlich ein feiner Kerl ist. Aber ich will endlich Klarheit! Helfen Sie mir dabei?«
    Das war keine Frage. Das war eine Anordnung.
    Da hatte sich eine ältere Dame gezwungenermaßen in kürzester Zeit, von einem Tag auf den anderen, emanzipiert. Doch sie saß da, als ob es nie anders gewesen wäre. Sie war zur Anwältin geboren.
    Heinrich hatte das gewusst. Aus diesem Grund hatte er sie all die Jahre hindurch ins Vorzimmer verbannt.
    Elvira Merian begleitete ihren Besuch hinaus.
    Nore Brand zuckte zusammen, als sie im Entree plötzlich vor Heinrich Merian stand. Eine Büste aus Gusseisen.
    Elvira fuhr liebevoll über den kalten Kopf. »Er hat ihn selbst in Auftrag gegeben. Vergangenen Sommer. Bei einem befreundeten Künstler. ›In diesen Zeiten braucht das Land Charakterköpfe und wenn sie aus Gusseisen sind‹, sagte dieser Künstler. Heinrich war sehr stolz darauf.«
    Nore Brand schauderte. Der Kopf war ausgezeichnet getroffen. Dieser eiserne Heinrich mit dem durchdringenden Blick. Es hätte sie nicht erstaunt, wenn dieser Eisenkopf ihr plötzlich zugenickt hätte.
    Zurück in Bern, eilte Nore Brand ins Polizeihauptgebäude am Waisenhausplatz.
    Der Tag war bereits dabei, sich zurückzuziehen. Die Temperaturen waren kaum über null Grad gekrochen. Ihr Atem verwandelte sich in der Kälte in kleine Wolken, Sprechblasen ohne Worte.
    Der Weihnachtsmarkt war bereits aufgebaut, hergerichtet und geschmückt mit Massen von Tannästen, Lametta und silbernen Glocken.
    Ein kleiner Bub stand vor einem Stand mit Plüschtieren und gab seiner Begier brüllend Ausdruck. Als er bemerkte, dass er beobachtet wurde, drehte er sich unvermittelt um und streckte ihr die Zunge heraus. Einfach so.
    Sie würde sich den Kleinen als Vorbild nehmen; so unbekümmert ließ sich also der Welt begegnen.
    Auf dem Dach des Holländerturms lag ein Schäumchen Schnee. Und auf allen Dächern, Lukarnen und Kaminen.
    Der Asphalt, auf dem Menschen hin und her eilten, Tramwagen und Taxis sich aneinander vorbeizwängten, war dunkelgrau und nass. Das aufgeregte Klingeln eines Tram drang an ihr Ohr. Sie bemühte sich vergeblich, den Entgegeneilenden auszuweichen. ›Frohe Weihnachten‹ stand in grellem Rot auf einem Transparent. Weihnachten.
    Jetzt ging’s aber los. Geradeaus, im Tempo des gehetzten Affen ab in die Frohe Zeit.
    Auch im Schaufenster des Computerladens. Ein Computerbildschirm verkündete frohe Weihnachten. Plötzlich schoss vom linken Bildrand ein Haifisch heran, schnell wie ein Blitz, und fraß das erste Wort auf. Die nächste Beute war ›Weihnachten‹.
    Doch Nore Brand wartete nicht. Sie hatte eine Überraschung für Nino Zoppa.

Polizist Buchers letzter Auftrag
     
    Bucher schloss sein Büro sehr früh ab an diesem Mittwochabend.
    Bald würde diese Tür für immer geschlossen bleiben. Irgendeiner in Bern hatte Statistiken studiert, Nachforschungen angestellt, Berechnungen vorgenommen und war zum sonderbaren Schluss gekommen, dass hier oben alles bestens sei, dass man sich also den Polizeiposten einsparen könnte.
    Klar! So klar wie trübe Wurstsuppe, dachte Polizist Bucher grimmig. Lauter Unschuldslämmer bevölkern diese Gegend. Warum hatte es so viele Jahrzehnte gedauert, bis einer in der gut geheizten Teppichetage das gemerkt hatte? War das nicht eine himmeltraurige Beleidigung für das ganze obere Simmental?
    Das war doch zum Lachen! Nein, zum Heulen! Oder beides gleichzeitig.
    Er hatte, weiß Gott,

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