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Stollengefuester

Stollengefuester

Titel: Stollengefuester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marijke Schnyder
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genug Arbeit gehabt hier oben. Die letzten Jahre hatte er damit zugebracht, Formulare auszufüllen, mit Vorgesetzten zu telefonieren und zu korrespondieren, nachgefragt, was denn der Sinn dieser Sache sei. Ob die Welt denn wirklich besser würde, wenn er täglich stundenlang Zettel ausfülle.
    Das sei nicht die Frage, hatte man durch die Leitung gebellt. Es gehe um nichts weniger als um Qualitätsarbeit! Man müsse die Qualität der Arbeit überprüfen, hatte man ihm mitgeteilt.
    Bucher hatte sein Leben für gute Arbeit hergegeben und das war kein Witz, gute Arbeit war ihm wichtig gewesen, überhaupt war ihm nichts wichtiger gewesen in seinem ganzen Leben als die Arbeit. Wo er auch war, er hatte seine Arbeit geliebt. Ist es nicht Liebe, wenn man alles hergibt, was man hat?
    Er war pflichtbewusst gewesen, hatte Überstunden gemacht, weil es nicht anders möglich war, wenn man die Sachen richtig erledigen wollte. Und dann, eines schönen Tages, musste man sich von einem parfümierten Schnösel erklären lassen, was Arbeitsqualität sei oder Qualitätsarbeit.
    Er stand mit spitzen Schuhen und lackiertem Haar im Türrahmen, grinste arrogant und fragte, ob Bucher eine Sekunde übrig hätte für ihn. Eine Sekunde? Ja, wenn es denn sein musste. Eine Sekunde oder zwei hatte man doch immer übrig. Oder mehr. Kleinlich war er nie gewesen.
    Als der Kerl nach acht Stunden das Feld geräumt hatte, stand schon wieder ein neuer Computer im Büro. Die Zettel-Ausfüllerei musste nun direkt am Computer erledigt werden. Die Vorgesetzten konnten ihm sozusagen aus der Ferne über die Schulter schauen, was Bucher bis wann erledigt hatte und was nicht. Jeder sah auf einen Blick, was er kapiert hatte und was nicht. Das und nur das allein war das Rezept für viele schlaflose Nächte und andauernde Magenkrämpfe. Wenn denn einer nach diesem Rezept verlangte.
    »Sie werden schon sehen, ein Kinderspiel ist das«, hatte ihm der parfümierte Jüngling erklärt, »erleichtert die Arbeit. Damit sparen Sie sich viele Stunden. Dann bleibt Ihnen endlich genügend Zeit für die richtige Polizeiarbeit.«
    Zuerst hatte Bucher diesem duftenden Kerlchen mit Igelfrisur geglaubt. Schließlich war der frisch ausgebildet. Schien zu wissen, wovon er sprach.
    Doch mit der Zeit verbrachte Bucher seine Tage am Computer. Die richtige Arbeit blieb liegen. Die Folge war, dass man mit argwöhnischen Briefen seine Arbeit anzweifelte und hinterfragte.
    Vor wenigen Tagen hatte er erfahren, dass man seinen Posten schließen würde. Aus finanziellen Gründen habe man das mit seiner Pensionierung orchestriert. So wurde ihm erklärt, per Telefon. Orchestriert? Zu seiner Zeit hat man jemandem schlicht und einfach den Marsch geblasen. Das tat Bucher häufig, leider nur in Gedanken natürlich. Aber in seinen Alpträumen tauchten schmerzhafte Retourkutschen auf.
    Er kurbelte die Storen herunter, nahm einen Schlüssel aus der Tasche und öffnete die unterste Schublade. Vorsichtig nahm er eine Schachtel heraus, öffnete den Deckel und strich mit dem Zeigefinger über den Gipsabdruck.
    Die Kommissarin Brand hatte recht gehabt.
     
    Am Mittwochmorgen war er losgezogen. Richtung Seefluh. Der Wetterbericht hatte Schnee gemeldet. Er kannte den Lieblingsspaziergang des Direktors. Ja, die Seefluh. Er wäre besser allein hingegangen, der Direktor. Auch betrunken musste man sich unglaublich Mühe geben, dort abzustürzen. Doktor Fischer hatte eine Untersuchung für überflüssig gehalten. Zeitverschwendung. Genau wie damals bei Klara Ehrsam. Und dann war plötzlich Frau Brand da. Eine ärgerliche Sache das. Aber sie hatte Recht bekommen. Frau Ehrsam war nicht einfach so ertrunken. Sie war ermordet worden, von dieser geldgierigen Schauspielerin. Zugegeben, alle mussten irgendwie durchs Leben kommen. Ein bisschen nehmen, wo sowieso viel zu viel ist …
    Bucher!, pfiff er sich zurück, so etwas darf ein Polizist gar nicht denken.
    Aber dann gleich morden, bloß weil man fürchtete, dass einem jemand auf die Schliche kommt. Sie wäre früher oder später doch aufgeflogen, dieses dumme Huhn.
    Bucher kannte das. Diese Art von Verbrecher wurde übermütig, weil die Gier sie packte. Wie viele hätten sich retten können, wenn die Gier sie in Ruhe gelassen hätte.
    Er betrachtete den Gipsabdruck. Der Verkäufer in der Landi hatte einen Witz gemacht. »So, Bucher, willst du Gipszwerge für deinen Garten basteln, jetzt, wo die Pensionierung winkt?«
    Bucher hatte abgewinkt. Er ließ ihn plaudern. Er

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