Stollengefuester
gepaart mit einer Ladung Erotik. In seinem Fall ohne jeden Zweifel eine unwiderstehliche Mischung. Konnte man einer Frau verdenken, dass sie einem solchen Mann alles gab?
»Verstehen Sie das, Frau Kommissarin? Sie leben im bequemsten Land der Welt. Ob die Menschen dort alle glücklich sind, das weiß ich nicht. Ich vermute, dass Sicherheit und Bequemlichkeit kaum genügen für das Glück. Aber Sie haben sichere Orte für die Schätze der Menschheit. Meine Freundin Klara wusste das und sie hatte einen Plan, der kultivierte, voraussehende Menschen stolz machen müsste. Sie müssten stolz sein auf meine Freundin! Sind Sie das?«
Er beugte sich weit vor und senkte seine Stimme.
»Oder begnügen Sie sich etwa damit, im Leben dieser großartigen Frau und ihrer Freunde herumzuschnüffeln?«
Der Professor ließ sich auf seinen Stuhl zurückfallen. Er legte die Hände hinter seinem Kopf zusammen und schaute Nore Brand an.
Ein Klingelton unterbrach die Stille.
»Was soll das?«, rief Plodowski empört. »Ich habe doch angeordnet, dass man mich in Ruhe lässt.« Er zögerte einen Augenblick, dann griff er nach dem Telefon.
Er meldete sich schroff.
Nach einem kurzen Wortwechsel in russischer Sprache legte er den Hörer zurück. Er starrte das Telefon eine Weile an. Mit einer ratlosen Geste drehte er sich zu Nore Brand.
»Wetten, dass Sie diesem Kerl …«, begann er murmelnd und verstummte, als sich ihre Augen trafen.
»Plötzlich wollen mich alle sprechen«, fuhr er weiter fort, »dabei stecke ich mitten in der Arbeit. Die Ausstellung muss bis spätestens Samstag fertig sein.«
Er zog die Agenda aus seiner Jackentasche und begann, heftig darin zu blättern. Er schien ihre Anwesenheit vergessen zu haben. Plötzlich schlug er sie wieder zu und steckte sie zurück.
»Oh, Frau Brand, entschuldigen Sie! Ich war in Gedanken.«
Seine Wut war wie weggeblasen. Die Röte aus seinem Gesicht gewichen.
Nachdenklich schaute er sie an.
Er schien plötzlich weit weg zu sein. So erreichbar und präsent wie er eben gewesen war, so fern und abwesend wirkte er nun.
»Heute habe ich leider keine Zeit mehr für Sie. Vielleicht morgen?«
Seine missionarische Rage war verflogen, die Luft war raus.
Sie musste zum letzten Stich ansetzen.
»Wir haben Schachteln mit kostbarem Inhalt gefunden«, sie zögerte, »in einer dieser Felsenkavernen.«
Nore Brand zog ihr Notizbüchlein hervor, schlug die Seite auf und legte es vor Vladimir Plodowski auf den Tisch. »Meine Kollegen haben sich mit Interpol in Verbindung gesetzt. Aber vielleicht könnten Sie uns weiterhelfen. Wir möchten gerne wissen, wer, das heißt, welches Museum diese Kostbarkeiten vermisst. Es handelt sich unter anderem um eine Sammlung von Edelsteinen.«
Plodowski schaute Nore Brand an, griff in seine Jacke und nahm eine Lesebrille hervor.
Er beugte sich über das Notizbuch und las. Er brauchte zu viel Zeit für diese wenigen, kurzen Zeilen. Mit einer raschen Bewegung schob er das Büchlein über den Tisch zurück.
»Und der Inhalt dieser Schachteln?«, fragte er. Seine Augen hatten sich zurückgezogen.
»Die Edelsteine? Die haben wir nicht angerührt.«
Ihr war, als ob der Edelstein in ihrer Tasche brannte. Sie war versucht, ihn zu berühren. Sie musste sich mit aller Macht beherrschen.
»Nicht konfisziert?«
»Nicht konfisziert. Es ist ja einiges im Berg. Wo sollten wir auch hin damit.«
»Einiges?« Er lachte schnaubend. »Aber zu Ihrer Frage. Ich habe keine Ahnung, was das ist. Nie gesehen. Ich kann Ihnen da leider nicht weiterhelfen.«
Er log. Diese Zahlen und Zeichen hatten ihn vorübergehend aus der Fassung gebracht. Und für einen Augenblick war ihm auch seine Redegewandtheit abhandengekommen.
Die Atmosphäre in diesem Raum hatte sich eben auf einen Schlag verändert.
Der Kaffee wurde kalt.
»Frau Kommissarin, dieser Hoteldirektor, ich konnte mir seinen Namen nie merken, und als er meine Freundin Klara«, er suchte nach Worten, »als er sich von ihr abwandte, wollte ich seinen Namen weder wissen noch hören, dieser Direktor ist tot, nicht wahr? Er ist abgestürzt, habe ich gehört. Wissen Sie Genaueres?«
Also! Plodowski war informiert. Und von wem?
»Darüber darf ich nicht sprechen. Das tut mir leid.«
Die Wahrheit war, dass sie keine Ahnung hatte. Sie musste nur aufpassen, wem sie Fragen stellte, weil sie jemanden in Sicherheit wiegen wollte, um irgendeinmal herauszufinden, wer dieser Jemand war. Das war schon schwierig genug.
Der
Weitere Kostenlose Bücher