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Stollengefuester

Stollengefuester

Titel: Stollengefuester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marijke Schnyder
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gibt Kerle, die wissen alles besser. Er musste eine Nacht mit offener Tür schlafen, was er nicht sehr geschätzt hat.« Er zwinkerte ihnen hinter seinen runden Brillengläsern zu. »Ich habe es inzwischen repariert. Ich konnte nicht warten, bis ein Handwerker Zeit für mich hat. Es sieht nicht perfekt aus, aber es hält.«
    Diese Frau, die da vor ihm stand, sah nicht aus, als ob sie Türen eintreten wollte.
    Er lächelte ihr zu. »Dieses Zimmer ist für Sie. Es ist ruhig.«
    Nore Brand trat ein. Mit anderthalb Schritten war sie bei einem hohen Fenster, das auf einen Innenhof mit Topfpflanzen und weißen Gartenstühlen zeigte.
    »Und für dich«, er wandte sich an Nino Zoppa, »habe ich das Gleiche mit Sicht auf den Kanal. Und auf die Straße. Doch das sollte für dich kein Problem sein.«
    Er ging Nino voraus.
    Nore Brand warf ihre Tasche auf das Bett und setzte sich hin. Ein kleines, verwinkeltes Zimmer mit einer hohen Decke. Altmodische Tapeten. Beige und hellgrün. In wuchtigen Bilderrahmen hingen Alte Meister. Das heißt: Die Kopien von den Kopien der Kopien der Schüler Alter Meister. Oder Fälschungen. Etwas in der Art. Egal, was es genau war. Die Bilder schufen wahrscheinlich die Atmosphäre, die der Besitzer seinen Gästen schuldig zu sein glaubte. Natürlich hingen sie schief.
    Diese Stadt stand schließlich auf Pfählen.
    Das größte Bild mit dem schwülstigsten Rahmen hing über dem Kopfende des Bettes.
    Hoffentlich hielt der Nagel, an dem es hing.
    Sie sah ihre Todesanzeige: Nore Brand. Polizistin aus Bern. Bei der Erfüllung ihrer Pflicht. Sie möge in Frieden ruhen und so weiter.
    Dabei sollte Kunst berühren, nicht erschlagen.
    Das Bett war ein großer, dunkelbrauner Holzkahn. Die Kommode gegenüber würde Jahrhunderte überleben; sie lehnte sich schwer und behäbig an die Tapetenwand und schaute bewegungslos in die Zukunft, die vor ihr lag. So lange die Pfähle diese Stadt hielten.
    Der Stadtführer berichtete von einem leichtlebigen Menschenschlag, der Amsterdam bevölkerte.
    Wie kamen sie bloß zu diesen wuchtigen Möbeln?
    Der alte Ventilator auf der Kommode wartete auf heiße Tage. Gab es das in Amsterdam? Damit hatte sie nicht gerechnet, nicht in dieser Stadt. Nach der langen Nacht im Zug wähnte sie sich weit oben im Norden.
    Auf dem Gang war es wieder still. Sie hatte Nino ein paar Stunden Schlaf verschrieben. Der Museumsbesuch schien ihm den Rest gegeben zu haben.
    Sie setzte sich auf das Bett und sank sogleich tief in eine weiche Matratze. Eine nette Abwechslung zum spartanisch harten Schlafwagenbett. Sie suchte nach dem Kärtchen, das Plodowski ihr gegeben hatte.
    Es war die Inschrift gewesen, die ihn aus dem Konzept gebracht hatte. Und das Telefon. Nach dem Telefon war er völlig von der Rolle gewesen. Plodowski war ein interessanter Mann. Schillernd, vielschichtig, aber ein Mörder? Einer, der seinen Geldgeber umbrachte? Nein, das ging nicht auf. Plodowski war einer, der seine finanziellen Quellen pflegte. Er hatte sein Leben lang nichts anderes getan. Mit viel Charme und ansteckender Begeisterungsfähigkeit. So einer müsste zum Äußersten getrieben werden, damit er …
    Nein, Plodowski nicht.
    Sie holte den Edelstein hervor und betrachtete ihn.
    Es schien ihr unbegreiflich, dass an einem solchen Stein so viel hing. Sie war keine Schmuckliebhaberin. Diese Leidenschaft hatte sie nie begriffen. Sie hatte auch das Auge nicht dafür. Schmuck löste bei ihr eher Unbehagen aus. Sie wusste nicht, was sie für schön halten sollte und was nicht. Sie betrachtete den Stein von allen Seiten. Intensives, leuchtendes Grün.
    War er nicht rot gewesen?
    Maria Volta hatte ihn auf Anhieb erkannt. Dieser Stein schien Macht zu haben. Sie sah Maria Voltas aufgerissene Augen. Und wie hätte Plodowski reagiert? Die Beschriftung der Schachtel hatte bei ihm immerhin einen Wutausbruch ausgelöst. Aber dann war nichts mehr geschehen. Nichts, was zu beobachten gewesen wäre. Also musste sie einen Schritt weitergehen, sie musste ihm den Stein zeigen.
    Sie hatte noch eine Gelegenheit, dies zu tun. In wenigen Stunden. Sie würde es riskieren. Plodowski schien begierig zu wissen, wie viel die Polizei von den Schätzen in der Kaverne wusste. Er wusste mehr, als er zu wissen vorgab, und vor allem befand er sich ganz offensichtlich in einer ungemütlichen Lage.
    Waren die Besitzer dieser Kostbarkeiten, die er im Laufe seines Lebens gefunden hatte, einverstanden damit, dass alle diese Kunstgegenstände in einem Berg

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