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Stolperherz

Stolperherz

Titel: Stolperherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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meine Zungenmuskulatur geben. Aber neben Michelle zu schlafen fand ich auch nicht besonders verlockend. Diese Befürchtung zerschlug sich allerdings sofort, denn Michelle war mit Kira auf das Doppelbett gesprungen und hüpfte wild kreischend darauf herum.
    »Im Doppelbett schlafe natürlich ich mit … hmmm … tja, wen such ich mir denn aus?« Michelle kicherte affektiert und machte einen angestrengten Gesichtsausdruck. Irgendwie wurde ich den Verdacht nicht los, dass sie nicht nur vorgab, sich das gerade zu überlegen, sondern es auch tatsächlich tat .
    »Tobi ist natürlich ganz weit vorne«, erklärte sie Kira und ignorierte meine Anwesenheit wie immer, »Greg wäre auch nicht schlecht. Allerdings hat Lex sicher auch was drauf und Schleicher ist so stark und so schön grooooß!«
    Als sie Gregs Namen erwähnte, versetzte mir das augenblicklich einen Stich in die Magengrube. Es musste ein unfassbares Gefühl sein, wenn man in der Lage war, sich auszusuchen, mit wem man zusammen sein, na ja, oder zumindest die Nacht verbringen wollte. Ich zweifelte nicht daran, dass Michelle das konnte, ebenso wie Kira.
    »Der kluge Lex, der wär doch sicher was für dich, hm?«, haute sie Kira jetzt von der Seite an. Die antwortete kichernd »Ich weiß nicht …«, als Michelles Blick zu meiner Überraschung an mir hängen blieb.
    »Ach, jetzt wird mir so einiges klar! Du bist verliebt in den Dicken! Deswegen bist du mitgekommen! Den kannst du natürlich gerne haben, den würden wir nicht nehmen, selbst wenn uns den jemand auf den Bauch binden würde!« Bevor ich etwas antworten konnte, lachte sie schrill los. »Die ist echt verliebt in den Dicken, ich glaub’s ja nicht!«
    Ich wollte was sagen, hielt dann aber inne. Vielleicht war es gar nicht so schlecht, wenn Michelle glaubte, dass ich Flocke mochte. Sollte sie jemals erfahren, dass ich auf Greg stand, würde sie alles dafür tun, mich vor ihm schlechtzumachen, das wusste ich. Also galt es, ihre Vermutung erst mal stehen zu lassen, was auch immer sie damit anfing. Wahrscheinlich würde sie ohnehin gleich losrennen und ihre brillante Erkenntnis überall herumposaunen, davon konnte man bei einem Mädchen wie Michelle ausgehen. Das würde mir nicht gerade helfen, Flocke loszuwerden, aber der hing mir sowieso auf der Pelle und ließ sich durch nichts abschrecken, welchen Unterschied machte das schon?
    Ich ließ also Michelles Ausführungen wie immer unkommentiert und ging zurück zum Bulli, um meine Sachen zu holen. Natürlich war es vermessen zu glauben, dass ich mit meiner Strategie Greg irgendwie näherkam, aber ich wollte daran glauben. Gleichzeitig war es mir vor mir selbst peinlich, dass ich diesem Gedanken überhaupt so viel Raum gab, denn er war schlichtweg absurd. Ich schlenderte um den Bus herum, als ich Tobis und Gregs Stimme auf der anderen Seite des Wagens vernahm und ruckartig stehen blieb.
    »Das ist doch irgendwie scheiße, Alter!«, sagte Greg, »… und mies auch!«, aber Tobi fiel ihm ins Wort: »Ach was, das ist puppenlustig. Selber schuld, sag ich nur!«
    Ich wusste nicht, wer oder was gemeint war, aber irgendwas gab mir das ungute Gefühl, dass sie etwas besprochen hatten, das nicht für meine Ohren oder die der anderen bestimmt war. Ich hielt die Luft an, damit sie mich nicht atmen hörten und nicht mitbekamen, dass ich auf der anderen Seite des Busses stand. Doch Tobi und Greg waren bereits auf dem Weg zurück in die Bar und drehten sich nicht mehr um, sodass ich unbemerkt blieb. Als sie weg waren, atmete ich erleichtert aus und ging zum Kofferraum. Um was es wohl gerade ging? Greg schien damit jedenfalls nicht so ganz einverstanden gewesen zu sein, ganz im Gegenteil zu Tobi. Wieder kam ich mir ganz und gar unzulänglich vor, fehl am Platz, und fühlte mich unsicher und schlecht. Michelle hatte recht, irgendwie konnte ich ihr ihre Gedanken nicht verübeln: Ich gehörte zu der Truppe wie eine Sommergrippe zum Traumurlaub und ungefähr genauso beliebt war ich auch. Der Start in die Tour war für mich also erwartungsgemäß alles andere als toll gelaufen, trotzdem war ich gespannt auf den Gig heute, bei dem ich dabei sein durfte, ohne Lisas strenges Zeitreglement einhalten zu müssen. Apropos Lisa: Ich hatte nachgesehen, dass ich in circa drei Stunden in Boltenhagen angekommen sein müsste, und ich hatte versprochen, mich nach der Ankunft zu melden. Das durfte ich auf keinen Fall vergessen, wahrscheinlich saß Lisa bereits jetzt mit zittrigen Fingern vor

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