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Stolperherz

Stolperherz

Titel: Stolperherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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weitergehen würde, und war nun fast erschrocken.
    »Hi.«
    »Ich hab mich noch nicht richtig bedankt bei dir«, sagte er jetzt und hielt der Bedienung sein Glas entgegen. »Noch eins bitte!«
    »Wo…für?«, fragte ich krächzend. Stimmaussetzer schienen dazuzugehören, wenn Gregs Körper in meiner Nähe war.
    »Na, für ihn.« Greg deutete auf die Holztür, durch die Flocke soeben verschwunden war.
    »Kein Ding«, versuchte ich es lässig, merkte aber, wie künstlich sich das anhörte.
    »Ummm«, machte Greg und nahm einen Schluck von seinem frischen Bier. Ich traute mich nicht, ihn direkt anzusehen, starrte weiter in mein Glas und beobachtete ihn so beiläufig wie möglich aus dem Augenwinkel. Sein Profil war ebenmäßig, seine Nase hatte die perfekte Größe und war gerade geformt, bis auf einen winzigen Hubbel, den man, wenn man genau hinsah, auf dem oberen Nasenbein erkennen konnte.
    »Hey, Red!«, hörte ich jetzt Tobis Stimme links von mir. »Na, wie fandst du unseren megageilen Gig?«
    Er setzte sich neben mich, sodass ich nun zwischen ihm und Greg saß und mit der Situation ein wenig überfordert war.
    »Megageil, ja«, bestätigte ich, »einfach toll!«
    »Hörst du«, sagte Tobi zu Greg, »sie fand uns einfach toll !« Beide lachten und ich hätte mich gerne unter den Barhocker gesetzt, auf dem ich saß.
    »’ne Runde Wodka für alle!«, bestellte Tobi.
    »Exzellente Idee!«, sagte Lex, der sich nun mit Schleicher zu uns gesellte.
    »Jau«, machte Schleicher und ich erwartete sein obligatorisches Hünen-Rülpsen, welches auch prompt kam. Als das Tablett mit den winzigen Gläsern vor uns auf der Theke stand, begann Tobi, sie an jeden zu verteilen. Auch Flocke war mittlerweile wiederhergestellt und platzierte sich zu uns in die Runde, in deren Mittelpunkt unfassbarerweise ich saß.
    Als alle ihr Glas hatten, sah Tobi mich auffordernd an. »Red, los, anstoßen!«
    Ich schüttelte den Kopf. »Danke, für mich nicht«, wich ich aus, »ich habe schon was.« Ich hielt ihm mein Glas mit der schalen Fanta hin.
    »Wodka-O?«, fragte Tobi. In diesem schummrigen Licht konnte man kaum etwas erkennen. Ich hatte die Wahl, zur totalen Lachnummer zu werden oder einfach bloß zu nicken.
    »Genau«, bestätigte ich nickend, »Wodka-O.«
    Mittlerweile waren auch Michelle und Kira wieder da, offensichtlich hatten sich die Jungs als nicht spannend genug herausgestellt. Michelle griff sich sofort mein übrig gebliebenes Glas und hob es in die Runde.
    »Auf den ersten Gig«, prostete Tobi uns zu und auch ich hob mein Wodka-O- alias Fanta- Glas. »Super Performance, Jungs. Max-Ersatz war auch okay.«
    Flocke strahlte in die Runde, es war, als hätte man ein Licht in seinem Inneren angeknipst.
    »Also, auf die beste Tour ever made!«, schob Tobi nach.
    Wir prosteten uns zu und die Gläser klirrten. Der Wodka wurde auf ex getrunken und Tobi bestellte direkt eine zweite Runde bei der Bedienung, die auch mir mein Getränk gebracht hatte.
    »Für dich auch noch eine Fanta?«, fragte sie laut in die Runde und sah mich fragend an.
    Ja, es gibt diese Momente. Momente, in denen ein Freitod eine höchst verführerische Möglichkeit darstellt.
    *
    Um dem Gespött der anderen zu entgehen, hatte ich mich so schnell es ging verabschiedet und war in die Wohnung gegangen, um mich hinzulegen. Ich hatte das dringende Bedürfnis, mich in Luft aufzulösen.
    Die Bettenaufteilung schien den anderen schnuppe zu sein, jedenfalls schien sich keiner darum gekümmert zu haben. Da Michelle das Doppelbett bereits für sich beansprucht hatte, machte ich es mir auf der kleineren der beiden Matratzen auf dem Boden bequem. Sie war so schmal, dass ich nicht zwangsläufig davon ausgehen musste, dass Flocke mir gefährlich werden könnte. Decken hatten wir aus den Autos mitgenommen, aber eigentlich waren keine nötig. Die Luft war von dem heißen Sommertag immer noch lau und nach der Blamage und dem Schweißausbruch, den ich soeben hinter mir hatte, war mir ohnehin noch ziemlich warm. Ich kuschelte mich trotzdem für das Wohlfühlgefühl in die Decke ein und schloss meine Augen. Der erste Tag war vorbei und ich versuchte ein Resümee zu ziehen: Ich hatte mich einmal fast blamiert, einmal total blamiert, wäre gerne mehr als einmal im Boden versunken und einmal ganz sicher gerne gestorben. Für meine Verhältnisse also ein durchaus erfolgreicher Tag, dachte ich, und schlief augenblicklich ein.

7. KAPITEL: U FERLOS
    Der Weg nach Münster war ein Katzensprung und

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