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Stolperherz

Stolperherz

Titel: Stolperherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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Beispiel zu folgen. Erst jetzt betrat Kira den Raum. Sofort drehten sich zwei gutaussehende Typen Anfang zwanzig nach ihr um und ich seufzte innerlich. Sie hatte sich umgezogen und trug nun eine enge, dunkelblaue Slim Jeans und ein schwarzes Top. Sie sah einfach phänomenal aus. Im Gegensatz zu Michelle wirkte ihr Look nie billig, sondern immer edel, immer auf eine besondere Art aufgewertet.
    Flocke hatte sich mittlerweile hinters Keyboard bewegt und wirkte, als müsse er sich mit beiden Händen daran festhalten. Tobi nickte Bart zu, der durch ein kurzes Zurücknicken den Startschuss gab, mit dem Gig zu beginnen. Er hatte das Licht stark gedämpft und sofort stellte sich eine andere Atmosphäre ein. Alles wirkte surrealer, dunkler, fernab vom Leben da draußen.
    Ich spürte, dass ich ebenfalls aufgeregt war, so, als müsse ich irgendwas zum Gelingen des Konzerts beitragen, obwohl das natürlich Quatsch war. Trotzdem versuchte ich meine Gedanken in positive Energie zu bündeln und in Richtung Flocke zu senden.
    Lex zählte mit den Drumsticks an: »One, two, three …«, und nach ein paar Takten setzte Tobis Stimme ein. Sie begannen mit einem Cover, eine gute Wahl zum Einstieg: Castle of Glas von Linkin Park. Sofort bewegten sich die Zuhörer mit, die unmittelbar vor und um die Band herumstanden. Greg schloss seine Augen, wie fast immer, wenn er spielte. Er trug ein schwarzes Longsleeve, bei dem er die Ärmel zur Hälfte hochgekrempelt hatte, was ein braunes Lederarmband am rechten Handgelenk zum Vorschein brachte. Man konnte sehen, wie sich die Muskeln in seinen Unterarmen bewegten, wenn er spielte. Ein faszinierender Anblick.
    Die Band kam nach und nach immer mehr in Fahrt und bei Pushed again von den Toten Hosentanzten einige Gäste wild mit. Michelle hatte sich Kira geschnappt und sich mit ihr in die erste Reihe gestellt, um mit ausgestreckten Armen laut mitzusingen. So etwas würde ich mich niemals trauen und in diesem Augenblick beneidete ich die beiden einfach. Alles schien so leicht zu sein – sie taten einfach, worauf sie gerade Lust hatten. Ich hingegen klammerte mich immer noch an meine erste Fanta an diesem Abend, die schon lange keine Kohlensäure mehr enthielt. Alkohol vertrug sich nicht besonders mit meinen Medikamenten und noch dazu war bei mir zufällig auch noch eine Alkohol-Allergie festgestellt worden. Typisch! Jedes Mal, wenn ich Alkohol trank, musste ich augenblicklich niesen.
    Michelle trank einen Energy-Drink mit Wodka und ich wunderte mich, wozu, denn Energie hatte sie von Natur aus wohl mehr als genug. Kira hielt ein Bier in der Hand und wiegte sich im Takt der Musik. Ab und zu warf sie ihre Haare über die Schulter und sah dabei toll aus. Einmal mit Michelle tauschen, dachte ich, oder mit Kira. Nur einen Tag einfach all das tun, was mir in den Kopf kam. Einen Tag so aussehen, so beliebt sein, so ein Selbstbewusstsein haben.
    »Was kann ich dir bringen?«, fragte mich jetzt eine der Bedienungen, die leere Gläser einsammelte.
    »Eine Fanta, bitte«, sagte ich seufzend und senkte meinen Blick in die gelbe Flüssigkeit.
    *
    Nach knappen zwei Stunden und einer längeren Pause war der Gig vorbei. Der Applaus des Publikums ließ auf einen gelungenen Auftritt schließen, wenn auch der Laden bis zum Schluss nicht komplett voll geworden war. Ich hatte mich während der ganzen Zeit nicht von meinem Fleck gerührt und nippte an meinem Glas, als sei das die Rettung vor dem Ertrinken. Nun kamen die Jungs an die Bar, während Michelle und Kira in ein Gespräch mit den zwei Typen Anfang zwanzig verwickelt waren.
    »Und, wie war ich?«, wollte Flocke aufgeregt wissen, »gut, oder? Sag bitte, dass ich gut war!«
    »Du warst gut«, sagte ich und nickte, »warst du wirklich.«
    Erleichtert atmete Flocke auf und ich konnte dicke Schweißperlen auf seiner Stirn erkennen – er hatte Blut und Wasser geschwitzt bei diesem ersten Konzert, das war ihm aus der Nähe deutlich anzusehen.
    »Ich geh mich mal frischifrischmachen«, erklärte Flocke und verschwand durch die Holztür neben der Theke, auf der das Wort KERLE stand. Wie wohl die Damentoilette genannt wurde? Ich würde es gleich wissen. Doch als ich gerade aufstehen wollte, setzte sich jemand rechts neben mich.
    »Hey, Red.«
    Greg hatte mich den ganzen Tag über nicht beachtet. Das ging so seit der Abfahrt und hatte sich auch im Underground , beim Essen oder in der Wohnung nicht geändert. Ich hatte damit gerechnet, dass das auch den Rest des Abends so

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