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Stolperherz

Stolperherz

Titel: Stolperherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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augenblicklich rot an, eine meiner leichtesten Übungen in letzter Zeit.
    »Ja, klar«, sagte er grinsend und wandte sich Greg und Schleicher zu, die immer noch rauchten.
    Oh Gott!, dachte ich. Konnte ich mich wenigstens ein einziges Mal nicht wie eine völlig Weltfremde verhalten? Es musste wirklich unfassbar bescheuert aussehen, wie ich mich hier verloren an dem Käse am Stiel klammerte und grammatisch völlig inkorrektes Zeug brabbelte. Diese ganze Idee war doch total behämmert! Ich schaffte es nicht, eine einfache Frage zu beantworten, noch war ich in der Lage, wenigstens einen halbwegs desinteressierten Eindruck zu machen, wie es Michelle draufhatte, um irgendwie nicht als Komplettversager dazustehen. Wie sollten also die nächsten Wochen aussehen, wenn ich schon bei der ersten Gelegenheit wie eine Vollidiotin dastand? Ich musste irgendwas sagen, um die Blamage von eben nicht so offensichtlich stehen zu lassen.
    Mir fiel ein, dass ich weder die Tour-Route kannte, noch wusste, wo wir übernachten würden. Das Einzige, was ich wusste, war, dass wir am Ende in Berlin landen würden.
    »Ähm, wo … wo sind wir hier eigentlich genau?«, begann ich zögernd.
    Tobi hob die Schultern. »Kein Plan. Wo sind wir hier?«, fragte er nun Schleicher.
    »So’n Kaff, irgendwas mit Feld, oder so«, antwortete Schleicher und drückte seine Zigarette aus.
    »Langenfeld!«, antwortete ich. Früher war ich oft mit Paps seine Routen durchgegangen und er hatte mir auf der Karte gezeigt, wo er die nächsten Tage überall sein würde, damit ich das wusste, wenn wir telefonierten. Ich wunderte mich, dass wir bei einer so kurzen Strecke bereits eine Pause einlegen mussten, kam aber schnell dahinter, als ich die Jungs rauchen sah.
    »Habt ihr eigentlich so was wie einen Tourplan?«, fragte ich weiter.
    Ein lautes Gelächter folgte. »Die Kleine fragt allen Ernstes, ob wir einen Tourplan haben!«, grölte Schleicher. »Nee, natürlich nicht. Wir fahren einfach so rum, haha, ja genau!«
    Ganz toll, Sanny! Ich hätte mich ohrfeigen können.
    »Ich meine, also, wo starten wir? Also … ihr ?«
    Lex deutete den Jungs an, sich wieder zu beruhigen. »Legitime Frage, Red. Also. Erster Stop: Dortmund. Dann Münster, Bielefeld, Hannover, Hamburg, uuuund: yeah! Berlin!« Die Jungs klatschten sich ab. »Da gibt’s dann mindestens vier Gigs.«
    »Fünf«, ergänzte Greg jetzt.
    »Sag ich doch.«
    Mir fiel auf, dass Greg die ganze Zeit noch nichts gesagt hatte, und auch jetzt sah er mich nicht an, sondern starrte auf die vorbeirauschenden Autos.
    »Ah. Hört sich gut an«, antwortete ich überflüssigerweise. Mir brannte es unter den Nägeln, zu erfahren, wo wir unterkommen würden, aber ich wollte ein erneutes Gelächter vermeiden, also fragte ich nicht. Egal wo ich schlafen würde, und wenn es im Bus war – alles war besser als in einem der schrecklichen Klinikbetten, die mit ihrem Buche-Natur-Look so was wie Heimeligkeit in Krankenhausräume bringen sollten. Ich kannte solche Einrichtungen zu Genüge und ich hatte sie allesamt satt. Am Ende hatte mir doch nichts geholfen und ich hatte mich nur durch endlos ereignislose Tage voller Lethargie gequält.
    Mir fiel nichts ein, womit ich das Gespräch fortsetzen konnte, und ich wollte nicht ein zweites Mal auflaufen. Deswegen beließ ich es dabei und beobachtete Greg weiter aus dem Augenwinkel, während ich pseudogeschäftig auf mein Handy starrte. Er trug ein graues T-Shirt einer Band, die ich nicht kannte, über einem weißen Longsleeve und eine enge Jeans, in der man seinen ganz leichten Hang zu O-Beinen erkennen konnte, dazu Sneakers. Ich fragte mich, ob er wohl wusste, wie unglaublich schön er war. Eine Hand steckte in der Hosentasche, in der anderen hielt er eine Cola. Ich erkannte den silbernen Ring, den er am Daumen trug, er war mir schon im Probenraum aufgefallen, als Greg sein Stück gespielt hatte. Alles an ihm sah so richtig aus, so leicht, so, als reiche es, morgens aufzustehen und einfach nur zu sein .
    Michelle und Kira kamen kichernd zurück zum Bus und Michelle positionierte sich demonstrativ vor mir.
    »Was willst du hier überhaupt?«, fragte sie und sah mich herausfordernd an.
    Ich wusste es nicht – was also sollte ich antworten?
    »Es ist ja wohl glasklar, dass die Jungs sich einen Scherz …«
    »Michelle!«, brüllte Flocke hinter uns und machte prustend halt, beugte sich schwer atmend nach vorne und stützte sich auf seine Knie. »Ich hab euch überall gesucht!«
    Michelle

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