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Stolperherz

Stolperherz

Titel: Stolperherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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von …«
    »… offenen Fenstern!«
    Ich musste lachen, und Lex ebenso; es ging uns wohl beiden ähnlich – wir begegneten selten jemandem, der Irving zitierte.
    Er pfiff durch die Vorderzähne. »Kommt selten vor, so was.«
    »Du meinst, du hättest mich eher bei den Vampirbüchern eingeordnet?«, fragte ich vorsichtig nach.
    »Pferde«, antwortete Lex, »eher Pferde.«
    Ich musste schmunzeln, als Lex sofort begann, mir seine Version von Irvings Sicht der Welt zu erklären und warum Coelho seiner Ansicht nach immer wieder ein und dasselbe Buch schrieb. Seine Stimme wurde zu einem dumpfen Hintergrundgeräusch, als ich aus dem Fenster sah und die Straßenränder sich zu einem einzigen grün-grauen Gemisch verwischten, während ich meine Gedanken schweifen ließ. Gerade eben hatte ich zum allersten Mal auf dieser Tour so etwas wie Anerkennung gespürt.
    Und ich hatte nicht mal lügen müssen.
    *
    Das Uferlos in Münster stand mit seinem Kantinencharme im starken Gegensatz zum dunklen Underground II . Es war nahe am Aasee gelegen und viel größer und heller als die Location am Tag zuvor, und als uns Torsten, der Booker, herumführte, fragte ich mich, ob der Laden heute Nacht wirklich voll werden könnte, so groß wirkte er auf mich. Lange Tische standen von Stühlen rechts und links umsäumt längs im Raum, alles war in hellem Holz gehalten. »Die Tische kommen noch an die Seite«, erklärte Torsten, »Platz ist genug.«
    Torsten sah aus wie einer dieser Studenten, die nicht studierten, um einen Abschluss zu machen, sondern um möglichst lange eine gute Zeit zu haben. Er war schlaksig, hatte längere blonde Haare und einen Pony, der ihm seitlich ins Gesicht fiel. Er trug ein Karo-Hemd, das zur Hälfte in der Jeans steckte und zur Hälfte lässig heraushing – ich war nicht sicher, ob der Look tatsächlich gewollt war oder nur Zufall –, aber er zeigte Wirkung. Michelle musterte Torsten bereits mit ihrem typischen Aufreißer-Blick.
    »Wir haben viel Zuspruch auf unsere Konzerte. Die Aushänge für heute hängen seit vier Wochen, ich denke, es wird ganz schön voll«, ließ Torsten uns wissen.
    Auch Tobi und die Jungs waren zufrieden mit den Räumlichkeiten.
    »Cool«, sagte Tobi. »Passt«, war Gregs Meinung, Flocke glänzte mal wieder mit einem »Supidupimegatollgenialoberschickimicki!«. Lex behielt sich ein »Hervorragend« vor, während Schleicher sich mit einem zustimmenden Nicken zufriedengab. Ich wusste immer noch nicht, wo wir heute Nacht schlafen würden, und es brannte mir auf der Zunge, Torsten danach zu fragen. Noch nie war mein Leben so unvorhersehbar gewesen, normalerweise waren meine Tage durchgetaktet wie ein einziger langweiliger Stundenplan. Das hier gab mir ein Gefühl von Abenteuer, was ein Kribbeln auslöste, dass die Ungeduld mehr als wettmachte. Also fragte ich nicht. Dafür wollte Michelle Bescheid wissen. »Wo pennen wir eigentlich heute?«, fragte sie und fügte, mit einem Zwinkern Richtung Torsten, hinzu: »Etwa bei dir?« Zu meinem Erstaunen schien Torsten die Frage ein wenig unangenehm zu sein, denn er räusperte sich. »Unten sind ein paar Räume, der Keller ist ausgebaut. Genug Platz für euch … alle.«
    »Schade!«, antwortete Michelle trotzig.
    »Na, dann laden wir wohl mal ab«, gab Tobi den Startschuss für die Jungs, die ihm nach draußen folgten. Ich kam mir mal wieder überflüssig vor, denn die schweren Alukisten konnte ich nicht tragen, und an ihre Instrumente ließen die Jungs keinen ran. So stand ich mir die Beine in den Bauch, als mir eine Idee kam. Ich brauchte immer noch dringend einen neuen Look, und bis zum Konzert war genügend Zeit. Nachdem ich meine Sachen in den Keller gebracht hatte, würde ich einen Stadtbummel machen und nach etwas Ausschau halten, das nicht auf den ersten Blick nach Fanta aussah.
    »Wohin willst du?«, fragte Kira mich, als ich mir meine Tasche schnappte, um mich auf den Weg in die Innenstadt zu machen. Torsten hatte recht gehabt, der gesamte Keller war ausgebaut und hatte mehrere mittelgroße Zimmer, die mit Sofas und alten Sitzlandschaften ausgestattet waren. Anscheinend schliefen hier öfter Bandmitglieder oder Gäste.
    »Kleiner Stadtbummel«, gab ich gleichgültig zurück, »ist ja noch genug Zeit und die Jungs bauen ohnehin nur auf.«
    »Kann ich mitkommen?«, fragte Kira zögernd und sah mich mit ihren großen Puppenaugen an.
    Hatte sie mich allen Ernstes gefragt, ob sie mitkommen konnte? Ich war so überrascht, dass ich ein paar

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