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Stolperherz

Stolperherz

Titel: Stolperherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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einfach nicht infrage. Und schon gar nicht wollte ich, dass Greg mich für einen Angsthasen hielt. Also gab ich Gas. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.
    »Whoohhooo!«
    Prompt brausten wir frontal auf den Reifenberg zu und der Motor, immer noch im ersten Gang, heulte laut auf. Greg griff in letzter Sekunde ins Lenkrad.
    »Lenken musst du aber schon!«, setzte er laut brüllend dem Motorengeheul entgegen, »und schalten!«
    Ich steuerte wild am Reifenberg vorbei. Schalten, schalten – aber wie? Mittlerweile ertönte aus den Radioboxen Fly away von Lenny Kravitz.
    »Links das Pedal runter«, instruierte mich Greg, »Gas weg, rechte Hand hierhin«, damit legte er meine Hand auf den Schaltknüppel, »und vom ersten in den zweiten …«
    Er drückte meine Hand sanft auf den Schaltknüppel und zog ihn langsam senkrecht herunter. Das elektrische Kribbeln, das ich vorhin gespürt hatte und das immer noch nachwirkte, wurde nun von einem Blitzschlag abgelöst, der mir durch Mark und Bein fuhr. Ich saß auf dem elektrischen Stuhl und nicht auf einem Uralt- VW -Bulli-Fahrersitz, daran bestand kein Zweifel.
    Der Schweiß rann mir von der Stirn, während wir im zweiten Gang im Slalom zwischen Autoteilen, Reifenbergen und riesigen, im Mondlicht glänzenden Blechtürmen herumfuhren. Wer noch nie mitten in der Nacht auf einem Schrottplatz herumgekurvt ist, ahnt gar nicht, wie romantisch so ein Ort sein kann. Draußen sah es aus wie eine seltsame Zauberlandschaft und die gigantischen Autoberge waren die glänzenden Berggipfel, deren vom Mondlicht angestrahlte Spitzen mit den Sternen um die Wette leuchteten.
    »Du machst das richtig gut!«, bemerkte Greg und ließ sich zurück in den Sitz fallen, »du brauchst meine Hilfe ja gar nicht.«
    Erst jetzt fiel mir auf, dass er seine Handfläche die ganze Zeit auf meiner verkrampften Faust liegen lassen hatte, die immer noch fest den Schaltknüppel umklammerte. Als er jetzt seine Hand von meiner löste, war es, als ob etwas, das zu mir gehörte, einfach so weggerissen wurde.
    »Ich will … Ich will in den Dritten schalten«, sagte ich. »Kannst du mir noch mal helfen?«
    Und einfach so lag seine Hand wieder auf meiner.
    *
    Wie viele Runden wir letztendlich gedreht haben, konnte ich gar nicht mehr so genau sagen, aber schon ab der zweiten hatte ich einen Heidenspaß und musste immer wieder lachen, wenn Greg, um mich zu ärgern, wild ins Lenkrad griff oder die Handbremse anzog und wir ein scharfes Bremsmanöver hinlegten. Ich konnte regelrecht spüren, wie ich von Meter zu Meter mutiger wurde, und der kühle Nachtwind, der durch die geöffneten Fenster hereinströmte und mir eine Gänsehaut nach der anderen verschaffte, schmeckte nach Freiheit, nach Leben. Am liebsten hätte ich die Arme nach oben ausgestreckt, die Augen geschlossen und mir vorgestellt, zu fliegen, so frei fühlte ich mich. Auch wenn wir auf der eingezäunten Strecke nie schneller als dreißig fuhren, kam es mir rasant vor. Und obwohl wir nicht gerade leise waren, hörten uns die anderen im Saunahäuschen anscheinend nicht, worüber ich im Stillen ziemlich froh war.
    »Ich glaube, ich kann nicht mehr«, sagte ich schließlich lachend und hielt mir den Bauch. »Ich brauche eine Lach-Pause.«
    Ich hatte bereits Seitenstechen, meine Wangen taten mir weh und mein Herz schlug mir bis zum Hals. Da hörte ich auf einmal ein ohrenbetäubendes Bellen unter meinem heruntergelassenen Fahrerfenster und ein Büschel roter Haare sprang immer wieder, sogar während der Fahrt , an der Tür hoch.
    Au weia!, schoss es mir durch den Kopf: Das musste der rote Hund sein, von dem Günni gesprochen hatte. Und da tauchte auch schon sein weit geöffnetes Gebiss an der Fensterkante auf, immer nur für Sekunden zwar, aber erschreckend war das trotzdem. Auf dem Schrottplatz konnten wir einfach nicht schnell genug fahren, um ihn abzuhängen. Ich bekam es mit der Angst zu tun.
    »Das ist dann wohl Buddy«, bemerkte Greg gelassen, ohne ein Anzeichen von Respekt vor dem beeindruckenden Gebiss zu zeigen. Aber Buddys Zähne waren ja auch nur wenige Zentimeter von meinem Arm entfernt, und nicht von seinem .
    »Fahr einfach weiter«, sagte Greg, »irgendwann gibt er schon auf. Und mach besser das Fenster zu, wenn du deinen Arm behalten willst«, ergänzte er grinsend.
    Ich kurbelte das Fenster hoch, was angesichts der Tatsache, dass ich parallel ja auch noch lenken, weiteratmen musste und den Hund nicht überfahren durfte, eine echte Herausforderung

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