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Stolperherz

Stolperherz

Titel: Stolperherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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Arm gewickelt war. »Nicht jeder weiß Mut zu schätzen.«
    »Und du bist nicht sauer?«, vergewisserte ich mich. »Ich meine, euch fehlen jetzt nicht nur Songs, sondern auch der Bassist.«
    Lex schüttelte den Kopf. »Du kannst nichts für Gregs überzogene Reaktion. Wir werden das Baby schon schaukeln, verlass dich drauf. Wir werden die einmalige Chance hier nutzen, mit oder ohne ihn.«
    »Okay«, antwortete ich erleichtert. Immerhin wollten mich nicht alle auf der Stelle loswerden.
    »Ich glaub, mir ist schon wieder schlecht!«, brüllte Flocke quer über den gesamten Platz hinter der Bühne, »wo gibt’s hier was zu futtern?«
    »Komm mit!«, rief Kira mir zu, »wir gehen das Fest erkunden.« Michelle stand mit verschränkten Armen neben ihr, und es war nicht schwer zu erahnen, dass sie nicht besonders heiß darauf war, mit mir zusammen über das Gelände zu gehen.
    »Nicht die Nervkuh schon wieder!«, stöhnte sie augenrollend, aber Kira zog mich einfach mit. Daran würde Michelle sich wohl oder übel gewöhnen müssen, dachte ich.
    »Bis später!«
    »Ja, bis später!«, rief Lex mir zu und sah mir nachdenklich nach.
    Ein warmer Sommerwindstoß verstrubbelte meine Frisur und ich musste meine Hand vor die Stirn halten, um nicht zu sehr von der Sonne geblendet zu werden.
    Eindeutig: Ein Hauch von Freiheit lag in der Luft.
    *
    Es war so viel in so kurzer Zeit passiert, dass ich beinahe Lisas Anruf vergessen hatte. Ohnehin würde er heute zum Problem werden, das war klar, denn im Umkreis von einigen Kilometern war keine ruhige Ecke zu finden. Allerdings würde sie ausflippen, wenn ich nicht anrief, und sicher sofort unsere Abmachung brechen. Ich wunderte mich ohnehin, dass sie sich so lange daran gehalten hatte. Anscheinend hatte sie wirklich Angst, dass ich mich postwendend in den Zug nach Hause setzen würde, käme sie auf die Idee, einen der Ärzte zu kontaktieren. Aber ich tanzte auf dünnem Eis und konnte den Anruf nicht verschieben.
    »Kira!«, rief ich meiner neuen Freundin zu, die mich an der Hand in die Menschenmengen zog, »warte! Ich kann das nicht«, erklärte ich. »Das ist zu voll hier, zu viele Menschen. Ich hab Angst, dass ich umkippe.«
    »Wieso?«
    Ich musste auspacken, das wusste ich.
    »Das mit meinem Herz, die Sache. Das ist nicht ganz vorbei. Also … im Grunde ist es unverändert. Ich hab da ein bisschen geschummelt, vor der Abfahrt.«
    Kira sah mich erstaunt an. »Oh. Verstehe.«
    »Mach dir keine Sorgen«, wiegelte ich schnell ab, »im Moment habe ich eine super Phase.«
    »Okay. Ich verlass mich drauf. Außerdem bin ich ja bei dir«, sagte Kira und sah mich auffordernd an, »und wir gehen ganz außen entlang. Da kannst du jederzeit wieder zurück.«
    »Gut.« In den letzten Tagen hatte mein Herz erstaunlich stabil geschlagen und keinerlei Schlappmachtendenzen gezeigt, aber ich wollte es auch nicht übertreiben. Das Letzte, was ich mir leisten konnte, war, hier inmitten von zigtausend Leuten umzukippen. Michelle ging voran und wir hielten uns hinter ihr und schlängelten uns so an den Massen vorbei. Neben vielen kleineren Bühnen gab es unzählige Buden, Fressstände und Kirmesfahrgeschäfte; das Ganze sah aus wie eine Mischung zwischen Musikfestival und greller Kirmes-Welt, gigantisch groß.
    »Da vorne ist ein Cocktail-Stand!«, brüllte Michelle Kira zu, »da will ich hin!«
    Und wirklich, vor uns türmte sich ein riesiges aufgeblasenes Cocktailglas auf. Rund um den mit Bambusmatten gesäumten Stand war weicher Sand aufgeschüttet worden, karibische Klänge ertönten. Michelle drängelte sich, ohne mit der Wimper zu zucken, an der Schlange vorbei und bestellte, allerdings nicht beim Barkeeper, sondern bei zwei älteren Jungs, die neben uns standen. »Zwei Mojitos!«
    »Drei!«, korrigierte Kira und zwinkerte mir zu.
    »Äh, ich nehme lieber nur ein Wasser!«, rief ich dem Barkeeper zu, aber der schüttelte lachend den Kopf. »Wasser ist auch drin!« Mit diesen Worten verteilte er eine Handvoll Eiswürfel in jeden der drei Drinks.
    Egal, dachte ich, dann würde das jetzt eben mein erster Cocktail werden. Und egal, was heute noch passieren würde, dachte ich weiter, ich durfte den Anruf bei Lisa nicht vergessen. Unter keinen Umständen.
    *
    Es hatte keine zwanzig Sekunden gedauert, bis Michelle den zwei älteren Typen neben uns an der Bar klargemacht hatte, dass es Sinn machte, wenn sie unsere Cocktails bezahlten, was einer der beiden dann auch einigermaßen bereitwillig tat.
    »Wie sie

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