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Stolz der Kriegerin

Stolz der Kriegerin

Titel: Stolz der Kriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Melli
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sich eine alte, in einem schmutzigen Kittel steckende Frau durch die Menge.
    »Ich glaube, ich habe was zu tun«, meinte sie angesichts des bewusstlosen Flussmäulers.
    Einer der Einheimischen, dem die Hetzrede des Kerls auch nicht gefallen hatte, schüttelte den Kopf. »Ich habe den Burschen schon öfters raufen sehen. Der hält einiges aus. Du aber«, wandte der Mann sich an Rogon, »solltest zusehen, dass du von hier verschwindest. Wenn Lakkal wieder aufwacht, wird er dir sämtliche Knochen zerschlagen. Ein zweites Mal wirst du die Chance auf so einen Glückstreffer nicht mehr bekommen.«
    Unterdessen hatte die Alte sich über den Flussmäuler gebeugt und legte ihre Hand auf seine Stirn. Ihr Mund, in dem seltsamerweise noch alle Zähne vorhanden waren, verzog sich zu einer höhnischen Grimasse.
    »Dieser Mann hier wird so schnell nicht wieder aufwachen! Und wenn er es tut, wird sein Schädel so brummen, dass er eine Woche im Bett bleiben muss. Er kann von Glück sagen, dass er so einen Dickkopf hat. Der Hieb hätte ihm beinahe die Hirnschale zertrümmert. Daher wird er meine Säfte und Heilkünste in den nächsten Tagen noch schätzen lernen.«
    Die Alte gluckste und machte dabei die Geste des Geldzählens. Dann drehte sie sich zu Rogon um und schüttelte den Kopf. »Es ist schon eigenartig, was in so einem Bübchen alles steckt.«
    Für einen Augenblick sah es so aus, als wolle sie noch mehr sagen, dann aber drehte sie sich um und schlurfte davon. Unterwegs blieb sie noch einmal stehen und drehte sich um. »Wenn der Kerl dort Freunde hat, die für ihn bezahlen, sollen sie ihn in mein Haus bringen. Sie können ihn aber auch liegen lassen, bis er in der Morgendämmerung von selbst aufwacht.«
    Noch immer kichernd, verschwand sie in einer schmalen Seitengasse.
    Rogon sah ihr nach und musterte dann nachdenklich die Leute in seiner Nähe. Bei den meisten handelte es sich um Wardan, die genau wie die anwesenden Freistädter ungläubig verfolgt hatten, wie er den wuchtig gebauten Lakkal besiegt hatte.
    »So was habe ich noch nie gesehen!«, hörte er jemanden sagen.
    »Ein einziger Hieb – und dann lag Lakkal auf der Schnauze«, flüsterte ein anderer erfreut.
    Das Aufsehen, das Rogon erregte hatte, passte Sung überhaupt nicht. Schlimmer aber war das Gefühl, dass der junge Mann ihm über den Kopf wuchs. Daher trat er auf ihn zu und zupfte ihn am Ärmel. »Es ist besser, wir steigen wieder ins Boot und fahren weiter!«
    »Einen Augenblick noch!«, antwortete Rogon und wandte sich an die Leute, die noch immer in der Nähe standen. »Ich habe eine Botschaft der Zirdh’een zu verkünden. Wer den Großen Strom und dessen östlichen Hauptarm als friedlicher Händler befährt, hat von ihnen nichts zu befürchten. Sollte es jedoch jemand einfallen, sie zu überfallen oder Jagd auf sie zu machen, werden sie ihm die Haut abziehen und diese an eine Stange neben der Hauptfahrrinne nageln, als Warnung für alle anderen, es gar nicht erst zu versuchen!«
    »Du bist verrückt!«, stöhnte Sung und wunderte sich gleichzeitig über den starken Eindruck, den Rogons Worte auf die Leute machten. Keiner von ihnen sah so aus, als hätte er noch Lust, in den Sümpfen auf Jagd zu gehen. Einige erinnerten sogar an alte Sagen, in denen die Schlangenmenschen als große Heiler bezeichnet wurden.
    »Ilyna hat die Zirdh’een gesegnet und ihnen große Kräfte verliehen«, rief eine Frau ganz aufgeregt. »Unsere Heilerin muss über mehrere Generationen von Schlangenmenschen abstammen, denn sie hat einen winzigen Schwanzansatz am Sterz, und die Linien in ihrem Gesicht und auf ihrem Körper sind echt.«
    Daraufhin begannen die Leute lautstark zu diskutieren, doch Rogon und Sung hörten nicht mehr zu, sondern stiegen in ihr Boot und fuhren in die aufziehende Nacht hinaus, ungeachtet aller Gefahren, die vom westlichen Ufer drohten, das nur wenige Meilen von ihnen entfernt war.
    Sung packte sein Paddel ganz fest und stieß es mit Macht in das Wasser. »Spätestens übermorgen erreichen wir die Stelle, an der wie den Strom verlassen und uns landeinwärts wenden müssen.«
    »Vorher sollten wir noch unsere Vorräte ergänzen«, mahnte Rogon.
    »Das wollte ich eigentlich in der Stadt tun, die wir gerade verlassen haben. Aber du musstest ja unbedingt den Helden spielen. In ein paar Tagen weiß jeder von Edessin Dareh bis hoch nach Flussmaul, dass ein schmächtiges Wardan-Bürschlein einen der berüchtigtsten Schlagetots am Strom mit einem einzigen

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