Stolz der Kriegerin
hochgeehrter Gast eines Menschenkönigs durch so eine große Stadt zu reiten.
Laisa gab sich jedoch nur kurz ihren Gedanken hin, sondern richtete ihre Sinne auf das, was um sie herum geschah. Immerhin war sie nicht als schlichte Besucherin gekommen, sondern um eine Gefahr zu entdecken und zu beseitigen, die den Frieden der Dämmerlande bedrohte.
Kaum hatte Laisa sich konzentriert, nahm sie auch bereits grünmagische Schlieren war, als deren Ursprung sie zwei Stellen ausmachte. Der nach alter Tradition mehr in die Tiefe als in die Höhe gebaute Magierturm gehörte nicht dazu. Also schied der Hofmagier als Verursacher all dieser Schwierigkeiten aus.
»Was ist dort?«, fragte Laisa und wies auf die nähere Stelle.
»Meine privaten Gemächer«, antwortete der König sichtlich verwundert.
»Dann werden wir uns dort als Erstes umsehen!« Laisa lenkte ihre Stute von dem gepflasterten Weg fort über den Rasen und schwang sich bei einer kleinen Pforte aus dem Sattel.
»Hast du den Schlüssel?«, fragte sie Reodhil.
Dieser schüttelte unwillkürlich den Kopf und klatschte mehrmals in die Hände. Fast umgehend wurde die Pforte geöffnet, und ein Diener in einer grünen Livree mit goldenen Stickereien steckte den Kopf heraus.
»Eure Majestät!«
Der König wollte eintreten, doch Laisa hielt ihn zurück. »Ich glaube, es ist besser, wenn ich das mache. Rongi, bist du bereit?«
»Ja, aber das hier ist alles viel grüner als anderswo. Es gefällt mir nicht!«
Ohne sich um das Gemaunze des Katlings zu kümmern, durchschritt Laisa die Pforte und folgte ihrer magischen Nase. Der Fußboden war mit grünen Teppichen belegt, die sich weich unter ihren Sohlen anfühlten, und die Wandteppiche in der gleichen Farbe vermittelten ihr beinahe das Gefühl, durch einen Wald zu gehen.
Laisa sagte sich, dass sie die Farbmanie der Menschen niemals begreifen würde. Auch wenn die Thilier Anhänger des grünen Gottes waren, hätten sie doch wenigstens die Farben der beiden mit Tenelin verbündeten Götter Talien und Meandir verwenden können. Doch Weiß und Gelb waren nur als Nuancen im alles beherrschenden Grün zu finden.
Die Tür zum Schlafgemach des Königs kam in Sicht. Sofort eilte ein Diener herbei, um diese zu öffnen. Als Laisa eintrat, entdeckte sie im vorderen Teil mehrere große Truhen sowie eine Anrichte mit Waschschüssel und Gegenständen zur Körperpflege.
Der eigentliche Schlafbereich wurde mit einem grünen Vorhang abgetrennt, auf dem das in einer speziellen Webart gefertigte Wappen des Reiches zu erkennen war. Auch Laken und Betthimmel waren grün. Mehr als diese interessierte Laisa sich jedoch für einen Edelstein im hinteren Rahmen des Betthimmels, von dem eine nur für ihre feinen Sinne erkennbare magische Schwingung ausging, die genau der entsprach, die sie in den beiden letzten Tagen aus Reodhils Kopf gelöst hatte.
Ohne sich um die indignierten Blicke des Königs, seiner Begleiter und der herbeigeeilten Dienerschaft zu kümmern, sprang sie auf das Bett, zog das Messer, das ihr zum Essen diente, und brach den Edelstein aus der Fassung. Danach musterte sie ihn mit gerümpfter Nase und zeigte ihn Reodhil.
»Das hier ist das Artefakt, das dich krank gemacht hat, König. Weißt du, woher es stammt?«
Reodhil kniff die Augen zusammen und schüttelte irritiert den Kopf. »Dieses Bett ist ein Geschenk meines Vetters Neldion von Tharalin zu meinem neunjährigen Thronjubiläum.«
»Dann sollten wir uns diesen Neldion etwas näher ansehen«, sagte Laisa vorgeschobenem Unterkiefer.
»Fürst Neldion ist schon seit Jahren ein Krüppel, der kein Glied mehr rühren kann«, wandte Reodhil ein.
»Auf jeden Fall hat er dir dieses Bett geschenkt. Ist es möglich, ihn zu befragen?«
Nach kurzer Überlegung nickte Reodhil. »Ihm wurde zwar vom Feind die Zunge genommen, doch vermag er sich mittels eines Kristalls mit seiner Umwelt zu verständigen. Meistens dämmert er jedoch in halber Bewusstlosigkeit dahin.«
»Schon wieder ein Kristall!« Laisa hatte das sichere Gefühl, auf der richtigen Fährte zu sein. Daher konzentrierte sie sich auf die zweite Stelle auf dem Palastgelände, an der sie ebenfalls fremde magische Schwingungen wahrgenommen hatte, und wies auf ein einstöckiges, etwa fünfzehn auf zehn Schritte großes Gebäude, das mitten im Park stand.
»Was ist das?«
»Das ist der Pavillon, den ich meinem Vetter Neldion zur Verfügung gestellt habe, damit er fern vom Getriebe des Palastes und der Stadt leben kann«,
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