Stolz und Leidenschaft: Roman (German Edition)
aufrichtig, und sie wollte ihm so verzweifelt glauben. Aber konnte sie es riskieren? Jamie hatte nie einen Hehl daraus gemacht, dass er Argylls Mann war. Sein Vollstrecker. Konnte er ihr jemals gehören, wenn seine Loyalität Argyll gehörte? Hatte Niall recht? War sie eine Närrin, ihm zu vertrauen?
Ihr Schweigen schien ihn zu beunruhigen. »Sag mir, dass du mir glaubst.«
Seine Stimme war drängend, aber nicht flehend. Sie verstand, warum. Er war ein stolzer, ehrenhafter Mann. Als er ihr geantwortet hatte, hatte er die Wahrheit gesagt, und er würde nicht darum betteln, dass sie ihm glaubte. Das war nicht seine Art.
Die Wahrheit. Es war die Wahrheit, erkannte sie. »Ich glaube dir, aber es ist nicht von Bedeutung, was du wusstest. Du hast die Kapitulation ausgehandelt, und man wird dir die Schuld an dem geben, was passiert ist. Man wird annehmen, dass du wusstest, was dein Cousin vorhatte.«
Er verzog das Gesicht. »Aye . Genau das habe ich meinem Cousin auch gesagt.«
Seine Wut auf Argyll schien echt zu sein. Vielleicht hatte die ganze Sache ja doch noch etwas Gutes – wenn Jamie sich mit seinem Cousin überwarf. »Und wie hat er sich dafür gerechtfertigt, dich so hintergangen zu haben?«
Jamie seufzte. »Ich glaube nicht, dass er überhaupt darüber
nachdachte, wie sich das auf mich auswirken könnte. Der König hat ihn sehr stark unter Druck gesetzt, die Highlands und Alasdair MacGregor insbesondere zur Raison zu bringen. In den letzten Monaten hat er kaum an etwas anderes gedacht. Aber ganz gleich, wie gerechtfertigt der Tod des MacGregor auch war, diese List war seiner nicht würdig.«
Sie konnte es nicht glauben. »Dann besitzt er immer noch deine Loyalität?«
Bei dieser indirekten Kritik trat ein harter Zug um seinen Mund. »Ja, das tut er. Im ersten Moment wollte ich spontan mein Schwert niederlegen, aber dann erkannte ich, dass das kurzsichtig von mir gewesen wäre. Ich bin mir sehr wohl bewusst, welche Fehler mein Cousin hat. Argyll ist nicht vollkommen, aber ich glaube immer noch, dass er letztendlich die größte Hoffnung für die Highlands darstellt. Keine von beiden Seiten hat zu einhundert Prozent recht, Caitrina, aber am Ende müssen wir uns alle für eine davon entscheiden.«
Diese Erkenntnis traf sie – er hatte recht. Es war nicht einfach nur die Frage, wer recht und wer unrecht hatte. Ganz gleich, wie sehr sie sich auch wünschte, es wäre einfach, letztendlich würde sie sich entscheiden müssen. Das bedeutete es also, erwachsen zu werden. Die Unwissenheit ihrer Jugend war trügerisch einfach gewesen.
»Ich für meinen Teil«, fuhr er fort, »tendiere immer noch stark zu Gunsten meines Cousins. Er hat die Macht, Veränderungen zu bewirken, und er will dieselben Dinge wie ich.«
»Und die wären?«
»Frieden. Sicherheit. Land für unser Volk. Argyll hat einen wunden Punkt, was die MacGregors betrifft, aber er ist unerschütterlich loyal seinen Freunden gegenüber, und er ist ein fairer Chief.«
»Fair? Wie kannst du das sagen, nach dem, was er dir angetan hat?«
»Darum geht es ja, er hat es gar nicht mir angetan.« Einer seiner Mundwinkel verzog sich zu einem schiefen Lächeln. »Du kennst ihn nicht so, wie ich.«
Das wollte sie auch gar nicht. »Was ist das für eine Verbindung zwischen euch?«
Er schwieg ein paar Minuten, dann entschloss er sich endlich, ihr zu antworten. »Wie viel weißt du über meinen Vater?«
»Sehr wenig.« Nur was ihr von Meg anvertraut worden war und was sie hier und dort aufgeschnappt hatte.
»Er fiel in der Schlacht von Glenlivet, weil er eine Musketenkugel abfing, die für Argyll bestimmt war. Das war kaum ein Jahr, nachdem meine Mutter gestorben war. Elizabeth und ich verbrachten den größten Teil unserer Zeit bei unserem Cousin und der ehemaligen Countess auf Inveraray. Argyll war wie ein Vater für mich. Mein eigener Vater glaubte fest genug an ihn, um sein Leben für ihn zu geben, und das nehme ich nicht auf die leichte Schulter.«
Caitrina wusste, dass es noch vieles gab, das er ungesagt ließ – ganz besonders über seinen älteren Bruder –, aber das Wesentliche war klar. Zwischen Jamie und Argyll bestand eine persönliche Verbindung, die weit tiefer ging, als ihr bewusst gewesen war. Sie waren nicht einfach nur Chief und Captain, sie waren Familie, verbunden durch Blut und Aufopferung.
»Und was meinen Cousin betrifft«, fuhr er fort, »er hat sich stets um Elizabeth und mich gekümmert. Ich war kaum achtzehn Jahre alt, als er
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