Stolz und Leidenschaft: Roman (German Edition)
versuchte. Ich habe Mitgefühl dafür, in welchem Zwiespalt dein Vater sich befand, aber er hat das Gesetz gebrochen, Caitrina, und er wusste genau, was geschehen würde, wenn er überführt werden würde. Ich habe ihn selbst gewarnt.«
»Und ist es deshalb gerecht? Glaubst du, der Tod von über vierzig Männern ist eine gerechte Strafe dafür, ein paar Gesetzlose zu beherbergen?«
Dünne weiße Linien zeigten sich um seinen Mund, das
erste Anzeichen dafür, dass sie ihm zusetzte. »Die meistgesuchten Gesetzlosen im ganzen Land.«
»Die MacGregors sind unsere Verbündete, und nicht alle von ihnen sind Diebe und Mörder, wie du behauptest.«
»Das ist eine Frage des Standpunktes. Viele meiner Clansleute und der Colquhouns würden da aufs Schärfste widersprechen.«
Sie hatte nur eine schwache Vorstellung davon, was bei der Schlacht von Glenfruin geschehen war, aber sie wusste, dass man den MacGregors – die die Verantwortung dafür abstritten – vorwarf, ein Massaker angerichtet zu haben, unter anderem sollten sie vierzig Männer, die gefangen genommen worden waren, abgeschlachtet haben. Was auch immer die Wahrheit war, den MacGregors wurde dafür die Schuld gegeben. Doch sie wusste, dass eine Geschichte stets zwei Seiten hatte. Ihr Vater war der Meinung gewesen, dass die MacGregors seinen Schutz verdienten, und sie würde seine Entscheidung nicht in Zweifel ziehen. »Du bist ein Highlander – es sei denn, du hast das vergessen.«
Seine Augen wurden schmal. »Was soll das heißen?«
»Ein Highlander würde die heilige Pflicht der Gastfreundschaft verstehen. Wenn es wahr ist, was du sagst, dann war mein Vater durch seine Ehre dazu verpflichtet, die MacGregors aufzunehmen.«
Der Zug um sein Kinn verhärtete sich. »Ich verstehe diese Verpflichtung gut genug, aber das ist keine Entschuldigung dafür, das Gesetz zu brechen, Caitrina.«
»Hast du denn gar kein Mitgefühl? Oder erlaubt dir das das Gesetz deines Cousins nicht?« Sein Gesicht war eine steinerne Maske, hart und unnachgiebig. »Gott, hast du denn überhaupt irgendwelche Gefühle?«
Er machte einen Schritt auf sie zu, und sie konnte sehen, dass seine Beherrschung nur noch an einem hauchdünnen Faden hing. »Unglücklicherweise habe ich die«, sagte er,
doch seine stählerne Stimme schien seine Behauptung Lügen zu strafen. »Obwohl mir das im Augenblick genauso wenig gefällt wie dir.«
Bei seinem Geständnis durchzuckte sie ein jäher, prickelnder Schauer, und sie wandte sich ab, damit er nicht sah, welche Wirkung er auf sie ausübte. Empfand er etwas für sie?
Das spielte keine Rolle.
Doch warum sehnte sich dann etwas tief in ihr danach, dass es so war?
»Geh einfach!«, stieß sie wütend hervor. »Wenn es Vergebung ist, was du suchst, dann wirst du sie bei mir nicht finden.«
Er packte sie am Arm und wirbelte sie zu sich herum. Sengend spürte sie den warmen Druck der Finger durch den Stoff ihres Kleids wie ein Brandzeichen.
Sie wusste, dass er es hasste, wenn sie ihn abwies, doch nichts konnte sie davon abhalten, ihn zu provozieren – ihn ebenso wütend zu machen, wie sie es war. Doch sie war nicht nur wütend auf ihn. Sie war wütend über die unsichtbare Macht, die sie zu ihm hinzog; die nicht zuließ, dass sie ihn ignorieren oder vergessen konnte, so wie sie es sich wünschte; die sie so seltsam sensibel auf seine Gegenwart reagieren ließ und ihren Körper mit prickelnder Hitze durchflutete: sein warmer, männlicher Duft, der leichte Bartschatten auf seinem kantigen Kinn, der breite, sinnliche Mund, der sie an seinen Kuss denken ließ. Es war so ungerecht. Die letzten Monate hatten ihm ebenfalls zugesetzt, doch dadurch wirkte er auf eine raue Weise nur noch attraktiver.
»Ich bin nicht gekommen, weil ich Vergebung will«, stieß er gepresst hervor.
»Warum bist du dann gekommen?« Und mit einem Schlag traf sie die Erkenntnis. Meinetwegen. Er ist meinetwegen gekommen. Sie schnaubte vor Empörung. »Du kannst doch nicht ernsthaft glauben, ich könnte auch nur irgendetwas
mit dir zu tun haben wollen?« Bei ihrem Tonfall flammte sein Blick wütend auf, doch sie beachtete die Warnung nicht. »Ich verachte dich! Wenn ich dich sehe, dann werde ich immer nur einen Campbell sehen. Den Clan, der für den Tod meiner Familie verantwortlich ist. Nichts, was du sagst, wird das jemals ändern.«
Die harten Linien seines Gesichts waren straff gespannt, und Wut strahlte von ihm aus. Seine viel gepriesene Beherrschung geriet ins Wanken.
»Du
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