Stolz und Verfuehrung
jedenfalls bei den Ladys, die mehr als bereitwillig mit ihm plauderten, während er die Runde machte.
Wegen ihres vorsichtigen Verhaltens und der vielen Gäste im Raum bezweifelte Jonas, dass irgendjemand seine Verfolgung von Miss Beauregard bemerken würde. Noch nicht einmal so hingebungsvolle Beobachter wie Sweetie und Miss Hellebore. Die Menschen plauderten zu angeregt, es herrschte zu viel Zerstreuung und ein zu großes Durcheinander, als dass ihnen mehr als nur ein paar Minuten Aufmerksamkeit geschenkt würden.
Neun Uhr verstrich, und ein paar Gäste hatten das Gasthaus bereits verlassen, während andere hinzugekommen waren. Die Gaststube war beinahe voll besetzt, wie Em zu ihrer verhaltenen Freude feststellte.
Ihre Nemesis schlenderte schließlich zum Zapfhahn hinüber. Jonas bahnte sich seinen Weg durch die Menge, als ob das Haus ihm gehörte - was natürlich der Wahrheit entsprach. Mit einer Mischung aus Erleichterung und, verdammt noch mal, auch Enttäuschung - denn ihre Gefühle hatten sich glasklar von ihrem Verstand getrennt - nutzte sie die Gelegenheit und schlüpfte in die Küche. Sie vergewisserte sich, ob bei Issy und Henry alles in Ordnung war und die Zwillinge wohlbehalten in ihren Betten lagen, bevor sie in den kleinen Flur draußen vor dem Büro trat, um den Blick über die Menge vor dem Tresen schweifen zu lassen.
Nach ihrer Rückkehr aus Seaton hatte Issy ihr über den erfolgreichen Nachmittag berichtet. Hilda und sie hatten beschlossen, zu dieser Tageszeit Scones mit geschlagener Sahne und Himbeermarmelade und anderes süßes Gebäck mit Rosinen oder Schokolade anzubieten. Sie hatten die Scones um zwei Uhr nachmittags in die Auslage gestellt.
Um vier Uhr war alles ausverkauft. Die Frau, die im Pfarrhaus den Haushalt führte, hatte ein halbes Dutzend Rosinenstücke für Mr Filing gekauft und ein Dutzend für ihre eigene Familie. Anderen Passanten war der Duft der frischgebackenen Scones in die Nase gestiegen, und sie waren eingekehrt und hatten zwei oder drei gekauft. Miss Hellebores Zofe war gekommen, weil sie noch Gebäck für den Tee ihrer Herrin brauchte; der Duft, der aus der Küche des Gasthauses an der Rückseite der Häuser entlanggestiegen war, hatte Miss Hellebore offenbar das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen.
»Pasteten«, hatte Em vorgeschlagen, nachdem ihr von dem nachmittäglichen Erfolg berichtet worden war, »zur Mittagszeit.« Der Schluss lag nahe, Issy und Hilda hatten sich sofort einverstanden erklärt.
Em ließ den Blick über die Männer schweifen, die am Tresen saßen oder standen. Für die abendlichen Gäste hatten die Frauen in der Küche noch herzhafteres kleines Backwerk und Sandwiches zubereitet, beides ebenso bodenständig wie köstlich; es war unmöglich zu sagen, was den Geschmack der Gäste mehr getroffen hatte, denn nach einiger Zeit war alles vertilgt.
Obwohl das Dorf nur klein war, konnte das Gasthaus mit Leichtigkeit eine eigene Speisekarte anbieten.
Em dachte darüber nach, welche Speisen auf der Karte auftauchen sollten, damit möglichst ein Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Gerichten vorhanden war. Während sie die Menge immer noch aufmerksam beobachtete, bemerkte sie, dass sie einen bestimmten Haarschopf nicht mehr entdecken konnte. Noch einmal schaute sie genauer hin, war überzeugt, dass sie sich gut in der Dämmerung verborgen hielt, und stellte sich auf Zehenspitzen ... konnte ihn aber trotzdem nirgendwo entdecken.
Er musste das Gasthaus verlassen haben.
Ein erschütterndes Gefühl der Leere durchflutete sie. Em hatte zwar nicht gewollt, dass er ihr Aufmerksamkeit schenkte -zumindest nicht ihr persönlich -, aber hätte er nicht wenigstens ein paar wohlmeinende Bemerkungen über die Veränderungen im Haus verlieren können? Noch dazu über die deutlich erhöhte Gästezahl, die, wie sowohl Edgar als auch John Ostler ihr berichtet hatten, bemerkenswert war.
Aber offenbar hatte Jonas nicht die Absicht, irgendwelche Bemerkungen zu machen.
»Schwelgen Sie ganz allein in Ihrem Triumph?«
Die Worte schmeichelten ihr förmlich in ihren Ohren, und die Wärme hauchte so über ihren Nacken, dass sie innerlich erzitterte.
Em wirbelte herum. Jonas stand in der Tür zu ihrem Büro, mit der Schulter an den Rahmen gelehnt.
Knapp zwei Meter entfernt.
Sie starrte ihn an.
Verführerisch lächelte er sie in der Dämmerung an.
»Ich kann Ihnen nur gratulieren, Miss Beauregard.« Er schaute an ihr vorbei in den vollen Schankraum. »Seit mehr
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