Stolz und Verfuehrung
sie auf seine Schultern und nutzte die Berührung, um das Gleichgewicht zu finden, während sie sich hochreckte - und ihre Lippen auf seine presste.
Ihn küsste. Nur ein Kuss, ein flüchtiger - um ihn zu erschüttern und davon abzuhalten, seine Frage zu wiederholen.
Nur ein rascher Kuss - weil ihr inzwischen klar geworden war, dass sie ihn innerlich ebenso berührt hatte wie er sie - aber noch nie im Leben war sie so sehr in Versuchung geraten.
Nie hatte es sie interessiert, nie hatte sie wissen wollen, verstehen wollen, warum ein Mann sie haben wollte. Aber Jonas Tallent war anders. Bei ihm musste sie es erfahren.
Ihn mit dem Kuss von seiner Frage abzulenken, war nur ein Vorwand. Ihre wahren Beweggründe lagen woanders - in der Entdeckungslust, dem Forscherdrang, der sie mit rücksichtsloser Entschlossenheit auf unbekanntes Terrain trieb. So war es bisher allen Colytons ergangen.
Entdeckungslust und Forscherdrang kamen ihr zuallererst in den Sinn. Seine Lippen waren kühl, fest und weniger weich als ihre. Die pure Überraschung hatte ihn erstarren lassen, seine Lippen waren unbeweglich und widerstandslos, als sie sie mit ihren eigenen prüfte.
In Sekundenbruchteilen. Denn Em wusste, dass sie sich sofort zurückziehen musste. Zögernd senkte sie die Fersen.
Die Hände hinter ihr rührten sich. Und dann hielt er sie fest, strich mit seinen kräftigen Fingern über ihren Rücken, presste die Handflächen an ihre Taille.
Und erwiderte den Kuss.
Er neigte den Kopf und presste seine Lippen auf ihre. Er schmeckte ihre Lippen, so wie sie seine geschmeckt hatte.
Aber die Wirkung war ganz anders als vorher. Gefühle durchströmten sie, warme und verlockende Gefühle. Ihr schwirrte der Kopf, wie sie es noch nie zuvor erlebt hatte. Erregung erfasste und durchdrang sie, bis eine Ahnung in ihr aufkeimte, ein Gedanke, ein Verlangen.
Eine Lust.
Mehr zu erfahren, mehr zu entdecken.
Der Druck seiner Lippen auf ihre wurde fester, unaussprechlich verführerisch, sein Mund spielte auf ihrem, lockte sie unverhohlen ...
Jonas zog sich kaum merklich zurück, fuhr mit der Zungenspitze über ihre Unterlippe, umschmeichelte sie sanft, lockte sie wieder ...
Und Em folgte ihm. Zum ersten Mal in ihrem Leben wollte sie wissen, spüren und erfahren, was ein Kuss bedeuten konnte.
Sie teilte die Lippen und ließ ihn ein.
Jonas erschauderte. Fühlte einen lächerlichen Schwindel, als er ihre Einladung annahm, fühlte sich unschätzbar geehrt, dass er sie überhaupt verdient hatte. Ihr Mund war unglaublich süß, köstlich verführerisch. Er nahm sie, drängte weiter, forderte behutsam.
Und lernte behutsam. Ihre Unschuld war offensichtlich, zumindest für ihn; sie war frisch und verführerisch, keine unwissende Unschuld, hinnehmend oder schüchtern, sondern lebhaft, eifrig und buchstäblich unberührt.
Em war auch vorher schon geküsst worden, aber nicht willentlich. Er war der erste Mann, den sie je willkommen geheißen hatte; dessen war er sich sicher. Dieser Gedanke wirbelte ihm durch den Kopf, als er sanft mit ihrer Zunge spielte, und er war sich der Verantwortung bewusst, die er mit sich brachte.
Niemals hätte er erwartet, dass sie ihn küssen würde, hatte sich nicht vorstellen können, dass sie es tatsächlich tun würde - hatte keinerlei Gedanken daran verschwendet, war nicht darauf vorbereitet gewesen -, und hatte daher auch keinen Plan, wie er mit der Situation umgehen sollte. Er hatte sie küssen wollen, schon seit ihrer ersten Begegnung, hatte aber nicht vorhergesehen, dass es heute passieren würde. Und jetzt war es geschehen ...
Em hatte ihn geküsst, hatte ihn dann mit ihrem Mund beschenkt und stand nun vor ihm, seine Hände waren um ihre Taille geschlossen ... Der Augenblick hielt ihn vollkommen gefangen, und er konnte an nichts anderes mehr denken als an die Anmut und Süße.
An ihre Anmut und Süße, die ihm zu Kopfe stiegen.
Er konnte nicht genug davon bekommen.
Musste mehr haben.
Wie verzaubert ließ Em ihn nach Herzenslust forschen; sie war ein wenig überrascht, sogar aus dem Gleichgewicht geworfen, als sie sich als Objekt seiner Erkundung wiederfand, anstatt selbst zu erkunden.
Jonas spürte es, neigte den Kopf und küsste sie noch leidenschaftlicher. Seine Zunge erfüllte ihren Mund. Fasziniert ließ sie es geschehen.
Eingehüllt in seine Wärme, in die kaum merkliche Anspannung seines Körpers, in das Gefühl, weich und verwundbar in seinen Armen zu liegen.
Bei diesem Gedanken erstarrte sie.
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