Stolz und Verlangen
nicht unangenehmes Hintergrundgeräusch. Als Bastard unter lauter Aristokraten müsste er sich eigentlich fehl am Platz vorkommen, doch Eliza gab ihm das Gefühl, er sei hier genau richtig. Und mit ihr an seiner Seite kam ihm das auch so vor.
»Welches Bild gefällt Ihnen bisher am besten?«, fragte sie.
»Ich glaube, das hier.« Er deutete auf ein Gemälde, das ein galoppierendes Pferd darstellte. »Wenn ich es ansehe, meine ich fast, den Wind zu spüren.«
»Mein Lieblingsbild ist das.« Sie führte ihn zu dem Bild einer tanzenden Nymphe mit wehendem Haar, in das Blüten und Bänder geschlungen waren. »Es ist eine wahre Kunst, nur mithilfe von Farben ein Bildnis zu erschaffen, das so lebendig wirkt, als würde die Figur gleich aus der Leinwand herabsteigen … Ich bin von dem Bild tief beeindruckt.«
»Und ich bin froh, dass Sie mit mir hier sind und nicht mit Tolliver«, erwiderte er.
Sie drückte seinen Arm. »Das geht mir genauso.«
Gemächlich setzten sie ihren Rundgang fort, blieben alle paar Schritte stehen, um eines der Gemälde genauer zu betrachten.
Nach etwa einer Stunde sagte Eliza: »Würden Sie mich bitte entschuldigen? Ich bin gleich wieder zurück.«
Am liebsten hätte Jasper ihr die Bitte abgeschlagen. »Aber lassen Sie mich nicht zu lange allein.«
Sie mischte sich in das Getümmel. Jasper glaubte, sie wolle irgendjemanden begrüßen oder einen Anstandsbesuch bei Lady Collingsworth machen, aber stattdessen verließ sie den Raum. Sofort setzte er sich ebenfalls in Bewegung. Er konnte nur dann für ihre Sicherheit sorgen, wenn er sie im Auge behielt.
Doch Lady Collingsworth fing ihn geschickt ab.
»Mylady«, sagte er mit einer leichten Verbeugung.
Sie hakte sich bei ihm unter und wies ihm mit ihrem Fächer den Weg. »Ich würde Sie gern etwas besser kennenlernen, Mr. Bond.«
»Oh?« Er blickte gerade rechtzeitig zum Ausgang, um zu sehen, wie Sir Richard Tolliver und seine Schwester die Ausstellung verließen.
»Elizas Mutter war eine enge Freundin von mir. Nach Lady Georginas Tod nahm ich die Kleine unter meine Fittiche. Ich liebe sie, als wäre sie mein eigenes Kind.«
»Sie ist eine außergewöhnliche junge Frau.«
»So jung ist sie gar nicht mehr«, sagte sie, ihn scharf musternd. »Sie hat sechs fehlgeschlagene Saisons hinter sich.«
»Weil sie es selbst so wollte. Aber sie ist nicht nur jung an Jahren. Sie hat eine beinahe kindliche Art, ihre Gefühle auszudrücken.«
»Sie hören sich an, als würden Sie Eliza gut kennen, doch bis gestern habe ich noch nie etwas von Ihnen gehört. Was führt Sie hierher, Mr. Bond? Und wann werden Sie wieder in Ihre Heimat zurückkehren?«
Während sie zu einer Ecke des Raums schlenderten, überlegte Jasper, wie er auf die Frage antworten sollte. Eine hastig formulierte Lüge könnte Elizas Privatsphäre verletzen. »Ich bin geschäftlich hier.«
»Sind Sie im Handel tätig?« Lady Collingsworth wich ein Stück zur Seite, um Jasper besser begutachten zu können. »Erfolgreich, wie es aussieht.«
Jasper lächelte. »Spricht es für mich, dass ich nicht hinter Miss Martins Vermögen her bin?«
»Kommt darauf an, wohinter Sie sonst her sind. Ich bin nicht blind. Ich sehe, auf welche Art Sie Miss Martin betrachten.«
»Ich bin auch nicht blind.«
»Ganz schön frech, junger Mann«, schalt sie ihn, aber ihre Augen blitzten amüsiert auf. »Was sind denn Ihre Absichten?«
Den Blick auf ein riesiges Gemälde geheftet, sann er über eine Antwort nach. Schlussendlich umging er die Frage. »Mir liegen vor allem ihre Sicherheit und ihr Glück am Herzen.«
Und dennoch könnten seine »Absichten«, so wie sie waren, sehr wohl ein Risiko für ihre Sicherheit und ihr Glück bedeuten. Eliza schien einen gewissen Halt darin finden, wenn sie ihre sanfteren Seiten ignorierte. Schon jetzt hatte ihre Bekanntschaft dazu geführt, dass sie zutiefst verwirrt war und gegen jede Vernunft handelte.
»Exzellente Einstellung«, bemerkte Lady Collingsworth. »Damit stimme ich absolut überein. Wenn Sie gestatten, so schlage ich vor, dass Sie ihr lieber früher als später den Hof machen. Es wäre schön für sie, die letzten Wochen der Saison als verlobte Frau zu genießen.«
Die Anspannung kehrte in Jaspers Schultern zurück, wenn auch aus einem anderen Grund. Seine Worte sorgsam abwägend, entgegnete er: »Ich bin mir nicht sicher, ob sie mit mir gut beraten wäre.«
»Verstehe.« Ein längeres Schweigen trat ein, im Verlauf dessen Lady Collingsworth mit ihren
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