Stolz und Verlangen
behandschuhten Fingern gegen Jaspers Arm trommelte. »Wissen Sie, Mr. Bond, ich kann an einer Hand abzählen, wie oft ich Eliza dabei beobachtet habe, wie sie in der Öffentlichkeit lächelt.«
»Sie lächelt nicht oft«, pflichtete er ihr triumphierend bei, weil sie ausgerechnet ihn heute so strahlend angelächelt hatte.
»Ich schlage vor, Sie lassen Eliza selbst entscheiden, was für ihre Sicherheit und ihr Glück erforderlich ist. Spekulationen mögen im Geschäftsleben nötig sein, doch in Herzensdingen führen sie oft zu Fehleinschätzungen.«
»Ich werde diesen Rat überdenken.«
Sie verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln. »Ich verstehe, was ihr an Ihnen gefällt, Mr. Bond. Sie hören zu. Ich vermute, Sie handeln nicht immer danach, was man Ihnen sagt, aber Sie hören wenigstens zu.«
Als sie zum Eingangsbereich zurückkehrten, gab ihn Lady Collingsworth wieder frei. Jasper verbeugte sich knapp, ehe er mit unziemlicher Hast den Raum verließ. Nun wurde er allerdings von Lord Westfield aufgehalten, der mit einer appetitlich aussehenden Blondine am Arm auf die Ausstellungshalle zuging.
»Holla, Bond«, rief Westfield. »Wohin so eilig?«
Seine Lordschaft beugte sich zu seiner Begleiterin hinunter und wisperte ihr etwas zu. Mit einem Lächeln, das alle möglichen köstlichen Dinge verhieß, ging sie dann weiter in die Halle und ließ Westfield allein mit Jasper zurück.
»Miss Martin hat den Raum vor wenigen Minuten verlassen«, sagte Jasper.
»Und Sie folgen ihr mit bemerkenswerter Zielstrebigkeit.«
»Man hat mich bereits zweimal aufgehalten.« Sein grimmiger Blick verriet, wer für die zweite Verzögerung verantwortlich war.
»Wohlan«, sagte Seine Lordschaft, »dann werde ich Abbitte leisten, indem ich Ihnen den Weg zur Damentoilette weise, wo sich die Dame womöglich aufhält. Es sei denn, Sie haben sie so erschreckt, dass sie die Flucht ergriffen hat. So finster, wie Sie dreinsehen, jagen Sie sogar mir Angst ein.«
Jasper stöhnte leise auf.
Lachend und mit leicht süffisantem Unterton gab ihm Westfield eine genaue Wegbeschreibung. Jasper war zwar dankbar für die Hilfe, aber auch ein wenig gereizt über die Belustigung, die er bei Westfield auslöste.
Mit einem Tippen an die Hutkrempe verabschiedete er sich und machte sich auf die Suche nach Eliza. Sie war seit mehreren Minuten verschwunden, was für die meisten Frauen eine unerhebliche Zeitspanne war, doch etwas zu lang für eine Frau, die kein Aufhebens um ihr Aussehen machte. Als er um die Ecke bog, drang Elizas Stimme an sein Ohr. Sie selbst war nicht zu sehen, da sie von einer männlichen Statue verdeckt wurde, die sich in der Mitte der Eingangshalle auf einer mit Rollen versehenen Plattform befand. Eliza redete mit den Männern, die sich vergebens bemühten, die Statue weiterzuziehen, und erklärte ihnen in freundlichem, kompetentem Ton, dass sich wahrscheinlich eine der Rollen im Läufer verfangen habe.
Kopfschüttelnd ging Jasper auf sie zu. Es war typisch für sie, dass sie einfach stehen blieb und ihren Rat anbot, auch wenn dieser vielleicht belanglos war. Versonnen lächelte er in sich hinein. Sie hatte gesagt, er sei ein Mann, der mehr Muskeln als Verstand hätte, und das wollte er auch gar nicht abstreiten. Aber offenbar vermochte ihn eine scharfsinnige Beobachterin genauso zu erregen wie eine nackte Frau.
»Miss Martin!«, rief er.
»Mr. Bond.« Ihr Kopf tauchte neben dem Oberschenkel der Statue auf. »Ich bin schon seit einiger Zeit auf Augenhöhe mit dem Hinterteil dieses Kunstwerks. Wie es scheint, hat sich eine der Rollen verklemmt.«
»Vielleicht können Sie sich an der Plattform vorbeischieben«, schlug er vor, während er den Abstand zu beiden Seiten abschätzte. Trotz der Größe der Eingangshalle war seitlich der Plattform kaum noch Platz. Die darauf befindliche Statue war so riesig, dass sie die gesamte Halle dominierte.
Langsam näherte sich Jasper. »Können Sie der Dame vielleicht vorbeihelfen?«, fragte er die beiden rotgesichtigen Männer, die mit aller Kraft versuchten, die Plattform mit der Statue nach vorne zu schieben.
»Natürlich«, keuchte der Größere von ihnen. Er richtete sich auf, zog ein Taschentuch heraus und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
Der kleinere Mann schien indes nicht willens zu sein, seine Arbeit aus Höflichkeit gegenüber einer Dame zu unterbrechen. Er nahm kurz Anlauf und rammte die Schultern gegen die Plattform. Der jähe Stoß löste die im Läufer verhakte Rolle,
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