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Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Titel: Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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ihr ihm die Pflicht, die sein Gerechtigkeitssinn ihm vorschrieb, jedenfalls lieber und weniger unangenehm gemacht hatte. Es quälte sie nur, daß ihre Familie einem Menschen verpflichtet war, der niemals ihren Dank entgegennehmen würde. Lydias guten Ruf, das Ansehen der ganzen Familie — alles verdankte man ihm! Wie bitter leid taten ihr jetzt alle häßlichen Gefühle, die sie gegen ihn gehegt, wie leid jedes unbedachte, harte Wort, das sie gegen ihn ausgesprochen hatte! Sie selbst fühlte sich tief gedemütigt; auf ihn jedoch war sie stolz — stolz darauf, daß Mitleid und Ehrgefühl eine solche Selbstüberwindung bei ihm bewirkt hatten.
    Elisabeth las noch einmal die Worte ihrer Tante über ihn. Sie sagten bei weitem nicht genug; aber sie freute sich doch über das Wenige. Sie konnte sogar ein gewisses Glücksempfinden nicht unterdrücken, wenn auch nicht ohne ein gleichzeitiges schmerzliches Bedauern, daß sowohl ihre Tante wie ihr Onkel ohne weiteres fest davon überzeugt gewesen waren, zwischen Darcy und ihr bestehe ein geheimes Einvernehmen.
    Das Geräusch von näher kommenden Schritten schreckte sie aus ihren Gedanken; sie erhob sich, aber bevor sie davoneilen konnte, tauchte Wickham auf und trat auf sie zu.
    »Störe ich deine einsamen Grübeleien, teure Schwägerin?« fragte er.
    »Gewiß tust du das«, erwiderte sie lächelnd, »aber damit ist ja nicht gesagt, daß die Störung auch unwillkommen ist.«
    »Das hätte mir auch leid getan. Wir waren doch immer gute Freunde, und jetzt sind wir, hoffe ich, noch bessere.«
    »Das hoffe ich ebenfalls. Kommen die anderen auch hierher in den Garten?«
    »Ich weiß nicht. Lydia und ihre Mutter sind im Wagen nach Meryton gefahren. Was ich fragen wollte: Stimmt das — ich hörte von deinem Onkel und deiner Tante, daß du tatsächlich das sagenhafte Pemberley gesehen hast?«
    Elisabeth nickte bestätigend.
    »Fast könnte ich dich um dieses Vergnügen beneiden, aber ich glaube, mich würde es zu sehr überwältigen, sonst könnte ich es mir ja auf meiner Fahrt nach Newcastle leisten. Du hast auch die alte Haushälterin gesehen? Die gute alte Reynolds; sie hat mich immer sehr gern gehabt. Aber sie hat wahrscheinlich gar nicht über mich gesprochen.«
    »Doch, das tat sie.«
    »Nun, und was sagte sie?«
    »Daß du ins Heer eingetreten seist und daß sie fürchte, du seiest dort auf — auf Abwege geraten. Du weißt ja, bei diesen Entfernungen kommen die verdrehtesten Gerüchte auf.«
    »Ja, wirklich«, entgegnete er, sich auf die Lippen beißend. Elisabeth hoffte, ihn damit zum Schweigen gebracht zu haben; aber er fing bald wieder an.
    »Ich wunderte mich, daß ich Darcy unlängst so häufig in London begegnete. Was mag er dort wohl zu tun gehabt haben?«
    »Vielleicht trifft er seine Vorbereitungen für seine Heirat mit Miss de Bourgh«, antwortete Elisabeth. »Es muß schon etwas sehr Ungewöhnliches sein, das ihn zu dieser Jahreszeit nach London getrieben hat.«
    »Zweifellos. Hast du ihn einmal getroffen, während du in Lambton warst? Ich glaube, die Gardiners sagten so etwas.«
    »Ja. Ich habe dort auch seine Schwester kennengelernt.« »Gefiel sie dir?«
    »Sehr.«
    »Ich hörte auch, daß sie sich in den letzten zwei Jahren sehr herausgemacht haben soll. Als ich sie zuletzt traf, sah sie nicht gerade sehr vielversprechend aus. Es freut mich, daß du sie nett fandest; hoffentlich entwickelt sie sich weiter so gut.«
    »Ich habe da gar keine Angst; über ihre Sturm- und Drangperiode ist sie ja nun hinaus.«
    »Seid ihr an Kympton vorbeigekommen?«
    »Nicht, daß ich wüßte.«
    »Ich nenne es nur, weil dort die Pfarre liegt, die ich eigentlich hätte bekommen sollen. Ein entzückender Ort! Ein wunderschönes Pfarrhaus! Ich hätte mir nichts Besseres wünschen können!«
    »Hätte es dir denn auch Freude gemacht, Predigten auszudenken und auszuarbeiten?«
    »Ja, sicher! Es wäre doch meine Pflicht gewesen und hätte mir dann sicherlich auch bald keine Mühe mehr gemacht. Man soll ja nicht jammern, aber das wäre für mich gerade das Richtige gewesen! Die Ruhe dort und ein zurückgezogenes Leben, das ist genau das, was ich mir unter Glück und Zufriedenheit vorstelle! Aber es sollte ja nun einmal nicht sein. Hat Darcy jemals mit dir über diese Pfarr-Angelegenheit gesprochen?«
    »Ich habe allerdings einiges darüber gehört, und zwar von einer Seite, die mir höchst glaubwürdig vorkam; danach enthielt das Testament eine bestimmte Klausel, und dann hatte der

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