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Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Titel: Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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betrüben können. Ich sprach häufig mit ihr auf das Ernsteste, machte ihr Vorstellungen über die Verworfenheit ihres Tuns und versuchte ihr klarzumachen, welchen Kummer sie ihrer Familie bereitet habe. Aber falls sie überhaupt etwas von meinen Worten gehört hat, dann geschah das nur durch Zufall; denn zuhören tat sie gewiß nicht. Manchmal fiel es mir richtig schwer, noch freundlich zu ihr zu sein, aber dann dachte ich an meine liebe Elisabeth und die sanftmütige Jane und beherrschte mich um euretwillen.
    Darcy kam rechtzeitig zurück und war, wie Lydia euch erzählte, bei der Trauung zugegen. Am folgenden Tage speiste er bei uns und wollte am nächsten Mittwoch oder Donnerstag London wieder verlassen. Wirst Du es mir sehr übelnehmen, meine liebe Lizzy, wenn ich diese Gelegenheit benutze, um Dir zu sagen, wozu ich bisher nie den Mut aufbringen konnte, nämlich, daß ich ihn sehr gern habe? Er hat sich in jeder Beziehung so freundlich und zuvorkommend gegen uns benommen wie damals in Derbyshire. Sein Verständnis für alles und seine sachlichen Ansichten haben mir außerordentlich gefallen. Es fehlt ihm tatsächlich nur ein wenig mehr Lebhaftigkeit, und das kann seine Frau ihm beibringen, wenn er die richtige heiratet. Ach ja, hinterhältig ist er zwar auch noch — er hat nicht ein einziges Mal Deinen Namen erwähnt! Aber diese Art von Hinterhältigkeit scheint ja jetzt modern zu sein. Verzeih mir, wenn ich zuviel für selbstverständlich halte, oder bestrafe mich wenigstens nicht dadurch, daß Du mir den Besuch in P verwehrst. Ich werde erst richtig glücklich sein, wenn ich den herrlichen großen Park dort noch einmal genau mir angesehen habe. Ein kleiner Sportwagen mit einem netten Paar Ponys davor wäre dafür gerade das Geeignete. Aber ich muß jetzt aufhören; die Kinder rufen schon seit einer halben Stunde nach mir.
    Deine Dich liebende Tante M. Gardiner.‹
    Der Brief versetzte Elisabeth in einen Zustand, von dem es schwer zu sagen gewesen wäre, ob er ihr angenehm oder unangenehm war. Der unbestimmte und unsichere Verdacht, weshalb Darcy der Trauung ihrer Schwester beigewohnt haben mochte, war also nun in unerwartetem Ausmaße bestätigt worden — ein Verdacht, den sie ängstlich unterdrückt hatte, weil er eine zu große, zu unwahrscheinliche Hochherzigkeit bewiesen hätte, und den sie doch im Grunde ihres Herzens nicht ungern gehegt hatte! Er war dem flüchtigen Paar absichtlich nach London gefolgt; er hatte sich, ohne zu zögern, allen Mühen und Unannehmlichkeiten unterzogen, die eine solche Suche mit sich brachte; er hatte als Bittender zu einer Frau gehen müssen, die er vermutlich über alles verachtete und verabscheute; er hatte sich endlich dazu bereit finden müssen, den Menschen aufzusuchen, dem er am allerwenigsten auf der Welt zu begegnen wünschte und dessen Namen auszusprechen für ihn schon eine Strafe bedeutete; er hatte sich bereit finden müssen, ihn wiederholt zu treffen, ihn zur Vernunft zu bringen, und schließlich hatte er ihn sogar bestechen müssen. Das alles hatte er für ein Mädchen getan, das er weder schätzen, noch achten konnte.
    Allerdings schien Elisabeths Herz ihr zuzuflüstern, daß er das alles möglicherweise für sie selbst getan haben könne. Aber andere Überlegungen bereiteten dieser winzigen Hoffnung schnell ein Ende; sie fühlte, daß sogar alle ihre Eitelkeit nicht dazu ausreichen würde, um sie von seiner Neigung für sie zu überzeugen, die ja nicht bloß ihre damalige unfreundliche Ablehnung vergessen mußte, sondern jetzt auch noch die höchst begreifliche Abneigung zu überwinden hatte, in ein Verwandtschaftsverhältnis zu Wickham zu treten. Darcy, der Schwager von Wickham! Auch der geringste Stolz, die bescheidenste Selbstachtung mußten sich gegen eine solche Vorstellung aufbäumen! Er hatte wahrlich genug für sie getan. Sie schämte sich, wenn sie daran dachte, wieviel! Aber er hatte ja dafür seine Gründe angegeben, Gründe, die anzuerkennen keine besondere Leichtgläubigkeit voraussetzte. Es war doch ganz natürlich, daß er der Ansicht war, mit seinem Schweigen über Wickhams wahren Charakter unrecht getan zu haben; nun war er eben großzügig und besaß auch die Mittel, um seiner Großzügigkeit entsprechend sein Unrecht wieder gut machen zu können.
    Elisabeth versuchte gar nicht mehr, sich einzureden, daß sie der Hauptgrund für seine Handlungsweise gewesen sei, aber sie wollte doch noch gern glauben, daß ein kleiner Rest einer Liebe zu

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