Stolzes Herz und heiße Küsse (German Edition)
dir doch nichts, da brauchst du dich doch nicht um ihre Ehre zu duellieren.“
Brabourne stieß den Atem aus und hielt inne. Er wandte sich an seinen Freund. „Jetzt noch nicht.“
Ravensford hob eine Braue, sagte aber nichts und wartete geduldig ab.
„Bisher habe ich mich gegen das Unvermeidliche gesperrt. Prinny hat mir befohlen, das Mädchen zu heiraten. Selbst du hast gesagt, dass ich mich wie ein Ehrenmann verhalten soll, obwohl ich ja gar nichts dafür konnte, dass sie in mein Haus gebracht wurde. Ich habe mich euch beiden widersetzt, weil ich die Fesseln der Ehe nicht wünsche. Außerdem will ich die Gesellschaft in ihren kleinlichen Vorurteilen nicht auch noch bestätigen.“
Er setzte sich wieder in Bewegung, wobei er die Strecke mit seinen langen Beinen so rasch hinter sich legte wie ein Vollblüter auf der Zielgeraden. Ravensford folgte, ein Lächeln in den Augen.
„Aber du kannst nicht zulassen, dass sie mit Schmutz beworfen wird, stimmt’s?“
„Nein.“
Das knappe Wort klang endgültig.
„Wusste ich doch, dass du dich wie ein Ehrenmann verhalten würdest“, sagte Ravensford.
Brabourne schenkte seinem Freund einen ironischen Blick. „Ach ja? Dabei wusste noch nicht einmal ich selber, dass ich die Interessen eines anderen über meine eigenen stellen könnte.“
Ravensford schüttelte den Kopf. „Da urteilst du zu streng. Ich kenne eine Menge Leute, denen du auf deine Kosten helfen würdest.“
„Aber keiner davon ist ein Mädel vom Land, das ich kaum kenne.“ Seine Bemerkung triefte vor Selbstironie.
„Du kennst doch den alten Spruch“, sagte Ravensford. „Für alles gibt es ein erstes Mal. Wenn dem nicht so wäre, gäbe es den Spruch auch nicht.“
Brabourne schnaubte und setzte seinen Weg fort. Wieso nur hatte ihn diese junge Frau derart gepackt? Sicher, er bewunderte ihren Mut und ihre Entschlossenheit. Ihm gefiel, wie sie sich erst um andere kümmerte. Sie zog ihn sogar körperlich an, was er nicht gedacht hätte. Sie glich weder den erfahrenen Witwen noch den Kurtisanen, mit denen er sich sonst abgab. Doch keiner dieser Gründe reichte aus, um sie zu heiraten.
Es musste etwas anderes sein, aber er hatte keine Ahnung, was es sein mochte.
8. KAPITEL
„Ich will Brabourne aber nicht heiraten.“ Juliet sprang auf, worauf der zierliche, mit gelb gestreifter Seide bezogene Sessel gefährlich ins Schwanken geriet.
„Du hast überhaupt keine andere Wahl“, entgegnete Lady Smythe-Clyde. Ihre Worte trieften vor Bosheit.
Aufgeregt schritt Juliet im Raum auf und ab. „Warum ist Papa nicht hier, um mir das zu sagen?“
Lady Smythe-Clydes glockenhelles Gelächter erfüllte den Raum. „Sei doch nicht albern. Du weißt, wie sehr er mit seinen Experimenten beschäftigt ist. Du kannst von Glück sagen, dass er sich die Zeit genommen hat, Brabourne zu empfangen. Nach allem, was passiert ist!“
Juliet zog eine finstere Miene. „Das überrascht mich aber, dass Papa dies getan hat.“
„Nun, du hast es auch mir zu verdanken.“ Emily rückte ihre blonden Locken zurecht und lächelte selbstzufrieden, allerdings nur kurz. „Wenn man bedenkt, wie es um deinen Ruf bestellt ist, solltest du über diesen Antrag entzückt sein.“
„Bin ich aber nicht.“ Juliet blieb vor dem Fenster stehen. Draußen fuhren Kutschen vorbei, Passanten flanierten vorüber, eine Kinderfrau und ihre Schützlinge kamen näher, bepackt wie eine Postkutsche.„Wenn du dich zu benehmen gewusst hättest, wäre nichts von alldem passiert.“
Emily sprang auf die Füße. „Wage es ja nicht, so mit mir zu reden.“
Juliet fuhr herum. Sie war nun wirklich zornig. Wegen dieser Frau war ihr Ruf zerstört, und nun sollte sie wie ein Möbelstück an den Duke weitergereicht werden. Sie konnte sich nicht mehr beherrschen.
„Ich rede mit dir, wie es mir gefällt. Uns ging es allen prächtig, bevor du über uns hereingebrochen bist mit deinem Londoner Gehabe und deinem Kleinmädchengesicht.“ Sie hob das Kinn. „Außerdem braucht Papa mich.“
Emily trippelte zu Juliet hinüber. Sie reichte ihrer Stieftochter gerade mal bis zur Nase. „Mach dir nichts vor. Dein Papa ist glücklich, und das ist alles, was zählt. Solange er mich hat, braucht er dich nicht.“
Finster starrte Juliet auf ihre Gegnerin hinab. Aller Kampfeswillen hatte sie verlassen, wie bei einem Ballon, aus dem man die Luft herauslässt. Jedes einzelne Wort, das ihre Stiefmutter gesagt hatte, war wahr. Papa war vollkommen vernarrt in seine neue
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