Stolzes Herz und heiße Küsse (German Edition)
Überlegungen.
Juliet und ihr Bruder bewegten sich auf die Tür zu; offensichtlich wollten sie heimgehen. Als sie sich einer Gruppe von Matronen näherten, musterten die älteren Damen sie hochmütig von oben bis unten und drehten ihnen dann den Rücken zu.
Dies erfüllte Brabourne mit kalter Wut.
„Immer mit der Ruhe“, sagte Ravensford, der unversehens zu ihm herübergeschlendert war. „Alles, was du jetzt tust, verschlimmert die Sache doch nur noch.“
„Wie immer spricht aus dir die Stimme der Vernunft.“
„Das macht es auch nicht leichter, wenn du dich für das Verhalten verantwortlich fühlst, das man dem Mädchen gegenüber an den Tag legt.“
„Ich bin nicht im Mindesten verantwortlich für die üble Lage dieser Göre“, erwiderte er, härter als beabsichtigt. „Sie tut mir nur leid. Mehr nicht.“
„Aber natürlich“, murmelte Ravensford.
Brabourne sah ihn an. „Ironie ist deinem Ruf als Charmeur aber nicht zuträglich.“
„Genauso wenig wie es deinem Ruf, weiblichen Reizen gegenüber unempfänglich zu sein, zuträglich ist, wenn du dich darüber erregst, wie eine Frau behandelt wird.“
„ Touché .“
„Lass uns verschwinden, bevor noch etwas passiert“, meinte Ravensford. „Bei White’s ist es sicherlich interessanter. Zumindest bekommen wir dort etwas Anständiges zu essen und zu trinken.“
„Einverstanden“, sagte Brabourne und ging voraus. Aber deswegen hatte er sich über die Ereignisse an diesem Abend noch lang nicht beruhigt – er verbarg seine Gefühle nur, wie immer. Diese Lektion hatte ihm sein Vater erteilt.
Brabourne schlenderte in den Clubraum von White’s, äußerlich gelassen, innerlich voll Zorn. Er sah sich in dem getäfelten Raum um, erkannte die Stammgäste: Alvanley, Holland und andere. Langsam ließ er sich von der entspannten Atmosphäre anstecken.
„Das ist viel besser“, sagte Ravensford. „Eine Weile dachte ich, du würdest hochgehen wie einer dieser Feuerwerkskörper in Vauxhall.“
„Diese alten Krähen mit ihren faden Töchtern sind manchmal mehr, als ich verkraften kann.“
„Erschütternd“, stimmte Ravensford zu.
Die beiden Männer traten an einen Tisch, an dem Whist gespielt und dem Portwein mit einer Entschlossenheit zugesprochen wurde, die ihresgleichen suchte. Einer der Spieler sah auf. Als er Brabourne entdeckte, verzog er sorgenvoll das Gesicht.
„Was ist denn los, Durkin, schon wieder am Verlieren?“, fragte Ravensford grinsend.
Durkin schüttelte den Kopf und schüttete den dunkelroten Wein in seinem Glas hinunter. „Viel schlimmer.“
Brabourne sah auf den Mann hinunter, dessen rotblonde Haare und blaue Augen im Kerzenlicht aufzuleuchten schienen. Sie hatten miteinander die Schule besucht, und auch wenn sie nicht die allerbesten Freunde waren, hatten sie einander immer gut leiden können. Wenn Durkin nervös war, hieß das, dass irgendetwas nicht stimmte.
„Was weißt du, Durk, das wir nicht wissen?“, fragte er, den alten Spitznamen aus der Schulzeit benutzend.
Durkin fuhr sich durch das ohnehin schon wirre Haar und sah seinen Partner erschöpft an, der ihm daraufhin zunickte.
„Sag es ihm lieber gleich“, riet Salter, aus dessen braunen Augen ebenso viel Sorge sprach wie aus Durkins. „Jetzt ist ohnehin bald der Teufel los.“
Brabourne versteifte sich. Es gab nur ein Thema, bei dem er so in Wut geriet, wie seine Freunde es nun für wahrscheinlich hielten. Seine Mutter und ihre Liebschaften.
„Worum handelt es sich?“, fragte er mit harter Stimme.
„Das Wettbuch. Schau mal rein.“
Brabourne sah von einem zum anderen und nickte knapp. Mit wenigen großen Schritten hatte er das Buch erreicht, blätterte zur letzten beschriebenen Seite und las, was dort stand. Wann wird ein gewisser Duke wohl der liebreizenden Miss S-C müde, sodass ein anderer ebenfalls sein Glück versuchen kann?
Er schloss das Buch mit einem Knall. Seine Augen wurden schmal und blitzten vor Zorn, während er sich im Raum umsah. Die meisten Anwesenden begegneten seinem Blick, ein paar sahen weg. Wortlos verließ er den Club. Ravensford eilte ihm nach.
Brabourne war froh, dass er seine Kutsche schon heimgeschickt hatte. Er musste seinem Zorn Auslauf verschaffen. Die kühle sommerliche Nachtluft tat ihm wohl.
„Schlimme Sache, was“, sagte Ravensford neben ihm.
„Eine tödliche Sache, wenn ich herausbekomme, wer das geschrieben hat“, gelobte Brabourne.
Neugierig starrte Ravensford seinen Freund an. „Die Kleine bedeutet
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