Stolzes Herz und heiße Küsse (German Edition)
hervor.
„Ich bring dich auf dein Zimmer“, sagte er abrupt. „Komm mit.“ Er streckte ihr den Arm entgegen.
Mit einem Mal war die ungezwungene Stimmung vorüber, und sie sah beunruhigt zu ihm auf. Unerbittlich stand er da und wartete. Juliet wusste, wann sie sich geschlagen geben musste. Ungnädig nahm sie seine Begleitung an.
Sein Unterarm fühlte sich stark und muskulös an. Die Kraft, die darin steckte, hatte sie schon bei der Rettung kennengelernt und bei seinen Annäherungsversuchen. Doch daran wollte sie im Augenblick nicht denken.
Sie stiegen eine Treppe hinauf, die so breit war, dass drei Damen in den Reifröcken vergangener Zeiten nebeneinanderher gehen konnten. Vor ihnen erstreckte sich glänzender Marmor, auf dem ein prächtiger roter Teppich lag. In regelmäßigen Abständen kamen sie an einem Lakaien vorbei, der sich vor ihnen verneigte, bis sie vorüber waren. Es war überwältigend und übertrieben.
„Du regierst hier wie ein Potentat“, sagte Juliet, die die Missbilligung kaum aus ihrer Stimme heraushalten konnte.
„Höre ich da eine Spur Missvergnügen? Du wirst dich daran gewöhnen müssen. Weniger wäre meiner Stellung nicht angemessen.“
Hatten seine letzten Worte bitter geklungen? Sie sah ihn an. Wie üblich verriet sein Gesicht nichts.
Vor einer zweiflügeligen Tür, in die das Wappen und das Motto der Familie geschnitzt waren, machten sie Halt. In Juliet breitete sich ein merkwürdiges Gefühl aus.
Mit der freien Hand öffnete Brabourne die Tür. „Das hier ist dein Salon. Dahinter befinden sich dein Schlafzimmer und das Zimmer deiner Zofe.“
Der Raum war ganz in Schwarz und Hellgrün gehalten, den Farben des Duke of Brabourne, und war einfach atemberaubend. Ein Sofa und diverse Sessel waren um einen Tisch gruppiert, der zum Tee gedeckt war. An einer Wand standen ein großer Sekretär und eine Reihe von Bücherregalen. Auf dem Parkettboden lag ein wertvoller Teppich. Die Fenster, vor denen die grünen, schwarz abgesetzten Vorhänge aus Brokat zur Seite gerafft waren, boten einen Ausblick auf den stürmischen Ärmelkanal. Juliet konnte sich gut vorstellen, dass sie bei einem Sturm die anbrandenden Wellen würde hören können.
„Großartig“, sagte sie atemlos.
„Diese Räume werden traditionellerweise von der Duchess bewohnt. Meine Räume sind mit deinem Schlafzimmer durch eine Tür verbunden.“
Sie war nicht überrascht. Allerdings war es ein Verstoß gegen die Schicklichkeit, dass er sie hier vor der Hochzeit unterbrachte.
Anscheinend konnte er ihre Gedanken lesen. „Ab morgen fällt das nicht mehr ins Gewicht. Ich habe es satt, mich nach engstirnigen Leuten zu richten.“
Es gab nichts, was sie hätte sagen können. Noch war sie hier nicht die Herrin. Außerdem stimmte sie ihm im Wesentlichen zu. Auch sie hatte es von Grund auf satt, sich ihr Leben von den Erwartungen anderer durcheinanderbringen zu lassen.
„Ich lasse dich jetzt allein“, sagte er und gab ihren Arm frei. „Wir halten uns hier an die ländlich-frühe Stunde, trotz Prinnys Anwesenheit, aber wir kleiden uns um zum Essen. Die Glocke zum Dinner klingelt um sechs.“
„Der Prinzregent ist hier?“ Sie hatte gewusst, dass Brabourne ihm nahestand und er der Hochzeit beiwohnen wollte, aber sie hatte gedacht, er würde erst am nächsten Morgen eintreffen.
„Er ist schon ein paar Tage hier. Er liebt die Jagd.“
Die Stimme des Dukes verriet nichts, und Juliet fragte sich, was der Prinzregent wohl sonst noch alles liebte. Aber es ging sie nichts an.
„Wir werden beim Dinner zu zwanzig sein“, fügte er noch hinzu, ehe er sie allein ließ.
Lang nachdem er weggegangen war, starrte Juliet noch auf die Tür. Für ihn mochten zwanzig Leute wenig sein, aber für sie waren es viel zu viele. Der Tag war lang gewesen, ebenso die Woche davor. Morgen war ihre Hochzeit, die in der Kapelle von Brabourne Abbey stattfinden sollte. Sie hatte wirklich keine Lust, den Vorabend damit zu verbringen, Aufregung und Begeisterung zu heucheln.
Einige Stunden später betrachtete Juliet sich in dem großen geschliffenen Spiegel. Sie trug jenes bronzefarbene Seidenkleid, das sie bei Almack’s angehabt hatte, und dazu ihre einreihige Perlenkette. Goldbänder waren in ihr Haar geflochten. Irgendetwas fehlte jedoch.
Sie sah wie ein Schulmädchen aus. Das wollte sie nun wirklich nicht. Bisher hatte sie das nicht gestört, doch in dieser hochherrschaftlichen Umgebung kam sie sich ziemlich linkisch vor. Fehl am Platz.
Und
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