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Stone Girl

Stone Girl

Titel: Stone Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyssa B. Sheinmel
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sich wissend zu. Sie gehören zu der Sorte Mädchen, die wissen, dass etwas nicht total einzigartig sein kann. In ihren Ohren klingt der Fehler wie ein Nagel auf einer Schiefertafel. Und egal wie dankbar sie später sind, als die Verkäuferin die Hose in Janeys Größe findet, sie glauben dennoch, dass genau dies sie beide von ihr unterscheidet: Da sie nun mal wissen, dass etwas nicht »total einzigartig« sein kann, werden sie nie als Verkäuferinnen bei Saks enden.
    Natürlich teilen sie sich eine Umkleidekabine, um die Meinung der anderen zu hören und damit jede der jeweils anderen alle Stücke, die sie anprobiert, zeigen muss. Und es ist auch wirklich ein riesiger Raum, mit zwei Spiegeln und einer langen Bank dazwischen, auf die sie ihre Mäntel und Taschen geworfen haben. Janey hat sich ihre Hose schon abgestreift und schlüpft in die Lederjeans. Sethie denkt, dass sie genau das Gegenteil gemacht hätte. Sie hätte gewartet und ihr liebstes Stück erst ganz zum Schluss anprobiert.
    Sethie setzt sich auf die Bank.
    »Wo sind deine Eltern diese Woche?«, fragt sie.
    »Espan-ya«, antwortet Janey in übertriebenem Akzent. »Barthelona, Andaluthia, Ibitha.« Janey hopst auf und ab, um die Lederjeans besser nach oben ziehen zu können.
    »Ich war noch nie in Europa«, sagt Sethie.
    »Ach, na ja …« Janey dreht sich um und betrachtet ihren Hintern prüfend im Spiegel. »Da ist es längst nicht so toll, wie alle sagen.«
    »Ach nein?«
    Janey zuckt die Achseln. »Es ist schon schön. Ich meine, was ich gesehen habe, gefällt mir. Aber …« Janey rafft sich die Haare im Nacken zusammen, als könne sie so besser sehen, ob ihr die Jeans passen. Sethie starrt auf Janeys Schlüsselbein, eine gerade Linie unter ihrem T-Shirt. »Schätze, ich bin mehr der häusliche Typ.«
    Sethie lächelt. »Wie konntest du mit Eltern, die so viel reisen, ein häuslicher Typ werden?«
    »Also, wenn es einen Weg gibt, ein häuslicher Typ zu werden, dann mit Eltern, die so viel reisen.« Janey beugt sich nach vorne, um sich die Hose abzustreifen. »Die hier kommen in jedem Fall auf den Ja-Stapel«, sagt sie, während sie die Jeans auf den Boden wirft und nach der nächsten Hose greift. »Ich war elf, als mein Vater in den Vorruhestand gegangen ist und meine Eltern beschlossen haben, durch die Welt zu jetten. Ich fand es cool. Sie haben mich von der Schule freigestellt, um mit mir nach Monte Carlo zu fahren. Und während alle anderen ins Ferienlager mussten, war ich in den Schweizer Alpen. Aber diese ganzen Reisen waren eigentlich nicht das Richtige für mich, das war eher was für Erwachsene. Weißt du, in Spanien isst kein Mensch vor zehn Uhr zu Abend. Hast du eine Ahnung, wie schwer das für ein hungriges Kind mit Jetlag zu ertragen ist, das nichts anderes will als ein paar Pommes und noch nicht mal weiß, wie man das Wort paella ausspricht?«
    Sethie schüttelt den Kopf. »Nein, habe ich nicht. Ich war noch nie irgendwo.«
    Die Mädchen schauen einander an und lachen.
    »Mach dir keine Gedanken, wir werden viel zusammen rumkommen«, sagt Janey, und Sethie glaubt ihr. »Aber jetzt los, ich will dich in den Röhrenjeans sehen«, sagt Janey und schnappt sich die Hose, die zusammengefaltet auf Sethies Schoß liegt.
    Plötzlich wird Sethie schüchtern. In Janeys Gegenwart war sie noch nie ohne Kleider. Das überrascht sie, wobei sie eigentlich nicht so recht weiß, weshalb. Wann hätte sie sich je vor Janey ausziehen sollen? Dies ist das erste Mal, dass sie zusammen shoppen gehen. Um bei der anderen zu übernachten, sind sie schon zu alt, um sich eine Wohnung zu teilen, noch zu jung.
    Sethie hat Angst davor, was Janey wohl sehen wird. Sie ist stets sorgsam darauf bedacht, Kleider auszuwählen, die ihre Problemzonen kaschieren. Die Speckschwarte an ihrem Bauch, die Spuren von Zellulitis auf ihrem rechten Oberschenkel, unter ihrem Hintern. Gleichzeitig hat sie in den letzten Monaten hart daran gearbeitet, um die 50 Kilo zu wiegen, und sie weiß, dass ihr das steht. Sie will, dass es jemand – am besten ein Mädchen – sieht. Shaw merkt immer nur, dass sie gut aussieht, aber auf eine sehr allgemeine Weise, was auch immer es ist, das ihm genug gefällt, um weiter mit ihr schlafen zu wollen. Shaw kapiert nicht, dass es kaum Mädchen gibt, die Röhrenjeans tragen können, und er weiß nicht, wie besonders sich Sethie bei dem Gedanken fühlt, sie könne eine von ihnen sein.
    Also schlüpft sie aus ihrer locker sitzenden Regular-Cut. Sie will sich

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