Stone Girl
die neue Jeans elegant und sexy überstreifen, aber natürlich bleibt sie, eng wie die Hosenbeine sind, schon beim Knöchel stecken. Kurz steigt Panik in ihr auf und sie fragt sich, was sie wohl tun soll, wenn sie den Reißverschluss nicht zubekommt. Und das vor Janey. Janey, die sich gerade im Spiegel bewundert und sich dreht und wendet, um zu sehen, wie ihr Hintern in einer anderen Jeans aussieht.
»Nicht schlecht«, sagt sie mit geschürzten Lippen. »Jetzt lass mal deine sehen.«
»Ich glaube, sie sind zu eng«, sagt Sethie. Janey hat eine 34/36 für sie ausgesucht. Sethie weiß, dass das eine Nummer größer ist als die, die Janey selbst trägt.
»Du hast sie ja noch nicht mal hochgezogen«, meint Janey, und das stimmt. Die Jeans klemmen noch weit unter Sethies Hüften, weil sie zu viel Angst hat, sie höher zu ziehen.
»Soll ich dir helfen?«, bietet Janey an. Sethie nickt.
Janey macht einen Schritt vom Spiegel weg, stellt sich ganz nah hinter Sethie, legt ihr die Hände auf die Hüften und greift nach dem Jeansbund. Sie ruckelt die Jeans über Sethies Hüften. Sethie rückt ein wenig von ihr ab, um den Knopf und den Reißverschluss zuzumachen.
»Sethie, bist du verrückt? Die sitzt doch perfekt!«
»Meinst du echt?«
»Na klar, du Spinner! Die sollen so eng sein. Alle deine Kleider sind zu groß.«
»Wirklich?«
Janey zuckt die Achseln. »Ja, manchmal schon. Weißt du, weite Sachen machen einen fetter, nicht dünner«, stellt sie nüchtern fest.
Sethie betrachtet sich im Spiegel. Janey hat recht. Ihre Beine sehen in den engen Jeans wirklich dünner aus als in denen, die sie vorher anhatte. Und das hat sie verdient, findet sie. Diese ganze Schufterei, und dann ist Shaw der Einzige, der ihre Beine sieht, wenn sie nackt ist, und das normalerweise auch nur unter der Bettdecke.
»Die wirst du heute Abend anziehen.«
»Was ist heute Abend?«
»Hat Shaw dir nichts gesagt?«
Sethie schüttelt den Kopf. Samstagabend unternehmen sie eigentlich immer irgendetwas, aber Sethie weiß so gut wie nie im Voraus Bescheid. Shaw ist nicht gerade der große Planer.
»In der Columbia steigt eine Party. Jeff Cooper – kennst du den?« Sethie nickt. »Er hat letztes Jahr seinen Abschluss gemacht und uns eingeladen, weil Shaw dort zur Uni gehen will.«
Jeff Cooper ging in Shaws und Janeys Schule, in die Houseman.
»Shaw wird begeistert sein«, sagt Sethie eine Spur zu besitzergreifend. »Genau das macht er heute, in diesem Moment: an seiner Bewerbung für die Columbia arbeiten.«
Sethie weiß schon lange, dass Shaw zur Columbia will. Bestimmt länger als Janey. Sie weiß nicht, warum sie sich so bedroht fühlt. Sie wünschte, es würde aufhören.
»Ja, total cool. Jedenfalls nimmt Shaw ein paar von uns mit. Das wird lustig. Eine Verbindungsparty, wie abgedroschen ist das denn?«
»Ein ziemliches Klischee.«
»Schau bloß, dass du dich nicht betrinkst und deine Jungfräulichkeit an einen Verbindungsbruder verlierst. Das wär dann doch ein bisschen zu sehr wie im Frauenprogramm von Lifetime Television .«
Janey macht wohl Witze, denkt Sethie. Sie muss doch wissen, dass Sethie nie mit irgendjemandem verschwinden würde, schließlich wird sie mit Shaw auf der Party sein. Und sie muss wissen, dass Sethie und Shaw schon seit Monaten miteinander schlafen.
»Das ist wohl nicht mehr möglich, Janey, aber ich werde dich nicht aus den Augen lassen, sicherheitshalber.« Sethie tut so, als habe sie einen Witz gemacht, doch sie weiß genau, sie hat das nur gesagt, um etwas klarzustellen.
Janey lacht.
»Na dann«, sagt sie. »Ich schätze, wir sind beide auf der sicheren Seite.«
Sethie zahlt bar. Das Geld hat sie von ihrer Mutter bekommen, als die heute Morgen das Haus verließ. Wahrscheinlich hat sie nicht gedacht, dass Sethie es sofort für Jeans auf den Kopf hauen würde. Rebecca hat versprochen, ihr nächstes Jahr eine Kreditkarte für Collegebücher und das Essen dort zu besorgen.
Janey zahlt mit einer grauen American-Express-Karte. Sethie weiß, sie ist nicht wirklich grau, sondern Platin. Ihre Eltern hätten schwarze Karten, erklärt Janey. Bis gerade eben hat Sethie nicht gewusst, dass es schwarze Kreditkarten überhaupt gibt.
Sie laufen zurück in Richtung Norden.
In der Umkleide hat Janey ihr unmissverständlich klargemacht, dass auch sie keine Jungfrau mehr ist.
Nun ja, Janey mag vielleicht einiges wissen, aber sie weiß nichts von dem Haarbüschel, das seit Shaws Geburtstag dieses Jahr auf seiner Brust zu
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