Stonehenge
Sterne waren schon am Himmel über dem Tal zu sehen, als sie die Siedlung erreichten. Für die Menschen war es ein seltsames Gefühl, um diese Uhrzeit nicht in einer verbarrikadierten Unterkunft zu sitzen, sondern sich noch unter freiem Himmel aufzuhalten. Aber hier gab es keine Dendraks. Hier gab es keine Grauen.
Eleia führte die Gruppe in eines der Häuser.
„Wir haben euch für heute Nacht dieses Haus hergerichtet. Morgen werden wir dann sehen, wie wir euch am Besten unterbringen. Morgen werden wir alle eure Fragen beantworten. Erholt euch nun, hier seid Ihr in Sicherheit."
Zögernd betraten die Neuankömmlinge das Haus. Alles sah freundlich und hell aus. Viele Kerzen beleuchteten einen gemütlichen Raum, in dessen Mitte auf einem langen Tisch mehrere Schüsseln mit Suppe und Körbe mit Brot standen. Neben dem Tisch hatte man eine, mit weißem Tuch ausgelegte, Wiege aufgestellt. Ellen legte das Baby hinein und setzte sich neben die Wiege an den Tisch. Bent setzte sich zu ihr und sprach: „Warte. Ich fülle dir die Suppe auf. Magst du auch eine Scheibe Brot?"
Ellen dankte ihm mit einem kurzen Nicken und einem Lächeln.
Wulf beobachtete die beiden sichtlich erfreut. Sollte sich hier ein Paar gefunden haben? War das der Grund, warum er Bent mitnehmen musste?
Alle waren sehr hungrig und langten tüchtig zu. Eleia sorgte dafür, dass die Schüsseln immer wieder nachgefüllt wurden und man den Tisch, nachdem alle mit der Mahlzeit fertig waren, zügig abräumte.
Einige Männer betraten den Raum, trugen den Tisch hinaus und stattdessen breite, bequeme Pritschen hinein.
„Wie gesagt, das hier ist nur ein Provisorium", erklärte Wulf. „Morgen werdet ihr eure Quartiere zugewiesen bekommen. Ihr seid hier in absoluter Sicherheit. Wir wachen über euch." Er folgte Eleia hinaus in die Nacht. Draußen wand sie sich an ihn: „Ich habe noch nie eine so starke magische Präsenz wie bei diesem ungeborenen Kind gespürt. Du hattest Recht. Sie ist es. Die Zeit der Befreiung ist nahe. Der Rat hat den Eingang zu unserer Zuflucht versiegelt. Niemand wird ihn bemerken, auch die Grauen nicht. Jetzt geh auch du schlafen. Du hast deine Aufgabe wunderbar erfüllt. Gute Nacht."
Wulf durchquerte das Dorf und betrat ein Haus am Rande der Siedlung, direkt neben einer kleinen Apfelplantage. In diesem Tal war von dem Sturm, der außerhalb der Felsmassive tobte, nichts zu spüren. Die hohen Felsen, die es umgaben, hielten die Wolken zurück und er sah tausende Sterne am Firmament. Aber er wusste auch, dass da draußen noch etwas anderes war. Er spürte die Macht, die die ganze Welt in ihren Klauen hielt. Die sie hielt und erst freigeben würde, wenn das Kind, das das Licht der Welt noch nicht erblickt hatte, seine volle Kraft entwickelt hatte. Alle im Tal fieberten diesem Augenblick entgegen. Sie würden das Kind beschützen und ihr Leben dafür geben, damit es heranreifen und diesem Spuk ein Ende bereitet. Wulf ging in seinen Schlafraum und legte sich so, wie er war in das breite Bett. Er schlief sofort ein.
Ein unerwartetes Geräusch weckte ihn. Zunächst konnte er es nicht einordnen. Es passte nicht in seinen Traum. Er träumte wie immer von Doreen. Da war das Geräusch wieder. Ein leiser, feiner Schrei. Wulf sprang aus dem Bett. Er wusste jetzt, was es war. Er spürte die mächtige Präsenz.
Ortburg – Die Nachricht
„Hör dir das einmal an. Die Latberger haben mir eine Taube mit einer Nachricht geschickt. Ihre Dendraks sind auf einer Gruppe Menschen gestoßen. Sie führten einen Ochsenkarren mit sich. Ein Säugling war auch dabei. Das erinnert mich an die Wirtsleute aus dem Dorf. Aber, das kann nicht sein. Sie hätten es nie so weit schaffen können. Die Dendraks haben die Gruppe im Gebirge verloren. Nun bitten die Latberger, dass wir ihnen einige unserer Leute zur Unterstützung schicken. Eigentlich hatte ich nicht vor, etwas zu unternehmen. Aber ich denke, es ist eine gute Übung für unsere Zwillinge. Sie sind stark. Ihre Magie ist weit entwickelt. Jetzt sollen sie Gelegenheit bekommen, ihre Fähigkeiten in der Praxis auszuprobieren. Ich werde mit ihnen nach Latbergen gehen. Du übernimmst hier in der Zwischenzeit das Kommando." Gunnar schob den Brief in die Tasche seines Umhangs und verließ Falks Büro.
Er traf die Zwillinge in ihren Räumlichkeiten an. Ihre Begeisterung für die Jagd war ihnen anzusehen.
Diener sorgten dafür, dass alles Notwenige auf die Packpferde geladen wurde. Es war nicht abzusehen, wie lange
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