STOP! (German Edition)
soll wohl an früher erinnert werden, denn sie taucht völlig plötzlich wieder auf: Eva! Es klingelt an meiner Tür und da steht sie. Eva, mit einem großen goldenen Alukoffer, ihre Haare fallen gelockt über ihre Schultern. Sie ist gestylt wie immer und grinst mich breit an. Man merkt, sie ist da. Eva war schon immer der Typ, der schnell im Mitte l punkt steht. Sie brauchte diese Aufmerksamkeit, war aber auf keinen Fall eingebildet. Und jetzt ist sie auf einmal da, plöt z lich und unerwartet. Ich falle ihr in die Arme und beginne ei n fach nur loszuheulen. Sie lässt ihren Koffer sofort stehen und streicht mir beruhigend über meine Haare. Schließlich sitzen wir in der Küche mit dem Sekt Lessini Durello auf dem Tisch, ein Geschenk von Eva. „Was ist los, Schätzchen? Ist es wegen ...?“ Sie wirft einen Blick rundherum. Ich nicke und lasse meinen Kopf sinken. Sie schaut mich an und legt ihre Hand auf meine. Dafür liebe ich sie. Ich muss nicht viel sagen, sie hat meine Lage auf den ersten Blick direkt verstanden, ohne dass ich etwas gesagt habe. Sie kennt mich, mehr als jeder andere. Sie war es, die im Flur wartete, als ich den Schwangerschaftstest machte. Sie war da. Aber sie war es auch, die einfach so verschwand ...
Freiheitsliebend, unbeschwert, nie sesshaft.
Das ist sie wohl noch heute. Vor mir sitzt eine Eva, die blendend aussieht, die genau so lebt, wie sie immer leben wollte. Ich sitze ihr gegenüber. Früher war auch ich so wie Eva. Sie ist auf eine Art wie ich. Nur dass mein Leben komplett anders verläuft, als ich es mir vorgestellt habe. Das komplette Gegenteil. Gegenteilig, so verhalte ich mich ja momentan selbst. Ich liebe und hasse gleichzeitig mein jetziges Leben, meinen Mann, unser Haus, meinen Engel und auch Paul. Es ist so kompliziert, doch ich empfinde beide G e fühle so intensiv, wie man sie nur spüren kann. Ich weiß nicht, welches Gefühl überwiegt.
Ich versuche es Eva zu erklären. Sie sieht mich die ganze Zeit an, als ich es ihr erzähle. Ich komme mir vor wie eine Verrückte, doch Eva ist die Einzige, der ich meine Gefühle anvertrauen kann. Sie ist die Einzige, die mich vielleicht ve r steht. Als ich mit meinen Erklärungsversuchen zu Ende bin, gibt sie nur Gemurmel von sich und sieht in die Ferne. Ich habe Angst. Es ist das erste Mal, dass Eva nicht direkt ein deutliches Statement von sich gibt. Ich sehe sie verängstigt an. Eva schaut noch immer in die Ferne. Schließlich rutscht sie von ihrem Hocker runter und stellt sich direkt vor mich. Sie hat wieder diesen Blick, den sie auch schon an dem Tag hatte, als sie mich zu diesem Schwangerschaftstest zwang. Dieser Blick duldete keine Widerrede. „Saoirse, so geht das nicht weiter. Du kannst nicht weiter mit diesen zwei Gefühlen leben. Du wirst dich kaputtmachen, das weiß ich. Du musst dich entscheiden, und zwar bald, welche Gefühle bei dir überwiegen.“ Eva beugt sich näher zu mir. „Wenn die Liebe stärker ist, dann bleibe bei deiner Familie und liebe deine Kinder, deinen Mann und dieses Leben. Wenn die Liebe aber zu schwach ist, gegenüber diesem Hassgefühl, dann verlasse Jan und Susi, denn du kannst sie dann nicht glücklich machen. Nicht so, wie sie es verdienen. Vor allem kannst du selbst nicht glücklich werden und das ist das Wichtigste.“ Ich muss mich festhalten und schlucke. Ich weiß selber, dass ich so nicht weiterleben kann, doch so direkt, wie Eva zu mir ist, habe ich das mir selbst nie gesagt. Ich habe die Augen g e schlossen und gehofft, dass sich mein Gefühlschaos wie von selbst erledigt. Doch es wird schlimmer und schlimmer. Ich weiß, dass Eva recht hat. „Schätzchen, ich gebe dir ein halbes Jahr um zu entscheiden, was du wirklich willst. Das ist aber dann auch endgültig. Hörst du? Ich werde die Mädels wieder zusammentrommeln und ein Treffen organisieren. Wie früher, damit du siehst, ob dein altes Leben besser zu dir passt. Doch entscheiden, wie du leben willst, musst du für dich ganz allein, da kann ich dir nicht helfen.“ Vor meinen Augen ve r schwimmt alles und ein dumpfes Gefühl steigt in meinen Hals hoch. Ein halbes Jahr! Ein halbes Jahr, die Zeit wird rasen! Meine Entscheidung wird nicht nur mein Leben, sondern auch das Leben von Jan, Susi und Paul bestimmen. Ich kann das nicht. Eva schaut mich abwartend an. Keine Widerrede, ich weiß. Ich nicke schwach mit dem Kopf. Sie nickt zufrieden, stöckelt auf ihren High Heels zurück zu dem Hocker und schlürft ihren Sekt. Für Eva ist ein
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