STOP! (German Edition)
streichele mit meinen Fingern über das Handy und hoffe doch insgeheim, dass er es merkt. Ich liebe dich doch auch. Ich muss wieder an sie denken: an Paul, Susi und Jan, Jan, Jan.
„Wann kommst du denn endlich? Sonst ist dein Sekt weg!“ Ich blicke auf und renne ins Wohnzimmer. Hier ist eine andere Welt und auch eine andere Saoirse.
Wir stehen endlich vor der Bar. In unseren hohen Schuhen. Da sehe ich sie plötzlich wieder. Julia und Kathrin. Kathrin, wie immer mit weit ausholenden Schritten, Julia ei n gehakt. Ich habe es noch genau in Erinnerung, Julia kann nicht so gut auf hohen Schuhen gehen. Mein Herz klopft wie ve r rückt, und ich beginne, ihnen entgegenzulaufen. Kathrin schließe ich als Erstes in die Arme. Sie strahlt, wie immer. Sogar ein gelbes T-Shirt hat sie an. Mein Sonnenschein. Wir drehen uns einmal im Kreis. Eva drückt Julia. Ich falle ihr auch in die Arme. Sie streicht mir leicht über den Rücken. In der einzigartigen Julia-Art. Plötzlich ertönt Musik. Eva steht da und hält ihr Handy in die Höhe. Triumphierend und mit einem fetten Grinsen im Gesicht. Dancing Queen von Abba . Das Lied, das wir in Italien rauf und runter gehört haben. Ein Lied, das die besten Erinnerungen in uns wachruft. Tanzen, Gequatsche, Pasta, Meer, Amore und wir: Kathrin, Julia, Eva und ich. Wir schauen uns an und kreischen drauf los und es ist uns egal, wer uns anschaut. Der Abend kann beginnen.
Es ist spät. Die DJs legen bereits die, wie ich sie nenne, Muntermachlieder auf. Kathrin gähnt versteckt hinter ihrer Hand. Julia, Kathrin und ich sitzen auf dem schwarzen Lede r sofa und schauen der Menge zu. Eva ist irgendwo im G e dränge verschwunden, wahrscheinlich tanzt sie eng u m schlungen mit einem heißen Typen. Sie hat mit Weggehen noch ihre Übung, im Gegensatz zu uns dreien. Kathrin, Julia und ich sind schon lange nicht mehr auf die Piste gezogen. „Hey, ich bin völlig fertig. Ich bin müde und von den Schuhen bekomme ich Blasen.“ Kathrin blickt mit einem verzogenen Mund auf ihre Highheels. „Die Flachen finde ich auch b e quemer. Zum Glück muss ich die da nicht mehr oft anziehen.“ Julia grinst mich lieb an. Ich grinse zurück. Sie hat recht, hohe Schuhe sind wirklich unbequem, die habe ich nicht vermisst. Während Julia an ihrem Cocktail schlürft und Kathrin mit ihren Schuhen beschäftigt ist, lasse ich den Blick über das Partyvolk wandern. Eva hat sich wirklich alle Mühe gegeben, mir einen Abend zu schenken, der den früheren nicht im Geringsten nachkommt. Die Diskokugeln blinken, die Meute schwingt ihre Hüften. Ich wippe mit dem Fuß. Ich muss sagen, im Gegensatz zu Julia und Kathrin, bin ich eigentlich noch fit. Natürlich bin ich etwas müde, allerdings will ich aber auch nicht heim. Hier herrscht Party. Das riecht man auch. Part y geruch. Nach Zigaretten, Alkohol, zu viel Parfum.
„Wie geht’s dir denn? Bist du noch glücklich mit Jan? Hast du Fotos von deinen Kids dabei?“ Es ist Kathrin, die Neugierige. Ich wusste, dass diese Fragen kommen würden. Aber ich will doch heute einfach nur den Abend genießen, mir keine Gedanken machen. Sie tippt mir aufs Knie. Widerwillig wende ich den Kopf zu ihr. „Na sag mal, hast du Fotos dabei?“ Julia schaut nun auch zu mir. Danke, Kathrin. Ich nicke und krame mein Handy hervor. Ich zeige ihnen Fotos von Jan, den Kindern und uns zusammen. Kaum sehe ich sie wieder, steckt mir ein Kloß im Hals. Ein Kloß aus Angst, aber auch aus Liebe. „Wow, der sieht aber gut aus. Oh, wie süß sie sind.“ Meine Freundinnen sind begeistert. Jan sehen sie als meinen Traumtyp, die Kinder sind für sie die reinsten Wonn e proppen. Ich bin stolz. Ich freue mich, dass sie meine Familie als den Topgriff schlechthin sehen. Aber warum merkt jeder außer mir meinen Topgriff? Warum bin ich mir nur so u n sicher? Und wie kann ich ihnen nur wehtun?
„Saoirse, geht’s dir gut? Du bist ganz blass.“ Julia ist immer so aufmerksam, ihren Augen entgeht aber auch gar nichts. Aber ich kann noch nicht mal ihnen meine Gefühle schildern. Sie, die meine Familie als einen Lottogewinn a n sehen. Sie würden mich nicht verstehen. Außerdem nicht an einem Abend, von dem beide denken, dass er einfach nur dafür da ist, dass wir uns alle wieder sehen. Ich muss sie b e ruhigen. „Mir geht’s gut. Es ist so stickig hier, ich gehe kurz raus, ja? Macht euch keine Sorgen.“ Bevor sie sich noch en t schließen, mich zu begleiten, springe ich auf, schnappe meine Tasche und gleite
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