STOP! (German Edition)
herabfallenden Schne e flocken vor dem Fenster fallen sieht. Dieses Gefühl, dass die wohlige Wärme sich in einem verbreitet. Würde ich bloß nur dieses Gefühl kennen. Doch ich kenne auch das Andere. Das Gefühl, von dem ich Gänsehaut bekomme und das mir Übe l keit verursacht. Ein Gefühl, von dem ich mich ganz mies fühle. Im Gegenteil zu jetzt. Ich fühle mich am richtigen Platz. Es ist still. Schon bald heilige Atmosphäre. Ich genieße es. Die Treppe knarrt. Es ist Jan, ich erkenne es an seinen Schritten. Er lächelt, als er mich da sitzen sieht und kommt neben mich. „Na, hast du schon was gefunden?“ Jan nickt in Richtung Fernsehheft. Ich schüttele nur leicht den Kopf. „Ich hätte als Vorschlag sowieso ein viel besseres Programm, dir wird auch garantiert nicht langweilig.“ Jan beginnt leicht meinen Hals zu küssen. Ich bin glücklich. Jan ist es auch. Denn oft, wenn wieder ein schwerer Tag für mich war, fällt es mir schwer, mich Jan anzunähern oder seine Berührungen zuzulassen. Doch heute ist mein Körper über und über von Wärme. Ich blicke in Jans Augen und lasse mich fallen.
Heute ist er da, der Tag, der alles entscheiden kann. Eva hat mich eben angerufen. Sie hat für heute Abend im Club Goldfish einen Tisch reserviert. Alle kommen. Eva, Kathrin, Julia und ich. Ein Mädelsabend mit Cocktails, Tanz und G e quatsche. „Damit du auch mal das andere Leben wieder siehst. Ich hab alles organisiert, wie früher.“ Eva hat am Telefon g e kichert. Sie freut sich drauf. Sie ist sowieso der Mensch, der sich über alles richtig freuen kann, einfach aus dem Bauch heraus. Kaum habe ich aufgelegt, weiß ich nicht, was ich davon halten soll. Ich weiß, dass dieser Abend die En t scheidung in mir fällen wird, das Bauchgefühl wird da sein, auch wenn ich die Antwort vielleicht nicht wissen will. Für jeden Anderen wird dieser Abend wohl wie Spaß pur au s sehen, doch für mich ist es das genaue Gegenteil, der bittere Ernst.
Ich habe Jan am Telefon davon erzählt. Ich habe ve r sucht, unbeschwert zu klingen. Er freut sich, dass ich mal wieder etwas mit den Mädels unternehme, er meint, dass ich das sowieso viel zu lange aufgeschoben hätte. Ich sollte etwas Gutes für mich tun, er würde Susi und Paul von der Betreuung abholen und mit ihnen zu seinen Eltern gehen, so dass ich mich in Ruhe fertigmachen könnte. Kaum habe ich aufgelegt, muss ich schniefen. Jan ist so ein lieber Mensch, der alles für mich tun würde, und ich bin diejenige, die ihn Tag für Tag verletzt. Es ist Abend geworden. Die Nacht schwächt das Licht in der Wohnung, und die Sterne funkeln wie Disk o kugeln. Meine Zeit, zumindestens war es mal meine. Ich schiebe eine CD in den Player und beginne automatisch mit den Hüften zu wackeln. Wie bin ich nur so steif geworden? Früher konnte ich alle mit meinem Hüftschlag wegpogen. Ich werde eine Jeans und ein schwarzes Top anziehen, so bunte Kleider, die ich früher immer anhatte, besitze ich nicht mehr. Als Mutter habe ich sie noch nie gebraucht. In meinem Bauch beginnt es zu kribbeln. Es ist nur ein leichtes Kribbeln. Das Gefühl, kurz bevor etwas passiert, dem man schon Tage en t gegenfiebert und von Stunde zu Stunde nervöser wird. Ich bin fertig angezogen, die Beautysession kann beginnen. Ich blicke in den Spiegel. Vor mir steht eine Frau, in einem tollen Obe r teil, die sich ihre Wimpern tuscht und ... grinst, über beide Backen. Bin das wirklich ich? Ich kann die Mundwinkel kaum runterziehen, sie rutschen immer wieder nach oben.
Es klingelt. Ich hüpfe zur Tür. Ich komme mir vor, als wäre ich um acht Jahre zurückversetzt. Es ist Eva. Sie hält eine Sektflasche in der Hand und schließt mich in ihre beiden Arme. Ich muss lachen. Sie hat dran gedacht, wie immer. Früher, als wir weggingen, kam Eva immer vorher bei mir vorbei und wir tranken Sekt. Sie war und ist immer meine beste Freundin gewesen. „So, Schätzchen, heute genießt du den Abend und entscheidest dann. Aber lass dich heute mal einfach fallen.“ Sie rutscht auf das Sofa und sitzt plötzlich auf Susis Teddy. Ich klettere ihr hinterher und bringe noch schnell den Teddy in das Kinderzimmer zurück. Es ist ihr Liebling s platz. Ich rieche ihren Geruch. Ich schließe die Augen und atme tief den Duft von ihr ein. Mir wird warm. Ich will wieder ins Wohnzimmer gehen, als mein Handy vibriert. Eine Nac h richt ist angekommen. Sie ist von Jan. „Ich wünsche dir heute Abend viel Spaß. Ich liebe dich, Jan.“ Ich
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