STOP! (German Edition)
Problem schon halb gelöst, wenn man das Ziel kennt.
Mein Blick schweift in die Ferne. Für mich beginnt jetzt erst der Weg und ich weiß nicht, ob ich überhaupt das Ziel e r reichen will. Ein Ziel, das ich nicht kenne.
Wir vier, also Jan, Susi, Paul und ich stehen vor dem Zoo. Es ist Sonntagmittag. Familientag. Paul wird von Jan im Kinderwagen geschoben. Ich halte Susi an der Hand und Jan hält meine. Wie müssen wir wohl aussehen, wie aus einem Kitschfilm entsprungen. Die Schlange am Kassenhäuschen ist lang. Andere Familien mit Kindern, Omas und Opas stehen in Reih und Glied. Und wir dazwischen. Susi hat momentan ihre Phase, in der sie sämtliche Tiergeräusche nachahmt. Kreischend springt sie um uns herum und klammert sich an Jans Arm. Jan lacht und hebt sie hoch. „Wer hängt denn da an meiner Schulter?“ Oder: „Ein Affe, Papa, das sieht man doch.“ Susi schmiegt sich an ihn. Jan streicht ihr über das Haar, das zerzaust absteht. Meine zwei Lieben. Kaum sind wir drin, stürmt Susi zum ersten Gehege. Paul ist im Kinderwagen bereits eingeschlafen. Er lächelt. „Ich liebe dich, Schatz“, flüstert mir Jan ins Ohr. „Ich liebe, liebe, liebe dich.“ Ich muss kichern. Er pustet mir ins Ohr. Es beginnt zu kribbeln, doch ich mag es, wenn er das tut. Ich will ihm einen Kuss geben, als er plötzlich mit mir und Kinderwagen samt Paul zu Susi rennt. Es muss albern aussehen. Die Leute drehen sich um. Viele Blicke sind erstaunt, abweisend oder anerkennend. Jan sieht diese Blicke nicht, er sieht nur Susi, die sich umgedreht hat und uns jubelnd entgegen gerannt kommt. Paul ist aufgewacht. Er hat sich wohl nicht erschreckt, Paul gluckst nur zufrieden vor sich hin. Ich dagegen sehe die Gesichtsausdrücke der Leute. Die meisten sind positiv. Ich kann mir ihre Gedanken schon vorstellen: Welches Glück hat die, dass ihr Mann sie so liebt. Und er sieht noch nicht mal schlecht aus. Es ist so deu t lich, als würden die Wörter aus den Köpfen der Menschen rauswachsen.
Ich weiß nicht, ob ich mich geehrt oder mies fühlen soll. Geehrt, dass ich mit so einem Mann zusammen bin, der mich ganz und wahrhaftig liebt, oder mies, da ich mir nicht sicher bin, ob ich mit ihm und meinen Kindern in einem Leben, wie wir es führen, glücklich sein kann. Ich werde aus meinen G e danken herausgerissen. Susi hält mir einen weißen Gäns e blümchenstrauß mit Gras entgegen. Ich lächle und sehe ihr nach, wie sie die Ponys streicheln geht. Sie kennt meine Lie b lingsblumen. Das Mädchen hat es echt drauf, der Blume n strauß sieht wunderschön aus. Sie sollte wirklich Floristin werden. „Gefällt´s dir? Du strahlst.“ Jan umarmt mich. Ich lehne meinen Kopf an seine Schulter. Ich bin stolz. Auf Susi, auf Jan, der immer mein Fels in der Brandung ist und auf mich. Ja, auf mich selbst. Heute ist ein guter Tag. Ich habe das Gefühl, dass ich mich mit diesem Leben nicht nur anfreunden, sondern es auch mögen kann. Ich stehe hier mit meinem Mann, Susi und dem kleinen Paul. Ich könnte einfach nur die gesamte Welt umarmen und jubeln vor Glück. Das Gefühl, einfach alles hinter mir zu lassen, verspüre ich kein bisschen. Zumindestens heute nicht. Ich bin zufrieden, so wie es ist. Ich umarme nur still Jan und freue mich, leise und nur für mich. Das hier gibt mir Kraft, wer weiß, wann ich sie wieder brauche.
Endlich daheim. Ich lasse mich zufrieden in den Sessel fallen. Der Tag ist auch weiterhin ein voller Erfolg gewesen. Paul und Susi haben sich vorbildlich benommen, ab und zu war ich sogar mit Jan alleine. Die Sonne schien und es gab für alle Vanille- und Himbeereis. Wir waren auf dem Spielplatz, sind hin und her gerannt und haben die Tiere gefüttert, Susis Blumensträuße gesammelt und Paul die Tiere gezeigt. Ich bin müde und meine Füße schmerzen. Doch das ist egal. Diesen Tag kann ich eindeutig in die Schublade mit den super Tagen schieben. Mir einer Tasse Tee in der Hand lese ich mich durch das Fernsehprogramm. Jan bringt inzwischen die Kinder zu Bett. Er meinte, dass ich mir es doch bequem machen müsste und er den Kindern sowieso noch eine Geschichte vorlesen wollte. Als Susi das hört, strahlt sie. Jan ist einfach ein toller Vater. Von oben höre ich keine Geräusche mehr. Die Kinder sind wohl eingeschlafen.
Ich strecke mich und kratze mich am Zeh. Ich fühle mich pudelwohl. Heimisch. Zu Hause. Dieses Gefühl, wenn man abends mit einer heißen Tasse Milch in dem mollig warmen Bett liegt und man im Dunkeln die
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